Mehrere Frauen haben es versucht, in die Männerwelt der Flieger einzudringen. Die einen wollten es den Männern zeigen, wie etwa der Tenor früherer „Hexentreffen“ auf nationaler Ebene verriet. Heute haben sie den Beweis wohl längst erbracht. Andere wollten dies gerade nicht. Heute gibt es die «Hexen» immer noch. Sie versammeln sich im Verein der Schweizer Segelfliegerinnen. Jeder das ihre!
„Frauen hätten in der Fliegerei nichts zu suchen.“ Diesen Spruch hörte man auch in Nidwalden. Er wurde aus Grenchen importiert. Die Importeure sind bekannt. Da gab es Männer, die es satt hatten, die Berühmten und Betuchten auf Sänften zu tragen. Anstatt sich zu arrangieren, begannen sie ein Feindbild aufzubauen. Ich überlasse das Hexenspiel jenen, die sich dafür berufen fühlen. Die Männer mit ihrer Abwehrhaltung täuschten sich sehr oder sie wollten es einfach nicht wahr haben! Die Beweise, dass ihre Aussage falsch war, waren längst erbracht. Selbst bis ins «Reduit» hatte es sich herum gesprochen!
«Frauen hätten in der Fliegerei nichts zu suchen.»
Auf dem Flugplatz Buochs, in der Segelfluggruppe Nidwalden, ist das Grüppchen der Fliegerinnen klein. Alle aber haben ihren Teil zum Gedeihen der Gruppe nach ihren Möglichkeiten beigetragen. Darüber wird separat berichtet.
Brigitte Odermatt-Mattmann, wagte es neben anderen Frauen, in die Männerdominanz einzubrechen. Wie es vor sich ging und was daraus wurde:
„(…) Der Virus ergriff mich fast unbemerkt. Maria, Kollegin vom KV und Edi Korners Schwester lud mich zu einer Party nach Buochs ein. Ich würde abgeholt, war die Instruktion. So stand dann ein junger Mann vor der Tür und sagte „Ich glaube, ich soll Sie abholen und nach Buochs bringen!“ Er war auch auf der Party und wie sich herausstellte kam ich da so etwas wie in ein Fliegernest. Wir trafen uns später gelegentlich. Einmal, als wir uns verabredet hatten kam er zu spät – und dann war ich halt weg. Dass Flugzeuge eingeräumt werden mussten begriff ich später schon. Und dass dies je nach Wetter länger oder kürzer dauerte auch.
Es war an einem Maitag. Herbie holte mich in Luzern zu einen Flug ab. Die Rhönlerche wurde an den Gupf geschleppt und von der Hammetschwand gings übers Tal bis über Wiesenberg. Man müsse vorsichtig sein wegen den Drahtseilen in der Gegend. Dreiviertelstunden dauerte der Flug und ich fühlte mich wohl.
Im gleichen Jahr war ich als Passagier auf einem Überflug nach Samaden mit dabei. Die Geschichte endete in Chur mit einer Aussenlandung im Rheinquartier zwischen Wohnblöcken mit Stillstand in einem Kartoffelacker beim Bauern Montigel. Edi, der Schlepp-Pilot hatte es eingebrockt… Es war eine Landung, die ich kaum spürte! So musste es wohl sein! Erst später erfuhr ich von der noch geringen Flugerfahrung des Piloten und, dass dies die erste Aussenlandung war! Ich war vom Handwerk des jungen Fliegers überzeugt. Das was dann kam, hatte ich mir nicht so vorgestellt. Das Flugzeug musste demontiert und unter dem Vordach des Stalles von Bauer Montigel gelagert werden, denn es begann heftig zu regnen. Die Schaulustigen halfen zwar beim Abmontieren, aber dann verzogen sie sich in die warme Stube und drückten die Nase breit, als wir zu zweit den grossen Spyr unter „Ottich“ (Obdach) brachten. Als wir es endlich geschafft hatten, begaben wir uns in die Felsenbar. Dort tanzten wir so lange, bis unsere Kleider trocken waren. Dann ging es per Bahn zurück. Der Spyr kam schliesslich auf der Strasse nach Samaden. Eine Woche später nahmen mich zwei von Herbies Kollegen mit nach Samaden, wo ich zwei schöne Flüge im Spyr erlebte. Als es wegen der Heimreise mit der Bahn Zeit war, wollte ich nicht hinunter! Es gefiel mir sehr da oben, über den Bergen mit der wunderbaren Sicht. Ich hatte noch mehrere Gelegenheit, mit Herbie mit zu fliegen. Ich begann zu verstehen. Die Segelfluggruppe war für ihn so etwas wie seine Familie… Er war darin tief verwurzelt. Damit wir nicht verschiedene Wege gehen mussten, entschied ich mich für die Fliegerei.
Ich machte mich 1969 daran, das Segelfliegen zu erlernen! Der erste Flug am 12. 7. auf der Rhönlerche mit Fluglehrer Walter Fleischmann dauerte 21 Minuten, der zweite 19 Minuten.
Die Quadratur des Kreises für eine Familienfrau, die noch einen 50-% Job ausübte und die noch für zwei Söhne da zu sein hatte! Meine Fluglehrer waren hauptsächlich Alois Bissig aber auch Albert Camenzind, Sepp Ming, Sepp Häfliger und Walter Fleischmann und auch Herbie «amtete» bei einigen Flügen als Fluglehrer. Am 28. September legte ich bei Fredy Simmler die theoretische Flugprüfung ab. Am 20.6.70 bestand ich die Flugprüfung. Herbie war mein Prüfer. Mit der Prüfung standen 127 Flüge und 17 Std.40 Min. zu Buche.
Männern etwas beweisen war nicht meine Sache, und eine spezielle Behandlung wollte ich auch nicht. Ich wollte fliegen! Dies war auch Grund, sich den Fliegenden Hexen, die sich national zu profilieren suchten, nicht anzuschliessen! Schliesslich hatte ich in Buochs alles, was zum Fliegen nötig war! Neben einem stets hervorragend gewartetem Flugzeugpark gibt die Alpenwelt viel her. Andere reisen nach Namibia oder in die USA, um ihre «Bedingungen» zu erfüllen. Wir haben das Paradies vor der Haustür! Freilich sind Segelflugzeuge mit guten Leistungen eine Voraussetzung. Die Sprungdistanzen sind oft sehr gross, was für Flugzeugen der K8-Klasse unüberwindbar sein kann.
Ich lernte, dass verschiedene Ansichten (verschiedene Fluglehrer im Wochenendbetrieb) zum Ziel führten. Also fügte ich mit der Zeit eine weitere, meine, dazu! Wir beschafften uns eine Mucha Standard, HB-635. Ein Flugzeug mit «Charakter», mit geringen Ruderkräften speziell im Querruder! Der Doppeltrapezflügel, vrillenfreundlich, zeigte mit feinen Vibrationen an, wenn man in die Nähe der Abreissgeschwindigkeit kam, die Variometer waren zuverlässig, gut kompensiert und sprachen schnell an. Es war sehr wichtig, darauf zu achten, dass der Schwerpunkt, ja nicht zu weit hinten lag. Für mich als Leichtgewicht war das Mitführen eines Bleikissens zwingend.
Der Kunstflug war nicht das, was ich unbedingt suchte. Es blieb bei der Einweisung und ein paar Trainingsflügen. Mitgeflogen bin ich mehrmals. Es machte Spass!
Am 27. 6. 71 gelang mir der Fünfstünder. An diesm kalten Bisentag war es nicht einmal möglich 1000 Meter zu überhöhen. Am 29. 4. 72 zeigte mir Herbie wie man sich im Föhn an der Hohfluh zu verhalten hat. Am Tag darauf, übte ich dort mit der Ka 8 fast zwei Stunden lang. Am 8. 7. 72 flog ich erstmals unsere Mucha Standard. Im August 72 weilten wir in Samaden im Lager. Ich bekam in zwei Flügen mit total 4 Stunden eine Einweisung in dieses Gebiet mit Herbie. Am 9. 9. 73 wies mich Wisi Bissig in den Blanik ein. Zwischendurch flog ich einige Flüge mit Herbie auf dem SF 25 B (MOSE) mit. Wir erkundeten ab dem Birrfeld die Geografie und landeten auch in Bleienbach. Am 11. 4. 75 gelang mir der 50-er vom Birrfeld nach Grenchen (65 km). Beim Rückflug klinkte ich etwas zu früh, was Aussenlandung in OLten bedeutete! Schliesslich kam ich verspätet im Birrfeld mit einem knappen, direkten Landanflug, mit 2 Metern über der Strasse an… alles gut gegangen! Am 5. Mai 1975 bekam ich das «Silber-C».
Als wir einst in Samaden feststellten, dass das Bleikissen zu Hause lag, schaltete Herbie schnell. Er holte eine Trimmscheibe von einer C-36. Das Schwerpunktproblem war gelöst. Aber eine grosse Gefahr flog mit. Was wäre wohl geschehen wenn?
Ich habe meine Pflichten im Baulokal wie alle anderen auch erfüllt. Wäre es nach dem seligen Edi Lischer gegangen, würde ich dereinst gar noch bei Petrus die Startlisten schreiben, bis in alle Ewigkeit. Ich trage ihm deswegen nichts nach. Er war ein guter und umsichtiger Kollege.
„(…) Auch ein Spass für Frauen)“ hat jemand auf dem Foto aus der Werkstatt vermerkt!
Später wurde die Mucha durch eine Elfe 17 A, HB-1273, abgelöst.
Ich flog dieses Flugzeug gerne und ich konnte es sehr gut landen.
An einem weiteren Föhntag machte ich mich auf, um die Höhen erneut zu erproben. Die Elfe gehorchte, als wäre sie von Engeln getragen. Am 12. 5. 83 erreichte ich auf der Route Urmiberg-Muotatal- Glarus eine Überhöhung von 4300 Metern wobei ich bis 6000 M. ü.M. kam. Am 14 .5. 83 wählte ich «meine eigene Route»: Hohfluh – Muotatal – Pragelpass – rechte Glarner Talseite – bis hinauf über den Clariden. Bei Illgau erreichte ich 2600 M. ü.M. Den Rotor vor dem Stoos wollte ich nicht anfliegen. Ich peilte den Drusberg an. Die Wahl war gut. Hier ging es bis 4000 M. Von da nahm ich Richtung Süd, kam am Glattalp See vorbei. Über den Gemsfairen, noch etwas vor dem Clariden, konnte ich in die Welle einsteigen. Ich erreichte hier die Höhe von 7200 M. ü. M. Dann passierte es. Das Capot vereiste. Was tun? «Wärmere Zonen aufsuchen»! Also bestimmte die Luftfeuchte wie hoch ich durfte! Die Auswertung ergab eine Überhöhung von 5700 Metern. Was folgte war ein wohl dosierter Abstieg. Ich genoss die Aussicht aus der hohen «Plattform». Ich war nicht das erste Mal hier aber dies war so etwas wie ein Becherflug. Es war der absolut eindrücklichste Flug, den ich mir ganz alleine ausgesucht hatte. Alois Bissig erflog sich an diesem Tag eine Strecke von 740 km! Es lag also etwas drin in der Luft! Der AeCS erteilte mir für diesen Flug am 19. 5. 83 den Höhenbrillanten.
Die Lokalpresse wusste zu berichten, dass ich als erste Frau der Nidwaldner Segelflieger einen Brillanten erflogen hatte. Ich bildete mir deswegen nichts ein, doch gefreut hat es mich schon.
Die Gegend um den Drusberg hat in der Militäraviatik eine besondere Bedeutung, sind doch dort am 27. August 1938 vier Flugzeuge der Staffel von Hptm Decio Bacilieri verunglückt. Acht Personen kamen bei dem Unfall um, darunter auch der Staffelkommandant. Die Geschichte habe ich erst später erfahren. Im Lied: «Voglio Volare» bzw. «La canzone dell Aviatore» («Das Lied der Flieger») von Waldes Keller, demTessiner Musiker und Komponisten, wird daran erinnert. Esther Martinet hat die Geschichte exakt und umfassend recherchiert und die Ergebnisse in Ihrem Buch: Die Peilsonate wieder gegeben. – Zeit, um inne zu halten und an jene unserer Gruppe zu denken, die in Ausübung ihres Hobbys das Leben lassen mussten.
Mit der Elfe gelang mir am 23. 4. 84 ein Flug über 330 km (Dreieck), der mir den Streckenbrillanten (7. 5. 83) einbrachte. Startort der Übung: Guber, Wendeorte Niederhorn und Klosters und zurück an den Guber. Das Prätigau zeigte sich nicht von der besten Seite, waren die Kreten doch eingenebelt. Der letzte Schenkel hatte es in sich. Vom Muotatal her kommend suchte ich tief am Eingang ins Riemenstaldental Höhe zu gewinnen, was schliesslich sehr mühsam gelang. Die Höhe musste ausreichen um an den Guber zu gleiten, um dort noch ein Wendefoto zu knipsen. Es gelang schliesslich, den Plan zu erfüllen. Die gewählte Strecke war nicht das, was ab Buochs üblich war. Umso erfreulicher war für mich das Resultat. Im Riemenstaldental kam ich zu wenig hoch. Als ich zum Gleitflug zum Guber ansetzte kam mir entgegen, dass es auf der Nordseite der Häge am Niederbauen-Klewenalp und Buochesrhorn weniger als üblich sank, zeitweise zeigte das Variometer auch Null an. Sorgfältig schlich ich mich Richtung Guber. Es gab ja Landeplätze in Alpnach und in Kägiswil. Ich brauchte sie nicht. In knapper aber sicherer Höhe knipste ich den Guber und flog entspannt Richtung Buochs zum Landen. Es war geschafft!
Das zweite „Trimmgewicht“ (Brillant) war realisiert. Nun waren die God-C Bedingungen geschafft, inkl. 2 Brillanten. Schöne Erlebnisse, die ich nicht missen möchte!
Vorkommnisse?
Ja, klar! Während eines Schlepps in den Föhn bockte es in der Gegend vor Gersau dermassen stark, dass ich das Schleppseil verlor und in der Ka 8 gleich eine Umdrehung vrillte!
Die Zwangsverriegelung des Höhenleitwerks an der Ka 8, HB-818 (Lizenzbau von Schempp-Hirth) funktionierte nicht nach dem Sinn des Erfinders. Man konnte das Stabilo falsch montieren! Niemandem fiel es bisher auf! Es war möglich, dass nur zwei von drei Montagepunkten zum Eingriff kamen! Erst als ich schon in der Luft war, wurde am Boden das schräge Stabilo bemerkt. Herbie holte mich mit dem Piper herunter in dem er mir den Flugweg versperrte und durch die offene Seitentür Zeichen gab, die ich nicht verstand. Viel mehr war ich sauer auf ihn, weil er mich aus der Thermik drängte. Später war alles klar!
» für zwei Trimmgewichte hat es gereicht»
Es gab auch Momente, da Ruhe angesagt war. Der Capotverschluss an der Elfe war konstruktiv widersinnig angeordnet. So passierte es mir, dass beim Herausnehmen der Glissade der Arm am Verschluss streifte. Das Capot öffnete sich und flupps, war es weg und auch zersplittert. Erst nahmen wir an, dass die Verriegelung nicht vollständig erfolgt war. Das alleine war es nicht, denn es war sehr bockig im Anflug. Es gab dann ein zweites Vorkommnis. Diesmal blieb das Capot hängen, erzeugte aber viel Abtrieb. Mit ruhiger Hand gelang eine gute Landung. Dann hatte Herbie genug. Er demontiertete die Mechanik und baute eine von Grob (Astir) ein. Ansonsten hatte ich das nötige Glück und verursachte keinen Materialschaden.
Neben der Aussenlandung in Olten, wo ich mir die Geschichte über das gefährliche Flugzeug «Mucha» anhören musste (wahrscheinlich von Leuten, die nie Gelegenheit hatten dieses Flugzeug zu fliegen), erlebte ich auch eine bei den „Kühen“ im Rheintal. Für einmal hatte Herbie das Vergnügen an einem Pfingstmontag den Verkehr als Rückholer zu geniessen.
Ich hatte zwar einen Fluglehrer im Haus von dem ich viel profitieren konnte, aber gepusht hat er mich nie. Es ist ihm gelungen, in mir die Sehnsucht nach der dritten Dimension zu wecken. Wir waren mehrmals zusammen im Föhn. Wir tauschten unsere Erfahrungen gegenseitig aus. Er war daruf bedacht, dass ich gut vorbereitet meine Flüge antreten konnte. Ich hatte die Freiheit und nahm sie mir auch, selbst zu bestimmen.
Das Bild im Blanik entstand, nachdem wir im Föhn über dem Stanserhorn/ Gräfimattstand eine Höhe von etwas über 5000 m ü. M. erreicht hatten. Unten warteten andere auf den Doppelsitzer. Die Demonstration: Fahrt reduzieren, alle Widerstände ausfahren und auf direktem Weg (innert ein paar Minuten bis zur Landung) war eindrücklich.
Die Fliegerei in den Voralpen und in den Alpen bietet viel Abwechslung. Man wird gezwungen, die meist eher enge Thermik sauber und eng auszukreisen. Im Mittelland erlebte ich die Aufwinde oft sehr viel weiter. Selbst mit „Kantonsrundflügen“ kam man bequem nach oben. An die geringere Operationshöhe musste ich mich zuerst gewöhnen. Der Jura, die viel gerühmte Rennbahn bietet auch seine Feinheiten. Ich erwähne speziell die Creux du Van. Ich hatte die Gelegenheit sie zu polieren. Wir waren in einem privaten Minilager bei den Neuenburger Segelfliegern. «Veru», Werner Rufener hat uns die Tür geöffnet.
Wir erlebten eine unkomplizierte Gemeinschaft. Die zeigte sich auch daran, dass sie einen gut ausstaffierten»Cave» unterhielt. Hier wurde intensiv gesimpelt und Erfahrungsaustausch betrieben. Ich erinnere mich u.a. an Monsieur Zangger, Atomphysiker, der sich nicht zu schade war selbst anzupacken, oder an «Weru» , Werner Rufener, den Optikermeister, der von seinen Spaziergängen im «menschenlosen» Südfrankreich zu berichten wusste. Und da war Regula, die Tochter eines tödlich verunglückten Fliegerkollegen von Herbie. Wir gehörten sofort dazu!
Eindrücklich war das Kaisergebirge, das ich von St.Johann i.Tirol aus erschloss.
Einmal wollte ich ganz offiziell beim Fliegen im Freien
hocken! Im Baby hatte ich es schon mal probiert.
Ein Flug mit Adi Baumann in der Stampe SV, HB-UPR ab dem Birrfeld erfüllte mir diesen Wunsch.
Ein Erlebnis will ich aber doch noch erwähnen. Ich bekam ein Geschenk für eine Ballonfahrt. Der Ballonfahrer: Werner Ledermann, gestrenger Inspektor des Eidgenössischen Luftamtes. Startort: Bad Zurzach. Landung: Pieterlen in der „Hostatt“, westlich des Fluplatzes Grenchen. Wetter: Es herrschte eine zügige Bise von bis zu 70 km/h!
Wir mussten früh am Morgen da sein um dem Ballonmeister beim Füllen des Gasballons zu helfen. Dann war es so weit. Wir bekamen Instruktionen über das Verhalten bei “Was wäre, wenn“! Dann hob der Ballon ab und driftete gleich auf eine Hochspannungsleitung zu, wo sich der Korb anmachte, sich an einem Draht zu verheddern. Ich ergriff diesen und stemmte mich mit aller Kraft dagegen. Wir kamen in die Luft. Alles gut gegangen! Der Wasserstoff in der Hülle war mir nicht besonders vertrauenswürdig…! Später erfuhr ich, dass die Holzmasten arg krächzten.
Die Fahrt über das Mittelland verlief ereignislos. Stille wie auf einem hohen Berg! Unterwegs wurde ich zur „Gräfin“von „weiss nicht mehr wo“. getauft. Ich hatte als Einzige ein Bier mit. Alle andern waren „clean“ und eher wortkarg. Selbst „Amboss“ war die Ruhe selbst. Ballonfahrer „Lädi“ war periodisch in Kontakt mit dem Rückholfahrzeug, welches von Herbie gefahren wurde. Über Gunzgen fragte Lädi den Rückholer nach dem Wind am Boden. „Mindestens 50 km/h, eher mehr! Das hohe Gras legt sich teilweise ab!“ Vor Solothurn gab der Kapitän durch: „ Ziellandung auf den Flugplatz Grenchen!“ Wir hätten lieber eine längere Fahrt genossen. Doch Lädi wollte auf keinen Fall den Jura überqueren und gar in der «Gexeren» Gegend von Gex zu Boden gehen. Er dachte an Zollformalitäten und den Rücktransport. Am Ende war: Ziel nicht erreicht und eine Landung war es auch nicht! Das Rückholfahrzeug fuhr voraus um in Grenchen zu warten.
„Der Ballon schien kaum in Grenchen zu landen, dafür war dieser zu hoch und der Wind zu stark. Er fuhr an Grenchen vorbei und westwärts des Flughafens sank der Ballon zur Erde. Ich fuhr was ich konnte über verschiedene Feldwege direkt zum Landeort. Eine schöne Anreisung!
Der Ballon hing an einem Weidenbaum. Der Korb lag umgekehrt in einem kleinen Wasserlauf der etwa 20cm tiefes Wasser führte. Eie einzige unpassende Landestelle weit und breit! Die Passagiere schickten sich an, das Nass zu verlassen, derweil ein Bauer bereits mit der Motorsäge den Weidenbaum stutzte. Er erklärte danach, dass er diesen Baum schon längst umsägen wollte. Es sei ihm aber aus Naturschutzgründen nicht erlaubt worden. Jetzt hätte er die Gelegenheit beim Schopf gepackt!“ Während er am Holzen war, kamen die Leute aus dem Ballon. Lädi hatte Moos an seiner Glatze. Er sah aus, wie ein Waldgnom…
„Hundehaus“ heisst die Position des Korbes nach der „Landung“ in der Fachsprache. Ich schätzte den „Endanflug“ richtig ein und liess verlauten, man solle sich mit den Armen vor dem Gesicht gut schützen, was Lädi gar nicht gerne hörte. Und, kaum gesagt rumpelte es heftig und es wurde finster. Der Korb war umgestürzt. Am Ende gab es doch einige Verrenkungen. Auch ich bekam etwas ab. Nach dem Abräumen und dem Verladen, durften wir noch eine Fahrt auf den Längenberg machen, denn dort oben landete der zweite Ballon, der auch am gleichen Ort gestartet war.
Man traf sich schliesslich noch in der Beiz, wo Lädi eigentlich einen gespendeten „Champus“ erwartete. In Anbetracht der verschiedenen Beulen ging es aber etwas einfacher ab. Die Passagiere wollten nach Hause. Die Fahrt aber und das Erlebnis ist in guter Erinnerung. Der Ballon hatte einige Löcher. Lädi bemühte sich umgehend, dass er einen Termin bei der Ballonfabrik in Augsburg für die Reparatur bekam.
Ich begleitete Herbie auf mehreren Flügen im Motorflugzeug und auch im Motorsegler. So flogen wir einst via Locarno nach Zell am See, Samaden und zurück, oder wir erflogen die Geografie über den Alpen und über dem Jura. Schön für die Geografie und die Aussicht, doch der Segelflug war für mich das vollkommene Fliegen.
Vom damaligen Dogma „Nur Streckenfliegen ist Segelfliegen“ hielt ich nichts. Schliesslich gibt es auch mehr Automobilisten als Formel-1 Fahrer. Ich plante meine Flüge und führte sie meist erfolgreich durch. Zig-mal probieren konnte ich mir allerdings nicht leisten. Daher musste ich den Kopf etwas mehr einschalten. Es wirkte und stärkte das Selbstvertrauen.
Allein auf sich angewiesen, eigene Ziele verfolgen und dabei die Natur einziehen, etwa in Begleitung eines Adlers oder in Harmonie mit dem Gabelschwanzteufel (Milan) und dem Moswey (Mäusebussard), die freundlich den Weg zur Thermik zeigten – das war eine Lektion Selbstverwirklichung – ohne dass ich anderen deswegen auf den Wecker ging!
Vom damaligen Dogma: «Nur Streckenfliegen ist Segelfliegen» hielt ich nichts.
Ich war keine Typensammlerin. Folgende Flugzeuge habe ich selbst geflogen: Rhönlerche, Grunau Baby II, Ka 8, Blanik L13, ASK 21, Twin Astir CS, B4, Mucha Standard, Asw 19 und Elfe 17 A. Mitgeflogen bin ich im Spyr Va (mit Georges Fliss), im Kranich III (mit Fritz Strobel) in der Ka 7 (mit Storch Hanns Adalbert Wirz) und im MOSE SF 25 B (Herbie) Startarten: Windenstart und Flugzeugschlepp, Erweiterung für Passagierflüge sowie für Radiotelefonie, international gültig. Letzteres war wichtig bei Höhenflügen, die jeweils mit Koordination von «Zürich Information» erfolgten und auch, wenn wir mit Motorantireb unterwegs waren übernahm ich den Funk.
Mein zweit letzter Flug dauerte über 5 Stunden. Ich konnte das Mittelland ab dem Birrfeld so richtig ausmessen. Der letzte Flug am Tag darauf am 15.6. 1988 dauerte nur 24 Minuten. Am Start auf der damaligen Birrfelder Schotterpiste mit ihren Unebenheiten und Löchern, schlug es mich derart in den Sitz, dass mein Rücken dies nicht aushielt. Nach dem Klinken durfte ich nicht an die Landung denken! Abspringen wäre eine Option gewesen! Wahrscheinlich auch nicht die beste! So liess ich mich ablenken, indem ich mich daran machte, Kollege Walter Jenny in seiner Elfe „abzutrocknen“ was mir mit dem «Innerschweizer Trick»: enger Kreisen, gut gelang. Ich brach den Flug ab, ging zum Landen – und – aus war die Geschichte! Leider reichte es so nicht mehr für den 500-er obwohl ich schon nahe dran gewesen war. Ich war rund 380 Stunden mit 553 Landungen im Segelflugzeug unterwegs. Die Flüge plante ich gut. Ich hatte dafür mein Budget. Ich konnte nicht probieren, bis ich zufällig am Tag des Herrn in der Luft war, wo es mich fast automatisch ans Ziel spülte!
Ich wäre gerne mehr geflogen. Gelegenheit dazu war reichlich vorhanden. Es waren gesundheitliche Gründe, die mich zwangen, zurückhaltend zu sein und schliesslich das Fliegen aufzugeben. Heute widme ich einen Teil meiner Freizeit den Rosen. Gegen einhundert sind es!
Nachtrag 29. 06.17: Abschied – Neue Erfahrung