Als ich 1959 zur SG Nidwalden kam, war Primus bereits eingeführt und ein «Erfahrener». Man traf ihn im Baulokal mehr an, als auf der Flugpiste. Mit Arbeit konnte man einen Teil der Flugrechnung finanzieren… Er drängte sich nie in den Vordergrund. Aus der damaligen Zeit hat er aber die Erinnerungen gespeichert. Lassen wir ihn erzählen!
Mein Name ist Wyrsch Primus geboren am 11. August 1939 in Buochs. Ich besuchte die Schulen in Buochs und Stans. Schon sehr früh interessierte ich mich für den Modellflug.
Anfänglich Freiflug, später war der RC- Flug meine Leidenschaft. Natürlich war das der Beginn dieser Modellflugart. Sehr einfach und kompliziert, mit Röhrentechnik, waren die Modelle bestückt. Meine Einrichtung: Metz Mecatron Steuerung und den Bellamatic ll Servos. Ja das war etwas. Ein Tipp Steuer rechts, 2 Tipps Steuer links… Basteln und erfinden war angesagt. Das passte zu mir und meinem Beruf. Es war toll. Aber genau das war es, was ich brauchte – bis heute. Mein Kollege Edi Korner war weniger geduldig. Die handempfindlichen, unmodulierten Fernsteuerungen waren zwar teuer, doch sie waren den Preis nicht wert! Er wechselte zu neuen Ufern. Die Krönung: ein Fesselflieger, angetrieben durch ein Pulsotriebwerk!
Herbert Odermatt: «(…) Ein bereit vorhandenes Triebwerk war uns zu schwer. Brennkammer, Konus und Schubrohr (aus einem «Zollrohr») waren zu stark dimensioniert! Die drei Teile stellte Edi aus Blechresten aus der Fertigung des Auspuffs des P-3 her. Die Schweissarbeiten übernahm «Mätteler» Josef Odermat, ältester Sohn des Schuhmachers Julian Odermatt in Buochs. Mit einer kleinen Kiste Bier ging das über die Bühne. Die Dreharbeiten teilten Edi und ich auf. Der Düsenkopf stellte kein grosses Hindernis dar. Die 10 Bohrungen wurden im Brennraum durch ein Flatterventil abgedeckt welches sich als grosses Verschleissteil auszeichnete. Weil diese Ventile auch etwas kosteten, stellte ich ein Stanzwerkzeug dafür her! Es zahlte sich aus! Federstahlmaterial konnten wir bei Pilatus günstig beziehen und das Stanzen ging nach Feierabend kostenlos vor sich!
Das Modell wurde von Walter und Edi Korner gebaut. Die Pläne dafür stammten aus dem «Hobby». Konstrukteur war Helmut Appelt. Das Modell war aus Balsaholz gebaut. Die Rumpfoberseite und der Bereich um die Brennkammer wurden mit Asbest belegt. Der Tank war aus Plexiglas geklebt und in die Rumpfstruktur eingebaut. So sah man von weitem, wieviel «Most» noch zu verfliegen war!
Nach dem ersten Versuch kam der Wächter von der DMP und fragte: «Isch etz nid es Düsèflugzeyg vorbey gfloge oder glanded?»…
Der Start mit der Lötlampe war effizient. Es war eigentlich eine Zündung via Kerze vorgesehen gewesen, doch die Beschaffung eines Funkengenerators erwies sich als schwierig.)»
Ich war auch neben August Cueni Gründermitglied der Modellfluggruppe Nidwalden. Er und sein Sohn Peter waren die treibenden Kräfte! Stellt euch vor, auf dem Militärflugplatz Buochs fand 1956 ein RC Modellflug Treffen statt, ich war auch Teilnehmer.
Das Bicki Delta: Es war immer «mein» Modell. Bis vor kurzem war es noch bei mir im Bastelraum. Jetzt habe ich es verschenkt. Die Pläne habe ich noch. Natürlich habe ich etliche Modelle gebaut.
Ich nahm an mehreren Modell-Wettbewerben teil. Ich erinnere mich. Mit der MG-Nidwalden, August Cueni und Peter sind wir ins Wauwilermoos gefahren. Unsere Segelfreiflugmodelle waren gut im Rennen. Mit meiner Zündschnur muss etwas nicht i.O. gewesen sein. Die Thermikbremse versagte. Das Modell stieg und stieg und stieg….. Wo ist es hingeflogen?
Meine berufliche Ausbildung absolvierte ich bei der DMP Buochs-Ennetbürgen. Karl Müller war mein Chef. Er führte die Funkwerkstatt, wie
es damals hiess.
Ich erlernte einen damals neuen Beruf – Elektronikgerätemechaniker. Ein Jahr lang ging ich mit den Mechaniker-Stiften zur Schule, dann kamen drei Jahre Elektronik dazu. Es war vielseitig und interessant. Der Beruf hat danach den Namen gewechselt: FEAM, heute nennt man diesen Informatiker. Die Berufsschule besuchten wir mit den Radioelektrikern in Luzern. Während den Wintermonaten gab es pro Woche einen Schultag in Zürich. Nach dem Berufsabschluss kamen die Wanderjahre: Zürich, Biel, Brunnen und Meggen waren die Arbeitsorte. Ende den 60-er Jahren kam ich nach Buochs zurück wo ich im Bereich Elektronik für den Mirage tätig war.
Es ging eine Stufe höher. 1956 durfte ich in die SG Nidwalden eintreten. Am 31.5. 1956 machte ich die
ersten kurzen Segelflug Starts mit dem Spyr HB 509 als Passagier. Gestartet wurde an der Winde.
Herbert Odermatt: (…) Robi Sidlers Fantasie lasse ich stehen. Die Motivation, eine neue Winde zu beschaffen war jedoch eine andere!
Mit der E-Winde waren wir bezüglich Startort sehr eingeschränkt. Es gab nur einen einzigen Stromanschluss! Bliess der Westwind, gab es wegen des Rückenwindes keinen Flugbetrieb ! Obwohl die elektrische Einheit einwandfrei funktionierte, begann es an der Mechanik zu happern!
Die Elektrowinde, Eigentum der SG Luzern, eine persönliche Interpretation von Robert Sidler
Die Spulvorrichtung war ausgeleiert. Es kam öfters vor, dass die Nuss den Weg auf der Kreuzspindel nicht mehr fand. Dann war die Nuss kaputt und die Kreuzspindel ebenfalls. Wir hatten jeweils eine Woche Zeit, das «Ding» wieder hin zu kriegen!
Wir erreichten mit dem Spyr Va Höhen von 240 Metern! Mit dem Baby kam man auf 300 Meter ü. GND. Wir glaubten auch, dass mit einer stärkeren Winde der Kaltluftsee eher überwunden werden könnte.
Es war eine Subvention von der Pro Aero oder vom Luftamt für eine Winde ausgeschrieben. August Hug informierte aus der SFK. Wir waren interessiert! An die Subvention kam man aber nur, nach bezahlter Rechnung! Wie voraus bezahlen, wenn der Kassier Kurt Ettel sagte: «Kè Géld!»? Direktor Henry Alioth, seines Zeichens Sektionspräsident sorgte für den Vorschuss via Pilatus. Die Winde vom Typ «Hansa» wurde in eigener Regie zusammen mit der Lehrwerkstatt von Pilatus gebaut. Pilatus erstellte den Rohbau, die SGN war noch für den Finish zuständig – und: Direktor Alioth liess den Chef des Rechnungswesens periodisch a.o. Abschreibungen an der Winde vornehmen..!
Die E-Winde leistete etwa 60 PS. Natürlich kann man beim Start, wenn der Trafo voll auf ist fast das doppelte herausholen, danach aber geht die Leistung auf eben etwa die 60 PS zurück. Nun hatten wir einen Ford V8 mit 100 PS!
Mit dem Spyr erreichten wir eine Höhe von etwa 430 M. ü. GND! Klaus Gansera schaffte es mit der Ka 6 auf 610 Meter! Üblich waren es jedoch etwa 550 Meter!
Den Kaltluftsee konnten wir meist nicht überwinden! Aber es gelang öfters, dass ab der Winde gesegelt werden konnte und, dass der Anschluss ans Relief besser gelang, als mit der E-Winde!
Der Schulbetrieb mit der neuen Winde lief gut. 60 Starts an einem Tag waren keine Seltenheit. Wir mussten uns sputen, hatten wir doch einmal 27 Schüler gleichzeitig auf der Liste!
Das mit dem Pfuus und dem Kochen ist eine gute Einlage. Tatsächlich gelang es einst, das Windenseil auf die Starkstromleitung zu werfen (Querwind). Dumm an der Geschichte war, dass an der Landsgemeinde die Lautsprecher verstummten! Ein weiteres Mal, auch bei Querwind, fiel das Seil nochmals auf die E-Leitung! Den Vogel schoss dann allerdings Kari Suter ab! Ohne Vitamin «B» wäre es schlimm geworden!
Erfahrung – Wenn zwei Karis am gleichen Flugzeug hantieren… Ich war Windenführer auf der noch neuen „Hansawinde“ der SG Nidwalden an der ich als Lehrling mitgebaut hatte. Es herrschte leichter Querwind. . Kari war mit seinem S 16 II am Start. Nach dem Anziehen des Seils kam das Flaggen-Signal „Seil straff, ziehen“! Der Gashebel brachte den Ford V8 auf volle Touren. Es war ein Markenzeichen der Nidwaldner, ja nie zu früh zu klinken. Doch Kari schien es zu übertreiben – ich bediente schliesslich die Kappvorrichtung! Kari begann zuerst mit ausgefahrenen Bremsklappen eine enge Acht zu fliegen, als wolle er das etwa vierhundert Meter lange Seil an einem Punkt ablegen. Dann verschob sich das Manöver etwas Richtung Aa-Wasser – Halle III der DMP. Ein kurzer Blitz leuchtete auf. Kari hatte mit dem herabhängenden Seil einen Kurzschluss verursacht! Er sank weiter ab und mit erhöhter Fahrt flog er entgegen der Startrichtung zum Startplatz. Damit überwand er die Bremswirkung des Seils, das er mitschleppte. Kurze Zeit später war die Landung perfekt. Das Pikett vom EW Nidwalden war postwendend zur Stelle. Alle wichtigen Stromnutzer inkl. Glasi Hergiswil waren ohne Strom! „Chabi“ der EW-Chef versprach uns, dass es nun bald fertig sei mit Segelfliegen in Buochs… Direktor Henry Alioth von Pilatus und Präsident der Sektion Nidwalden des AeCs, regelte die Angelegenheit in Hergiswil. Dort musste erstarrtes Glas aus den Öfen entfernt werden… Wir durften weiter fliegen! Was war passiert? Am S-16 gab es eine elektrische Anzeige für das eingeklinkte Seil,
«Marke Kari Suter“. Ein dünnes Elektrokabel wurde nach dem Einklinken des Windenseils durch den Ring an der Sollbruchstelle in ein kleines Metallröhrchen im Rumpf eingeführt. So entstand „Kontakt“. In der Kabine leuchtete die Signallampe auf „Seil ein“. Beim Klinken wurde das Kabel aus dem Röhrchen gezogen, der Kontakt war unterbrochen. Der noch junge Karl Scheuber, später Demo-Pilot B-4, Fluglehrer und Flugzeugverkäufer bei Pilatus, war nicht exakt instruiert worden. Er führte das Elektrokabel am Klinkhebel der Tostklinke vorbei. Beim Auslösen der Klinke blockierte das Kabel den Mechanismus! Eine Kleinigkeit mit Wirkung!)»
Den ersten Schulungsflug erlebte ich mit Fluglehrer Albert Thöni am 16.6. 1957 mit der legendären Mü 13E, HB-584. Meine weiteren Fluglehrer waren: Max Müller, August Hug, Attila Ziermann und Josef Ming. Neben den genannten Fluglehrer traff ich mich regelmässig mit: Edi Lischer, Rolf Böhm, Guido Good (Schlepp-Pilot), Jakob Geering, Walter Grünig, Hans Gubler, Albert Camenzind, Ernst Zgraggen, Hugo Zangger, Herbie Odermatt, Fritz Plattner, Robert Sidler und noch einige mehr.
Das Segelflieger Brevet C Nr.1972 wurde am 12. Mai 1958 an mich ausgestellt. War das ein Gefühl!
Ziellandekonkurrenz 2ter Rang und viele Highlights folgten.
Diese SGN-Zeit war für mich sehr wichtig. Ich gewann Selbstvertrauen und lernte Verantwortung zu übernehmen sowie Kameradschaft zu pflegen. Ich danke allen von der SGN.
Das Silber C Nr. 728 durfte ich dank meinen Kameraden im Lager in Samedan mit dem S-22, HB-276 erfliegen. Das war am 9.7. 1963. Später kam auch die Erweiterung für Passagierflüge dazu.
Samedan, wo es heute eine Segelfluggruppe gibt, hat es mir seit dem Lager 1962 immer angetan. Wer in Buochs ab der Winde nur bei seltenen Wetterlagen dem Kaltluftsee, der einerseits vom Vierwaldstättersee und andererseits vom Wasser getränkten Untergrund gespiesen wurde (niedrige Albedo), entfliehen konnte, der fand in Samaden das Gesuchte – ebenfalls ab Winde! Auch heute noch verfolge ich die Szene dort oben. Die Herausforderung im alpinen Bereich zu fliegen war grossartig. Ich habe es gepackt! Ich flog die Ka 7, HB-599, «Heliomalt» und, eher zufällig den Spatz HB-627.
Jetzt ist der Kreislauf mit dem Spyr 509 wieder geschlossen. Es wurde für mich etwas ruhiger in dieser Sportart. Verantwortlich waren der Beruf Elektronik und die Heirat.
Dem Segeln blieb ich aber treu. Ich wechselte nur das Sportgerät und das Element. Mit dem Segelboot war ich die nächsten Jahre viel unterwegs. Die Teilnahme an mehreren Schweizermeisterschaften und an einer Weltmeisterschaft in Kiel waren die Höhepunkte in dieser Sparte. WM: Qualifikation zur Teilnahme (Starboot) geschafft, doch das rauhe Klima in Kiel war etwas Neues für einen aus der Innerschweiz. Resultat: Mitmachen war wichtiger als der Rang. Das Erlebnis alleine zählt!
Auch das entspannte Segeln mit der Familie, den Freunden und Bekannten auf dem nicht immer einfachen Urnersee wurde zu meiner Passion. Ich war ein leidenschaftlicher Segler.
Die letzten grossen Segelflüge habe ich mit Alois Bissig machen dürfen. Einmal einen Flug im Föhn auf über 5000m über Meer. Das andere Mal einen Streckenflug von über 650 km und einer Flugzeit von mehr als 9 Std. Das war nicht nur Spitze, das war das Maximum was man erleben kann und darf. Merci Alois.
Der letzte Flug war mit einem Pilatus PC 12 als Passagier in die Bergwelt.
In den letzten 5 Jahren ist es ruhig geworden. Ich lebe jetzt den gefährlichsten Beruf als Rentner – das hat noch niemand überlebt – , ist aber sehr spannend!
Seit 15 Jahren wohne ich nicht mehr in Buochs, weil mich meine Frau in ihren Heimatort verschleppt hat. Ich bin aber gut vernetzt und verfolge die Resultate und die News bei den Segelbooten, Segelflugzeugen und beim Modellflug stark.