Homo Flugplaciensis

Der Homo flugplaciensis (frei nach Max Merdeis)

Der eigentliche Autor ist nicht auszumachen, da andere, ähnliche Beschreibungen vorliegen.

Der homo flugplaciensis: – ist eine durch Mutation entstandene Untergattung des homo sapiens (ordinärer Herdenmensch, 20.Jahrhundert). Er bevorzugt als Lebensraum weite, baumfreie Ebenen in abgelegenen Gebieten, oft auch im Moorland vorkommend und wird deshalb fälschlicherweise vielfach als Sumpfhuhn bezeichnet. Seine Hauptmerkmale sind möglichst viele Abzeichen, die ihn als Piloteur ausweisen, nocturnale Lebensgewohnheiten und phänomenale Kenntnis der aerodynamischen Gesetze. Ausgewachsene Exemplare werden von Neulingen der Species besonders verehrt und weisen patriarchalische Charakterzüge auf. Die Stammesältesten versehen der Überlieferung zufolge ihre Ämter meist bis nach ihrem psychischen Ableben.
Den homo flugplaciensis findet man im Areo-Club, dessen Sparten, Fliegervereinen und Fliegerorganisationen, die er als Statussymbol braucht. Hier wirkt er emsig nach dem Motto «Alles klar – keiner weiss Bescheid». Er macht sich dadurch als Akrobat der Worte unentbehrlich für den Verein. Es gibt ihn auch als herausragendes Einzel-Individuum. Trotzdem lässt er sich nicht in die Familie der Separatisten (homo jurassensis) einordnen, sondern die Eigenart des Absonderns ist auf besondere Individualität, Originalität und auf den hohen Intelligenzquotienten der einzelnen Exemplare zurückzuführen, die sich in folgende Hauptgruppen einordnen lassen:

Pilotus nullus motoris: – Bevorzugt den motorlosen Flug, weil er bei dieser Flugart einen Fallschirm mitführen kann, ohne dass ihm Ängstlichkeit vorgeworfen wird. Frühaufsteher! Leicht nach oben verdrehte Augen, was oft als Frömmigkeit ausgelegt wird, in Wirklichkeit aber vom ständigen Blick auf die Wolken kommt. Ist hauptsächlich in Berufsgattungen anzutreffen, die ein unbemerktes Abschleichen an schönen Tagen zulassen. Betreibt den Sport übers Weekend jedoch auch offiziell. Betrachtet den Motorflieger als geistig minderbemittelten Montagehelfer, der als Schlepppilot nie lernt, ihn in den richtigen «Schlauch», in die richtige Höhe und billig genug zu schleppen. Weiss alles über Ablösungen, Wellen und Inversionen und die unglaublichen Glücksfälle seiner ihm unterlegenen Konkurrenten. Grosser Erklärer der widerlichen Umstände, die ihn «absaufen» liessen. Träumt vom Besitz einer «Orchidee», die er sich erst leisten kann, wenn er zum Fliegen zu senil ist und schafft sich deshalb schliesslich einen Motorsegler (aeroplanus castratus) an.

Pilotus vulgaris (gewöhnlicher Pilot): – Bevorzugt den motorisch angetriebenen Flug, weil ihm das Fehlen eines Fallschirmes das übermässige Zerknittern des Massanzuges erspart. Spätaufsteher! Leicht introvertierter Blick, was oft als Bescheidenheit oder Meditation ausgelegt wird, in Wirklichkeit jedoch vom Magenbrennen herrührt. Ist oft in Berufsgattungen zu finden, die das steuerliche Abschreibensder Flugauslagen über die Geschäftsbuchhaltung zulassen und welche sich in ganz besonderer Weise für das Anbringen seiner «Luft»-Kenntnisse eignen. Betreibt den Flugsport meist auf Plätzen, die über ein gut geführtes Restaurant verfügen. Betrachtet den Segelflieger als Spinner, der immer zur Unzeit Hilfestellung fürs Montieren verlangt, nie im richtigen «Schlauch» ausklinkt und das beim Montieren versprochene Bier mit schöner Regelmässigkeit vergisst. Weiss alles über VOR, ILS, ROGER und die Gebühren des Luftamtes. Grosser Erklärer von kitzligen Situationen, in die er sich selbst hineinmanövriert hat, um seine fliegerischen Qualitäten unter Beweis zu stellen, und die sich am Stammtisch mit mittleren Lateinkenntnissen ohne weiteres in ein abendfüllendes Drama umschreiben lassen. Ein anderer labert viel und lauttönend über Flugzeugtypen, Motoren, deren Bauart und Wirkungsweise, so dass er damit den Normalpiloten ebenso beeindruckt, wie er ihn in den Grundfesten seiner Kenntnisse zu erschüttern versteht. Eine weitere Art des pilotus vulgaris ist der Experte für Flugunfälle, die er, selbst am Steuer, mit Sicherheit vermieden hätte. Träumt vom Besitz eines vollinstrumentierten IFR- Flugzeuges, das er sich erst leisten kann, wenn er den damit auf jüngere Damen erzielten Eindruck nicht mehr auszuwerten in der Lage ist. Schafft sich deshalb schliesslich einen Motorsegeler (Aeroplanus castratus) und, wenn ihn die «Naturslektion» nicht vorher erreicht, einen grösseren Weinkeller an.

Pilotus montgolfieris: – Bevorzugt den Flug (Entschuldigung: die Fahrt) vermittelst überdimensioniertem Fussball mit eingehängtem Einkaufskorb, der auch zur Mitnahme von Champagnerflaschen gebraucht wird. Meist in der Nähe von Gaswerken niedergelassen. Sonntagssportler! Benötigt zum Aufsteigen Presse, Fernsehen und ein grosses Publikum. Sändelt während der Fahrt, da er nicht rauchen darf. Spezialist für Sprechfunk, redet ununterbrochen, um den übrigen Flugverkehr über seine schöne Aussicht auf dem laufenden zu halten. Verachtet Flight Levels und Airways, indem er sie einfach als Luft behandelt. Landet mit Vorliebe in Baumgärten und in der Nähe von Starkstromleitungen. Navigiert mittels Schiffskompass, Fernrohr und Kapitänsmütze. Träumt vom Besitze eines richtigen, großen Heissluftballons, für den er erst einen Sponsoren findet, wenn er nicht mehr ohne fremde Hilfe in den Korb klettern kann. Aussterbende Gattung; wird demnächst unter Denkmal- oder Artenschutz gestellt (Barspenden sind erbeten auf Konto VII – 8199) (Klärung 8199: Achtung es kommt einer, der nicht ganz hundert ist!).

Pilotus restaurantis: – Grösste und bedeutendste Untergattung der Species. Ist in allen Flugplatzbeizen anzutreffen. Verfügt über umfassende Kenntnisse sämtlicher fliegerischen Belange. Kann in jeder Situation um Rat gefragt werden und erteilt diesen meist kostenlos. Verhinderter Flugkapitän. Grosser Erzähler seiner Erlebnisse, die er in immer wieder neugefasster Form spannend an Mann, Frau und Kind zu bringen weiß. Bildet das Rückgrat des lokalen Aero-Clubs und geniesst grosse Verdienste. Nie aussterbende Gattung.

Weiter wäre anzufügen (nach odh):

Pilotus castratis: – Eine Gattung, die früher für das Abholzen ganzer Balsawälder verantwortlich, freilebend auf Hügeln anzutreffen war und zuweilen suchend in Getreidefeldern umherstreifte. Begeisterter Flugmodellbastler, der seine Pilotenlizenz meist bereits in der Kindheit durch den Bau eines so genannten Kleinen UHU, Pro Aero 1 oder Kö II erwarb. Hat nur begrenztes Vertrauen in die Aerodynamik und steuert deshalb sein Flugzeug lieber in gebührendem Respektabstand «fern». Verbringt weitaus mehr Zeit mit dem Bau seiner Modelle, als mit dem eigentlichen Zweck derselben. Nach missglückten Landungen neigt er dazu, die Reste seiner Orchidee anzuzünden. Diese Handlung wird von Nichtsachkundigen häufig fälschlicherweise als Dankopfer gedeutet, weil der kontrollierte Absturz in sicherer Entfernung zum Piloten gelang. (frei nach Flugblatt 3/98 der Flugsportvereinigung Erlangen e.V.).

Pilotus schiziophrenensis (Unterart des Pilotus nullus motoris): – Auf dem Flugplatz, wo er nicht zu den Fähigsten zählt, spielt er die Rolle eines unersetzlichen Managers in einem wichtigen und zukunftsträchtigen Unternehmen (welches den meisten Anwesenden unbekannt ist). Er ist ein gieriger, wichtigtuerischer Angeber.
Im Betrieb, wo er seinem Brotberuf nachgeht, ist er eine graue Maus, die es jedoch hervorragend versteht, sich als erfahrener Flieger in Szene zu setzen. Hier ist er ein gekränkter, gequälter Märtyrer, was er kompensieren muss.
In seinem Aktenköfferchen findet man neben schwülstigen Erotikmagazinen noch den mechanischen «Nav-Plotter», mindestens ein PDA-Navigationssystem auf GPS-Basis und einen Cook-Kompass, um wenigstens Norden sicher bestimmen zu können.
Um den Eindruck seiner Wichtigkeit zu verstärken, kommt er immer etwas zu spät, muss nach dem Flugbetrieb immer etwas früher verschwinden. Dadurch stellt er die Fähigkeit des Delegierens unter Beweis, delegieren durch abschleichen. Seine Freundin hat er so programmiert, dass sie ihm just während des Briefings auf’s Handy, welches wie ein Colt weit herum sichtbar in der «Halfter» steckt, anruft, worauf er sich geheimnisvoll etwas aus der Runde entfernt, damit niemand mitbekommt was für ein nichtssagendes Blabla gerade geführt wird. Er ist die typische Kreuzung zwischen einem Profi und einem Amateur: nämlich der Profiteur.

1/2014: Die Fliegersprache ist eine Fachsprache aus dem Bereich des Flugwesens (WP) und der Luftfahrt. Neben den luftfahrtspezifischen Fachausdrücken gehören zur Fliegersprache auch unter Piloten verwendete scherzhafte Bezeichnungen. Nicht zu verwechseln ist die Fliegersprache mit dem Fliegerlatein (WP). In der Luftfahrt werden viele Fachbegriffe abgekürzt. Diese zählen nicht zur Fliegersprache und können in der Liste der Abkürzungen in der Luftfahrt nachgelesen werden. (Wiktionary) => Fliegersprache

 


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