Was nützen viele Talente, wenn sie brach liegen? Nicht alle haben gleich viel «Grütz» mit bekommen. Und nicht jeder wendet das, was verfügbar ist, optimal an.
Meist steckt mehr Potenzial drin, als vermutet wird. Eigene Beobachtungen bestätigen dies mir. Zeigte ich Interesse an den Lernenden und an ihren Sorgen und Ängsten, wurden andere Leistungen erzielt, als wenn ich «Fabrikbetrieb» (vom «sibni bis um zwölfi» und vom «eis bis um sächsi») einschaltete und mich nur auf die Vorgaben und Zielerreichung konzentrierte. Anstatt nur zu «selektieren», versuchte ich stets auch Qualifikationen aufzubauen.
Betrachten wir zwei Beispiele:
Beispiel X: weiblich, Alter knapp 50, kein Beruf, nicht verheiratet, ohne Sorgerecht für 2 Kinder, hält sich mit Gelegenheitsjobs über «Wasser», lebt quasi am Existenzminimum, bemüht sich aber dauernd und erfolgreich um Arbeit. Leider findet sie in ihrem Alter nicht mehr das Gewünschte…!
Leitmotiv: Ist aktiv, unternehmend. Strengt sich an, damit die Absicht Erfolg hat. Konzentriert sich und vertieft sich gründlich hinein. Ist kollegial wohlwollend.
Arbeitsweise und Arbeitssituation: Verbirgt zurzeit die eigenen Ansprüche. **
Kollegiale Kommunikatio: Ist mit erwartungsvoller Begeisterung und aufgeschlossener Engagiertheit für neue Begegnungen offen.
Innere Haltung: Wahrt sich die innere Ruhe durch konzessionslose Ablehnung von Unerwünschtem.
Kontakt und Perspektive: Nimmt aufgeschlossen und mit warmherzigem Interesse an den Mitmenschen und der Umwelt teil. Kann die Gegenwart sinnenfreudig genießen. +++
Beispiel Y: weiblich, Alter über 40, Abitur, Ausbildung zur Pflegefachfrau, Zusatzausbildung an der Hochschule in Psychologie mit Lizenziat, Familienfrau, 2 Kinder, erbringt das Haupteinkommen für die Familie zum grossen Teil im Ausland. Der Mann ohne feste Arbeit, tut sich im Haus nützlich, macht Renovationen und reparaturen selber und verdient dadurch indirekt und er hat einen kleinen Nebenerwerb.
Leitmotiv: Bedürfnis, sich ohne Spannungen mit anderen zu vertragen und behaglich zu harmonieren. Leicht ansprechbare Empfindungen. Legt Wert auf eindeutige Klarheit.
Arbeitsweise und Arbeitssituation: Dirigiert den Einfluss, um Erfolg zu erzielen.
Kollegiale Kommunikatio: Will sich gegen aufreibende Auseinandersetzungen abschirmen und sich von solchen Beziehungen distanzieren. Befasst sich gerne mit theoretischen Überlegungen und Ideen, um sich keinen belastenden Konflikten auszusetzen. *
Innere Haltung: Belastungen oder Stress erschweren zurzeit eine innere Zufriedenheit.
Kontakt und Perspektive: Macht kritische Vorbehalte gegenüber der künftigen Entwicklung. Beobachtete sie distanziert und prüfend. Ist leicht verletzbar und empfindlich. Wegen der Verteidigungshaltung besteht zurzeit keine Aussicht, dass sich die Situation entspannt. **
Diskussion:
Auf den ersten Blick fällt das stärkere Potenzial von X gegenüber Y auf. Y hat aber aus sich deutlich mehr herausgeholt. Allerdings müsste man noch etwas mehr wissen:
X lebt in der Schweiz, Y lebt auch in der Schweiz, kommt aus einem Land, wo es kein soziales Auffangnetz gibt. Jeder, der irgendwie kann, arbeitet, oft gar in zwei Jobs gleichzeitig. Einmal voll, zusätzlich Teilzeit bis 50%! Wer nicht arbeitet, geht unter!
X wurde von klein auf eingebläut, eine «Niete» zu sein…. Aufgrund der Gesamtsituation wurde X Jahre lang therapiert. Als sie erfur, welches Potenziel ungenutzt in ihr steckt, zog sie sich von der Therapie zurück – nicht zu ihrem Nachteil! Der psychische Zustand hat sich keineswegs verschlechtert!
Das Wissen bzw. das Wahrnehmen um das eigene Potenzial ist wertvoll, bringt aber den Erfolg noch nicht. Die Erkenntnisse müssen schliesslich umgesetzt werden, was entsprechende Motivation, einen starken Willen und entsprechende Ausdauer verlangt. Wer am Kämpfen ist und gleichzeitig auf einen unfreundlichen Arbeitsmarkt stösst, hatt es doppelt schwierig!
Eine gängige Praxis (Quelle):
Eignungsdiagnostik (oder Personaldiagnostik) ist ein Sammelbegriff für Verfahren zur Messung von Kompetenzen und Verhaltenstendenzen mit Berufsbezug. Eine exakte Begriffsbestimmung gibt es nicht!
Mittels biografischem Ansatz kann es gelingen, bereits etwas «ältere Semester» auf einen neuen Pfad zu bringen.
«(…) Hier soll anhand von früherem Verhalten eine Voraussage über das zukünftige Verhalten getroffen werden. Wer schon in der Vergangenheit bewiesen hat, dass er zum Beispiel problemlösungsorientiert arbeiten kann, wird auch zukünftig so vorgehen. Die Genauigkeit der Vorhersage eines Kriterienwerts (Verhalten, Leistung, Zufriedenheit) aufgrund eines Prädiktors (vergangenes Verhalten) wird mit der kriterienbezogene Validität ermittelt. )»
Aus den vergangenen Tätigkeiten wird versucht, Stärken und Schwächen zu analysieren. Die Erkenntnisse können die künftige Planung der beruflichen Laufbahn positiv beeinflussen.
Beim Simulationsansatz…
«(…) …werden Situationen, wie sie auch im arbeitstypischen Alltag auftreten können, dazu genutzt um das Verhalten des Bewerbers in eben solchen zu ermitteln. Erfasst werden soll die Leistungsfähigkeit bei konkreten beruflichen Herausforderungen. Die gestellten Anforderungen haben einen direkten Bezug zu arbeitsrelevanten beruflichen Aufgaben. Bekannte Beispiele sind Gruppendiskussionen, Postkorb-Übungen und auch Arbeitsproben. Beim Simulationsansatz spielt die Inhaltsvalidität eine große Rolle. Sie hat zu ermitteln inwieweit Elemente der Beruftätigkeit durch die gestellte Aufgabe repräsentiert werden.
Beim Eigenschaftsansatz…
«(…) …mittels psychologischer Testverfahren werden Fähigkeiten und andere Eigenschaften ermittelt. Die dahinter stehende Validierungslogik ist hier die Konstruktvalidität, welche die psychologische Bedeutung des gemessenen Merkmals bestimmt und Kriterium für einen gelungen Test ist. Beispiele für Methoden der Eigenschaftserfassung sind der Intelligenztest und der Persönlichkeitstest.
Kritik
Bestandteil der Eignungsdiagnostik ist die Deutsche Industrienorm 33430: „Anforderungen an Verfahren und deren Einsatz bei berufsbezogenen Eignungsbeurteilungen“. Das klingt sehr offiziell und soll ähnlich wie beim Qualitätsmanagement ( En ISO 9001) Standards setzen. Gleichwohl sind diese Normen nicht verbindlich, sondern lediglich Empfehlungen sind. Das deutsche Institut für Normen ist eine private Organisation, bei der große Firmen, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften vertreten sind. Bei der DIN 33430 waren neben dem Institut für Normen, auch die Deutsche Gesellschaft für Psychologie (privates Beratungsunternehmen) und der Berufsverband Deutscher Psychologen beteiligt. Hier werden handfeste Interessen vertreten. Auch hier muss die Wissenschaft mit ihren Erkenntnissen herhalten. Wer sich eine Urkunde über seine „neue Kompetenz“ ins Büro hängen will, muss innerhalb von sechs Monaten eine Fortbildung von insgesamt zehn Tagen mit Lizenzprüfung absolvieren, gegen Bares versteht sich. Ein Segen, dass diese Norm – ein bürokratisches Monstrum – bisher wenig verbreitet ist; der Prozentsatz ist einstellig.Am Beispiel Interview kann man die Schwächen der Diagnostik gut aufzeigen. Wissenschaftler, die mit eignungsdiagnostischen Verfahren den Berufserfolg voraussagen, erzeugen die Illusion der Gewissheit. Mit wissenschaftlichen Methoden wollen sie den Eindruck vermitteln, dass es möglich ist, durch Messung von Kompetenzen und Persönlichkeitsmerkmalen, mit Stichproben, Skalen und Koeffizienten „sichere Prognosen“ abzugeben, wie die Diagnostiker das nennen. Mit den Messergebnissen gaukeln sie eine Sicherheit vor, die es nicht geben kann, weil der Berufserfolg von Dingen abhängt, die nicht messbar und noch weniger vorhersehbar sind.
Wenn man die Wissenschaft beim „Vermessen der Persönlichkeit“ bemüht, dann sollte man auch die Erkenntnisse der Hirn- und Intuitionsforschung nicht außer acht lassen, Einstellungs-Entscheidungen sind nicht nur rational. Jede Entscheidung brauche einen emotionalen Anstoß, so der amerikanische Neurologe Antonio Damasio, weil aus purem Verstand heraus ein Mensch nicht handeln könne. Quelle
Da es wichtig ist, die Eigenschaften schon früh zu kennen, müssten auch schon früh entsprechende Tests gemacht werden. Mit dem Farbtest können Kinder bereits ab etwa dem dritten Jahr uverlässig beurteilt werden. Es kann nützlich sin, die Stärken und Schwächen schon früh zu kennen.
Sehen wir uns die Auswertung einer 17-jährigen an: Sie ist Schülerin am Gymnasium, kennt die mögliche Berufsrichtung noch nicht. Sieht sich jedoch in einemkunstgewerblichen Beruf. Sie nutzt die Freizeit fürs Fotografieren, geniesst das Studentenleben, ist verwöhnt, lebt noch in den Wolken. Erkennt den Ernst des Lebens noch nicht. Die Eltern sind finanziell nicht auf Rosen gebettet, haben jedoch stabile Verhältnisse. Sie tun aber alles für ihr Schätzchen…
Leitmotiv : Beschwingte Bereitschaft zu kommunizieren und zu harmonieren. Meidet jedoch Auseinandersetzungen.
Kollegiale Kommunikation: Will sich gegen aufreibende Auseinandersetzungen abschirmen und sich von solchen Beziehungen distanzieren. Befasst sich gerne mit theoretischen Überlegungen und Ideen, um sich keinen belastenden Konflikten auszusetzen. *
Innere Haltung: Besitzt eine lebhafte ästhetische Empfindsamkeit.
Kontakt und Perspektive: Möchte einen erleichternden Ausweg aus der gegenwärtig zwiespältigen Situation finden. *
Charakteristik des Willens und der Genussfähigkeit. «Was ich für mich selber will.»
Möchte sich selbst im Grunde eigentlich gehen lassen können und für alle Sinnesempfindungen offen sein und sich ihnen hingeben können, statt sich die eigenen Wünsche und Ansprüche selber erkämpfen zu müssen. Würde Auseinandersetzungen lieber ausweichen, als sich konfrontieren und verteidigen zu müssen. Würde sich am liebsten von einengenden Verpflichtungen befreien und sich zu nichts zwingen müssen. Möchte ungelöste, persönliche Probleme zurzeit beiseite schieben. Meint, dass etwas Anderes, Neues, was nicht vorbelastet ist, die einfachste Lösung wäre.
Um sich selbst ausgewogen und sinnvoll zu steuern, ist es wichtig, die Umstände realistisch zu beurteilen und sich anzustrengen, um sich zu behaupten und die eigene Situation erfolgreich zu bewältigen. **
Charakteristik der Aktivität, des Antriebes und der Reaktion auf Herausforderungen. «Wie ich auf Anforderungen reagiere.»
Fühlt sich ständig gefordert und herausgefordert. Will mit starkem Einsatz den Anforderungen gewachsen sein. Will Schwierigkeiten oder Widerstände, die der Absicht im Wege stehen, meistern. Versucht, die eigene Ungeduld zu beherrschen, um heikle Situationen unter Kontrolle zu haben. Möchte den Ausbruch von Konflikten oder deren Ausweitung und unliebsame Konsequenzen vermeiden. ++
Was wäre zu tun? Zu aller erst auf das relativ ausgeglichen Profil hingewiesen und auch, dass damit allerhand möglich ist. Es gilt, das vorhandene Potenzial zu aktivieren!
Wir werden u.a. darüber reden, dass man sich mit guten Argumenten wehren soll, anstatt zu kneifen, dass der Weg des geringsten Widerstandes der falsche ist, dass Stärken gestärkt werden sollen, dass die Perspektiven zu analysieren sind und der Weg bestimmt werden soll, dabei aber auch ein Alternate (Ausweichmöglichkeit) vorgesehen werden soll, Auch, dass nur Disziplin, harte Arbeit, Zielstrebigkeit, Fleiss und Beharrlichkeit weiter führen und, dass man immer etwas mehr tun soll, als die anderen. Auch soll man sich nicht stören, dass im Diagramm kein überdurchschnittlich langer Balken vorkommt. Das Gesamtprofil ist viel versprechend. Von selbst kommt nichts. Wir werden über die Kardinaltugenden sprechen und vor allem, sich an den Gedanken zu gewöhnen, Verantwortung für sich selber zu übernehmen. Am Schluss werden wir Die Vision(en) entillusionieren, über Ziele und den möglichen Wegen dazu, sowie über die erforderlichen Mittel reden. Dann wird es eine Zielvereinbarung mit sich selber geben, die gemeinsam erarbeitet und in gewissen Abständen überprüft wird. Falls erforderlich, kann am Kurs geändert werden, was in die Vereinbarung einfliesst. Die Kandidatin wird sich nach der Methode der Selbstkritik bezüglich Entwicklungsfortschritt auseinandersetzen und selber versuchen, Gründe für «Kursabweichungen» zu erkennen, um die nötigen Korrekturen zu erkennen und einzuleiten. Dann reden wir darüber, ob der Weg zur küntlerischen Fotografin eine Basis für die Zukunft ist, wie dieser zu gehen sein wird und ob es vielleicht doch besser ist, einen «Brotberuf» zu erlernen um sich sein Leben und sein Hobby finanzieren und sich Wünsche erfüllen zu können…
Die hier angewandte Methode zur feststellung des IST-Zustandes, misst den psychischen und vegetativen Zustand in seiner Differziertheit und macht ihn sichtbar. Sie misst die emotionalen Empfindungen unmittelbar mit Farbempfindungen. Sie überspringt die verbale und die intellektuell rationalisierende Ebene. Es werden auch jene unbewussten Bereiche, die den verbalen Befragungen nicht zugäglich sind, erfasst. Weil kein Gespräch stattfinden muss, fallen die verbalen Missverständnisse weg. Subjektive Interpretationen und angelernte Deutungsmuster werden ausgeschaltet. Die Methode ist in der Anwendung effizient und über lange Jahre erprobt. Für die weitere Begleitung ist sie eine hervorragende Grundlage. Interessiert? => Lüscher, Personalbeurteilung
Um besser auf die Person eingehen zu können, wurde auch die persönliche Testdiagnose ausgewertet (beide Auswertungen sind mit der gleichen Testaufnahme möglich!). Sie beurteilt den emotionalen Zustand und das psychisch-somatische Verhalten.
Ich bin davon überzeugt, dass sich sowohl die betroffene Person, wie auch die Eltern mit dem Ernst der Situation vermehrt auseinandersetzen. Dies kam bisher zu kurz. Wo die Hebel angestzt werden müssen, schält sich nun heraus, die Umsetzung hängt neben der Motivation auch vom Umfeld ab. Der eingeschlagene Weg hat bereits bewirkt, dass die Themen Beruf, Zukunft, wirtschaftliches Umfeld, Wunschdenken und Realität stärker beachtet werden.
Die «Denk-Hierarchie» zur «Problemlösung in der Übersicht
Vision (Wünsche)
Ziele und Alternativen
Mögliche Wege die zu den Zielen führen (Strategien)
Mittel (schulische Grundlagen, persönliche Voraussetzungen, finanzielle Aspekte (wer bezahlt wieviel, Sitpendien, Eigenleistung…), Ausbildungsstätte (am Wohnort/auswärts)
Weitere Erfordernisse (Lernstrategien, Ausgleichssport, Praktika, Fremdsprachen, Informatikgrundlagen, Spezialkenntnisse, Literatur…)
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