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Ist die «Brünigschlange» eine Wurst?

Bekannt als meteorologisches Phänomen ist die Malojaschlange.

«(…) Meist an herbstlichen Morgen formiert sich eine Nebel«schlange», wenn das Kondensationsniveau tief genug liegt, um auf der Höhe von Maloja aufsteigende, feuchte Luft in Wolken oder Nebel zu verwandeln. Es handelt sich dabei um ein Naturschauspiel, bei dem oberhalb der «Schlange» bereits strahlender Sonnenschein sein kann (siehe Foto rechts). Die Besonderheit der Schlange ist, dass sie nicht ruhig im Tal liegt, sondern nach Westen über den Malojapass hinunterkriecht. Je nach Wind und Wetterlage kann das Phänomen auch schnell wieder vorbei sein. Hierüber gibt es auch einen Film des deutschen Bergfilmers Arnold Fanck: Das Wolkenphänomen von Maloja (1924).)» =>

«(…) Da der Malojawind nicht nur bei guten, thermisch entwickelten Wetterlagen auftritt, sondern auch eine schlangenartig bis St. Moritz vordringende Wolkenformation, die sog. Malojaschlange, als ein Schlechtwetterphänomen auftritt, gibt es über seine Entstehung verschiedene Theorien und eine reichhaltige Literatur. Dem Wolkenphänomen widmet sich der Dokumentarfilm Das Wolkenphänomen von Maloja von Arnold Fanck aus dem Jahr 1924.)»

«(…) Die Malojaschlange wälzt sich unter bestimmten meteorologischen Bedingungen als eine graue quellende Wolkenwalze von Maloja her das Oberengadin hinab. Die Malojaschlange kann als Wolken- oder Nebelbank ganz auf dem Talgrund aufliegen oder sich in einer bestimmten Höhe dem nordwestlichen Talhang entlang Silvaplana, St. Moritz, Corviglia, Samedan und weiter hinziehen. Die Malojaschlange zeigt sich auch als perlschnurartige Stratokumulus-Bewölkung. Typisch bei der Malojaschlange ist die auffällige Begrenzung auf ein ganz bestimmtes Niveau. Die Vorbedingungen für die Entstehung der Malojaschlange ist ein tiefes Kondensationsniveau. Wenn das Kondensationsniveau bei 100 bis 200 Meter tiefer als Maloja liegt, kriecht die Malojaschlange als Nebelbank durch den Passeinschnitt ins Engadin und legt sich auf den Talgrund. Liegt das Kondensationsniveau jedoch höher als der Talgrund, kühlen sich aus dem Bergell aufdrängende feuchten Luftmassen erst in der Höhe zur Wolkenbildung ab. So entsteht die Wolkenschlange. In den meisten Fällen ist die Malojaschlange ein Schlechtwetterzeichen. Die Malojaschlange hat trotz all dieser Fakten keinen einheitlichen Entstehungsmechanismus.)» Quelle: SRF: Malojawind und Malojaschlange

Die Malojaschlange schleicht entweder in der Talmitte vom Malojapass ins Oberengadin über den Grund oder sie gleitet den nordwestlichen Hängen etwas abgehoben talwärts.

Die Malojaschlange: (photo: Wolfgang Wackernagel, 2006)

Kürzlich fiel mir auf, dass im Sarneraatal etwas ähnliches, das der Malojaschlange gleicht, vorkommt. Im Gegensatz zur Malojaschlange ist das Obwaldner Gebilde Doppelzüngig.  Es «bedient beide Talseiten gleichzeitig. Am 2. Juni dieses Jahres war es wieder so weit. Das Wetter am Vortag:

«(…) Heute: Der Mittwoch startet im Osten noch teilweise sonnig, sonst ist es heute von Südwesten her bald einmal bewölkt. Am Nachmittag bleibt es bei vielen Wolken und nur etwas Sonne, dazu gibt es besonders in Richtung Alpen teilweise kräftige Schauer. Die Höchstwerte erreichen bei schwachem Westwind zwischen 20 und 23 Grad, im Süden bereits etwas mehr.

Aussichten: Bis zum Wochenende gibt es meistens sommerliche Temperaturen, das Wetter dazu ist jedoch recht instabil. Besonders nachmittags muss immer wieder mit Schauern oder auch Gewittern gerechnet werden, im Übrigen scheint teilweise die Sonne.) Quelle NZZ v.1.6.22

Wetter Schweiz 1.6.22 (NZZ)

Am Vorabend und in der Nacht fiel viel Regen. Es lag also «Restfeuchte» in der Gegend.

Ich begab mich auf Fotopirsch. Im Gegensatz zur Malojaschlange ist hier kaum eine horizontale Bewegung sichtbar und wenn, nur eine geringe. Ergo muss sie vertikal ausgelöst sein. Es handelt sich eher um eine Wurst als um eine Schlange. Dass das lokale Wetter ennet dem Brünigpass im Haslital eine Rolle spielt, glaube ich eher weniger.

Brünigschlange , Vom Brünig bis Sachseln und darüber hinaus Zeit der Aufnahme ca. 9 Uhr 30
Brünigschlange, mit Taleinschnitt Melchtal
und weiter an  Kerns vorbei Richtung Stanserhorn
norwestliche Talseite,Der Blick reicht von den Giswiler Bergen vorbei über Wilen…
Gebiet Gllaubenberg am Jänzigrat vorbei
Die Schlange zeiht sich Richtung Pilatus und Gegen den Lopper
Ursprung von der südöstlichen Seite betrachtet, es kommt vom Brünig, mindestens vom Lungerensee her
sie reicht von  Glaubenbüelen  zum Jänzigrat
… zum Pilatus und über den Lopper
Deutlich zu sehen: Unter den Wolken erkennt man Feuchtigkeit in der Luft, den Kaltluftsee, darüber ist es klar. Zeit der Aufnahme: ca 11Uhr 15. Man ekennt Wetterbesserung innerhalb von etwas mehr als einer Stunde

Die Brünigschlange bewegt sich nicht in horizontal wie die Malojaschlange. Sie entsteht offenbar durch vertikale Wirkung infolge adiabatischer Abkühlung. Die Erwärmung durch die Sonneneinstrahlung  lässt Talwindtendenz entstehen. Die im Tal liegende Feuchte  wird angehoben und kondensiert.

Talwindsystem

Thermodynamische Betrachtung:

Wir haben also in Bodennähe eine stabile Luftschicht, die sich ab dem Kondensationsniveau im Bereich der Wolkenbildung als labile Schicht darstellt und darüber ist es wieder stabil. Die Wolkenwurst am Hang. Sie ist im Gegensatz zur Malojaschlange kein Schlechtwetterbote. Sie ist in die Länge gezogen und reicht vom Brünig oder ab dem Lungerensee bis gegen Stansstad. Durch längere Aufheizung der bodennahen Schicht verschwindet die «Wurst» im Tagesverlauf.