(aus Albatros-INFO März 2007 und meinen Ergänzungen)
Es ist mir nicht leicht gefallen einen Fliegerkameraden zu finden, welcher Ruedi persönlich so gut gekannt hat, um einen Nachruf zu verfassen. Von allen Angefragten habe ich leider Absagen erhalten. Ich selber habe Ruedi zu wenig lange gekannt um diese Aufgabe oder Ehre zu übernehmen.
Willi Schwarzenbach hat Ruedi im VGC-News gewürdigt. Darauf habe ich mit Willi Kontakt aufgenommen und angefragt, ob ich Ruedis Nachruf für unser Info in Deutsch veröffentlichen dürfe. Da mein Englisch nicht ausreicht um alles zu übersetzen, hat ihn Willi für mich gleich noch ins Deutsche übersetzt. Vielen Dank Willi!
Wir denken gerne an die Zeiten zurück, wo er an den Treffen und Anlässen der «Albatrössler» dabei war. An seine Erzählungen aus den Anfängen des Segelflugs, an die Film-Vorführungen in Thörigen, an seine Werkstatt, an…, an … , einfach an einen lieben Kameraden, welcher leider nicht mehr unter uns ist¨! Peter Ziegler
«Ruedi ist am 8. März 2006 in der Pflegeabteilung des Spitals Langenthal von seinen Altersbeschwerden erlöst worden und hat uns friedlich verlassen, wenige Tage vor seinem 94. Geburtstag. Bis in die letzten Wochen seines Lebens war sein Geist erstaunlich rege, er konnte sich noch gut unterhalten mit Besuchern und Freunden, er freute sich und wusste vieles aus früheren Zeiten zu erzählen.
Sägi war eine legendäre Figur in unserem Segelflug und ein Teil der schweizerischen Segelfluggeschichte, die er während fast 60 Jahren mit Begeisterung lebte und prägte. Schon während seiner Schulzeit war er ein geschickter Flugmodellbauer mit neuen und originellen Ideen.
1930 stieg er ein in die faszinierende «Welt der Flugzeugbauer». Bei den Gebr. Karpf in Zürich, begann er als erster Lehrling der gerade geschaffenen Berufsgattung «Flugzeugschreiner» seine Karriere. Ein Beruf der damals von manchen als «zukunftslos» abgetan wurde. Das 4-Mann-Unternehmen Karpf stellte, neben einigen Booten, den «Stamer-Lippisch» Zögling, bekannt als «Karpf-Zögling» und später auch das Karpf-Baby, eine etwas verbesserte Konstruktion des «Grunau-Baby II» her. Des Weiteren wurden Reparaturen und auch Arbeiten an Motorflugzeugen durchgeführt. Doch die Lehrzeit verlief nicht nach Programm, ein Brand zerstörte die Werkstatt. Sägi wurde für einige Zeit in die «Flugzeugwerke A. Comte» in Horgen/Oberrieden versetzt. Er hatte dabei Gelegenheit an den Holz-Flügeln der AC-Motorflugzeuge und auch am Prototyp des AC-3, eines zweimotorigen Bombers für die bolivianische Armee zu arbeiten.
AC 3, (1929/30) Transporter und Bomber, 1 Expl. gebaut, war für den Export nach Bolivien vorgesehen; das Flugzeug wurde nicht ausgeliefert. Quelle: http://www.swissair00.ch/compte-alfred-.html – (odh)
Doch sobald der Karpf-Betrieb, diesmal in einem anderen Lokal wieder anlief, musste er zu seinem grossen Bedauern, wieder dorthin zurück. Im Oktober 1933 hatte er sich in Dübendorf zur Lehrabschlussprüfung zu stellen. Diese gelang ihm ausgezeichnet und der Lehrbrief wurde ihm durch den Experten J. Spalinger, dem erfolgreichen Segelflugzeug-Konstrukteur, überreicht.
Als gelernter Berufsmann trat er nun in die Firma A. Comte ein und fand dort ein interessantes Arbeitsfeld. Er blieb dort bis dieses Flugzeugwerk infolge wirtschaftlicher Probleme geschlossen werden musste. Sägi, damals gerade 20-jährig, war nicht nur ein qualifizierter Berufsmann, er hatte sich als innovativer Flugzeugbauer schon einen Namen geschaffen, hatte er doch schon während seiner Freizeit zum grossen Teil allein einen Hängegleiter «HAFA 9» gebaut und war damit geflogen – – und einen «Zögling» – – und dann, 1933/34 zusammen mit Walter Studer und mit Unterstützung (Berechnung) von W. Pfenninger das leichte Segelflugzeug «WS 1 Lilli» gebaut und erfolgreich geflogen.
Er entschied sich, von nun an auf eigene Rechnung zu arbeiten. Trotz den schwierigen Vorkriegsjahren und der wirtschaftlichen Depression gelang es ihm, in Gümligen bei Bern eine Serie von 10 «Grunau-Baby II», im Auftrag des AeCS zu bauen. Später folgten 3 «Hütter 17» für Westschweizer Segelfluggruppen, eine «Weihe», ein «S 18» und einige andere Flugzeuge. Hie und da wurde er von Amateuren zu Hilfe gerufen um angefangene Flugzeuge fertig zu stellen, darunter einen «Rhönadler», einen «Bussard» und «Grunau-Baby». Eine grosse Arbeit (1937) war die Reparatur eines schwer beschädigten, doch billig erstandenen «Condor 1» für sich selbst. In derselben Zeit erstellte er auch Pfenningers revolutionäre leichte «Elfe P 1», 9m Spannweite, 43 kg Leergewicht, die er auch selbst flog. Siehe mehr unter: Pfenninger- und Markwalder-Elfen
Während seiner militärischer Aktivdienstzeit 1942/43 gelang es ihm einen Doppelsitzer «S 21» zu bauen mit dem er später oft in der Luft war.
Gelegentlich, wenn keine Aufträge einliefen, arbeitete er im Reparaturbetrieb der «Alpar» auf dem Belpmoos und amtete dort auch als Fluglehrer. 1943 begann der wohl interessanteste Abschnitt seiner beruflichen Aktivität. Er wechselte zum neu gegründeten «Flugzeugbau» der Gebrüder Isler in Wildegg, welcher unter seiner Leitung als fortschrittliches Unternehmen dieser Branche gewertet wurde. Prunkstücke aus dieser Werkstatt waren wohl die Schalenbau-Flügel der 14m «WLM 1», (1947), der 16m «WLM 2» 1954 und die baulich sehr anspruchsvolle «Elfe PM3».
Bezüglich WLM 1 siehe unter: SAGA Swiss Gliding Aerobatic Acossiation WLM 1
Zum Thema Elfen/ R. Sägesser/Laminarprofile lese man im Oltener «rhönstei» mehr!
Sägi verheiratete sich 1944 mit Hilde. Leider verstarben ihre beiden Söhne im besten Alter an Krankheit.
1953 übernahm Sägi das Werkstattinventar der Firma Isler und zog dann 1955 nach Herzogenbuchsee in eine gemietete Werkstatt; später konnte er eine Liegenschaft mit geeignetem Werkraum in Thörigen erwerben. Er beschäftigte sich vorab mit Revisionen und Reparaturen an Segel- und auch Motorflugzeugen. Seine Frau Hilde half oft tatkräftig mit und hatte besonderes Geschick wenn es um das Eintuchen von Flügeln und Rümpfen ging.
Nach dem Tod von Hilde zog sich Ruedi progressiv von der harten Arbeit zurück, er stellte aber zeitweise die Werkstatt für Winterarbeiten oder Überholungen an Segelflugzeugen seinen Freunden zur Verfügung.
Er fand dafür wieder Zeit für seine grosse Bahn-Modellanlage und auch für den perfekten Bau von Scale-Flugzeugmodellen. Ruedi lud aber auch Schulklassen ein und unterrichtete über den Segelflug, den Flugzeugbau und zeigte gerne in seinem Hinterraum-Kino Filme aus der Fliegerei, zum Teil sogar ab einem 72mm –Projektor den sein Sohn Kurt seinerzeit installiert hatte.
Sägi war auch immer dabei, wenn es etwas zu sehen gab, sei es bei den «Oldtimern» hier oder sogar beim Int. Vintage Glider Club. So war er zum letzten Mal mit René Comte am VGC Rally 2000 in Tibenham (GB) um seine, in den USA durch einen Engländer hervorragend restaurierte «Superelfe» im Flugbetrieb zu sehen.
Ruedi Sägesser war eine Persönlichkeit und ein Freund den wir nicht vergessen werden.
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Weitere interessante Hinweise zu «Sägi» findet man unter WLM-Modellbau: Ruedi Sägesser, 7 Seiten!
Sägi, wer kannte ihn nicht!? Er hat für die SG Nidwalden einmal den Spyr Va, HB -509 innert Kürze repariert, als nach einem missglückten Windenstart mit einem «Cheval de bois» der Rumpf entzwei gebrochen ist.
Es geschah am 23. April 1966: Klaus Hauck(+) kam mit einem Passagier auf den Platz. Der Start an der Winde missriet völlig. Der Pilot zog derart stark am Höhensteuer, dass der Spyr die Strömung am Flügel abreissen liess.
Zwar klinkte Klaus noch, doch das Flugzeug drehte um sich selbst, berührte mit einem Flügel den Boden zuerst, drehte um sich weiter und schepperte schliesslich seitwärts uns Gras. Der Aufprall erfolgte in schier wagrechter Lage seitwärts. Kufe und Hecksporn griffen gemeinsam. Dann ein Knall und es herrschte Spyr geteilt durch zwei!
Es erfolgte noch gleichen Tags die Fahrt zu «Sägi». Dieser nahm die Arbeit am Folgetag auf. Der Spyr kam innert kürzester Frist zurück. 1600 Franken kostete der «Spass»! Sägi meinte, es sei ein «schöner» Bruch gewesen. Die zwei Hälften seinen so schön getrennt gewesen, dass er sie lediglich zusammenstossen und ins Lot bringen musste. Dann alte Beplankung runter, Stringer anschäften, neue Beplankung drauf, fertig!
Ein Rüge erteilte er uns noch: Es sei ein Fehler gewesen, dass für den Abtransport die Steuerseile durch geschnitten wurden. Diese neu einzuziehen seien doch noch aufwändig gewesen. Wir meinten, dass wir auf der Piste nicht lange «herumgänggelen» wollten…! Ausserdem war der Ersatz der Seile eh an der Zeit gewesen!
Davor reparierte er den Moswey IIa HB – 309, als dessen Rumpf auch bei einer Aussenlandung in drei Teile gezerrt wurde. Moswey geteilt durch drei = 103 ( HB 309; => 309 : 3 = 103 😉 ) Dem gleichen «Mösel» reparierte er einen gestauchten Kiel und da baute er gleichzeitig die Hochstartklinke anstelle der versetzten Bugklinke ein. Die Skizzen für die Position und die Halterung zwischen den Spanten erstellte ich selbst. August Hug liess mich auch rechnen und überprüfte das Ergebis, welches er so annahm! Also, etwas gelernt im Thema Festigkeitslehre!
«Gupfera» stellte auf einem Flug mit dem S-22, HB-276, «Hero» fest, dass sich im Geradeausflug bei Betätigung des Seitenruders nur der Rumpf aus der Achse bewegte… (Die «Fräserei» hinter dem Bürgenstock durch J. H. hiunterliess seine Spuren!). Eine Kontrolle nach dem Flug ergab, dass der Hauptspant lose in der Beplankung lag! Toni Loppacher besuchte zur gleichen Zeit den Bauleiterkurs, durchgeführt durch das L+A (Luftamt). Es ging alles zu theoretisch zu, weil man kein Übungsobjekt hatte. Toni schaltete schnell. Die Reparatur war für die Teilnehmer ein Lehrstück. «Sägi» und «Pole Berner» (Paul Berner) waren die Haupt-Referenten. Die SG Nidwalden bekam zum Materialwert eine wertvolle Reparatur!
Und als «Gupfera» mit der Mucha ST, HB-635 ein Männchen versuchte, ging das Seitenruder aus den Verankerungen. Warum er auf diese Schnapsidee kam, konnte er nicht sagen. Wir hätten die Antwort parat gehabt es war eine Dulcinea im Spiel gewesen… Sägi hatte ein Ersatzruder und schon tags darauf, konnte wieder geflogen werden. In der Zwischenzeit reparierte ich das Seitenruder um die Leihware sobald als möglich zurück geben zu können. Die gleiche Mucha wurde bei einem Seilriss beim Windenstart stark beschädigt. Der Pilot «Moritz» reagierte zu spät… Sein Rücken riet ihm danach, schnell zu handeln und sanft zu landen! Sägi machte mir einen Kostenvoranschlag für die Reparatur. Danach kaufte ich den Bruch als «Konstruktiven Totalschaden» von der Versicherung ab und baute den Flieger wieder auf. Der Pilot hatte Glück. Er brauchte lediglich den Selbstbehalt zu bezahlen. Ich hatte eine Kaskoversicherung abgeschlossen, weil die Mucha für die Akroschulung eingesetzt wurde.
Sägis Frau hätte die Reparatur lieber in Ihrer Werkstatt ausgeführt! Da eine Versicherung zahlte, wäre as Geld sicher gewesen. Doch Sägi hatte ein Herz für mein Anliegen. Er gab mir sogar noch die Zeichnungen und die Stücklisten zur Mucha SZD-22!
Der erfahrene und geborene Flugzeugbauer war ein begehrter Fachmann. Brauchte man einen Rat: Sägi war immer bereit, hilfreich Auskunft zu erteilen. ich glaube, Sägi konnte ein Holzflugzeug auswendig bauen – gelebtes Workmanship (wissen, wie man «es» macht»!).