Staatliche Diskriminierung


Das suggerierte Ziel: Senkung der Kosten Unternehmen und der Konsumentenpreise sowie Belebung der des Wettbewerbs im Inland. Das VWL will dies mit der einseitigen Einführung des so genannten Cassis-de-Dijon-Prinzips erreichen.

Bisher hat die Schweiz zwei Wege verfolgt, um Handelshemmnisse abzubauen:
1. Automatischer Nachvollzug gewisser EG-Vorschriften
2. Abschluss internationaler Verträge über den gegenseitigen Marktzugang, speziell im Rahmen der bilateralen Verhandlungen.
Das Cassis-de-Dijon-Prinzip war eine Ergänzung zu diesen zwei Wegen.

 

Cassis de Dijon

In dieser Entscheidung lag dem EuGH 1979 folgender Sachverhalt zu Grunde. Eine Firma wollte in Deutschland den französischen «Cassis de Dijon» vertreiben. Dieses Getränk hatte einen Alkoholgehalt von 15-20 %. Gem. § 100 III Branntweinmonopolgesetz darf in Deutschland aber nur Likör mit über 25 % Alkoholgehalt vertrieben werden. Somit wurde es der Firma untersagt, den französischen Cassis de Dijon nach Deutschland einzuführen. Hiergegen klagte die Firma vor dem EuGH. Das Gericht musste entscheiden, ob inländische Normen, welche sowohl für Aus- als auch für Inländer gelten, ebenfalls Maßnahmen gleicher Wirkung i.S.d. Art. 28 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) sind. Der EuGH hat dies bejaht. Eine Maßnahme gleicher Wirkung liegt dann vor, wenn sich die Norm als Handelshemmnis auswirkt. Dies war hier der Fall. Parallel dazu hat der EuGH die sog. Cassis-Formel aufgestellt, in der er Rechtfertigungsgründe benennt. Danach müssen Hemmnisse für den Binnenhandel der Gemeinschaft, die sich aus den Unterschieden der nationalen Regelungen ergeben dann hingenommen werden, soweit diese Bestimmungen notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen der Allgemeinheit gerecht zu werden. Insbesondere den Erfordernissen einer wirksamen steuerlichen Kontrolle, des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, der Lauterkeit des Handelsverkehrs und des Verbraucherschutzes. Aus der Cassis de Dijon – Entscheidung ergibt sich daher, dass ein in einem Mitgliedstaat rechtmäßig hergestelltes und vermarktetes Erzeugnis grundsätzlich in das Hoheitsgebiet der anderen Vertragsstaaten importiert werden kann, sofern nicht eine der Beschränkungen des Art. 30 EG-Vertrag oder der sog. Cassis-Formel eingreift.

Die einseitige Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips ist problematisch, politisch und wirtschaftlich. Weil der Bundesrat auf jegliche Gegenseitigkeit verzichten will, weicht er vom bisher verfolgten Weg der schweizerischen Handelsbeziehungen ab. Ausserdem vergibt er für künftige Verhandlungen mit der EU eine wichtige Karte aus der Hand.
Zu bedenken ist, dass der Markt auch für Nicht-EU-Produkte aus Ländern (Drittstaaten) mit denen die Schweiz Anerkennungsvereinbarungen getroffen hat, geöffnet werden müsste, um die WTO-Verpflichtungen zu erfüllen.

Die Diskriminierung: Exportprodukte müssten weiterhin nach den strengen Schweizer Vorschriften entsprechen. Die ausländische Konkurrenz wäre davon befreit.

Schaltet man das Gehirn auf die Stufe «XM» (xsunder Menschenverstand), so kommt man zum Schluss, dass eine unilaterale Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips mehr Nach- als Vorteile bringt. Daher: Liberalisierung ja, einseitige Liberalisierung nein! Und: die Dominanz über die eigene Gesetzgebung darf nicht aus der Hand gegeben werden! Unsere Wirtschaft soll von den Behörden erwarten können, dass sie für gute Rahmenbedingen sorgt. Dabei müssen ökonomische, ökologische, soziale und gesellschaftliche Aspekte berücksichtigt werden. Mit dem Abbau oder der Vereinfachung bestehender Vorschriften und grosser Zurückhaltung vor neuen, wäre im Sinne der eingangs erwähnten Zielsetzung bereits viel getan und vorallem die Gleichbehandlung mit ausländischen Konkurrenten wäre gewährleistet.


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