Moswey

Vom «Moswey» hörte ich erstmals, als zwei Kollegen das Segelflugzeug Moswey III, HB-374, auf den Flugplatz brachten. Kurze Zeit später war ich als Initiant Teilhaber des Moswey II a, HB-309, einem Unikat. Dieses wurde von den Gebrüder Scherler in Biel (zwischen 1937 und 1939) gebaut.  Die Moswey-Flugzeuge erfreuten sich besonderer Eleganz. Dies gilt heute noch. Der Moswey IIa war ein fliegerischer Leckerbissen. Kaum in Bewegung, „griff“ die Luft!

Das Variometer, Stauscheibe, 55mm-Norm von Haenni Jegensdorf, war etwas vom Besten, was man haben konnte! Selbst Housi National: Hans Nietlispach schwärmet davon. Es musste so sein! Als Attila Ziermann den Moswey im Birfeld über den Sommer eingestellt hatte, wurde ihm diese Vario aus dem Moswey heraus geklaut!

Moswey II a, HB 309, hier Ernst Zgraggen am Steuer in Samaden 1961 Foto: © Herbert Odermatt

Dies deutet auf hervorragende Langsamflugeigenschaften hin. Das Seitensteuer, wegen des kurzen Rumpfes wenig wirksam, diente wirklich nur dazu, das Schieben zu verhindern. Das Höhenruder wirkte markant und das Querruder wirkte extrem sensibel. Die differenziert angesteuerten Ruder machten nach unten eine sehr kleinen Ausschlag, nach oben dafür umso einen grösseren. So wirkten die Querruder, stark ausgeschlagen, wie Spoiler auf der Kreisinnenseite. Das negative Wendemoment war praktisch kompensiert! Damit war HB-309 äusserst wendig. Die eh schon guten Steigeigenschaften wurden so noch verstärkt. Der Sitz war bequem und die Anordnung der Flügel gaben ein Gefühl, als würden diese direkt aus dem Jochbein über die Schulter hinaus strecken. Bei der Übernahme betrug das Leergewicht 158 kg! Das Höhenruder wird anstelle von Kabeln mit einer Steuerstange angelenkt. Sie geht durch den Kiel. Die  Spannweite beträgt  15,6 Meter. Die Länge des Rumpfes beträgt 6,2 Meter. Das beste Gleiten liegt bei 28. Das max. Abfluggewicht beträgt 235 kg. Das Flugzeug war beliebt und es wurden Leistungen damit erflogen.

Unser «Mösel», HB-309, hatte bei Übernahme von der SG Solothurn neben der Bug, eine versetzte Bugklinke. Letztere wollte ich ersetzen. Ich habe die Schwerpunkt- Klinke zeichnerisch platziert und die Halterung dimensioniert. August Hug zeigte mir, wo der 45°-Winkel anzusetzen war. Den Support durfte ich festigkeitsmässig als Lehrling rechnen und August überprüfte meine Künste! Eingebaut hat die Klinke schliesslich Sägi, weil ein Schlaumeier (T.M.) in Samaden den Mösel nach einem nicht beherrschten Start per  Montag – Di – Mi – Do derart hart gelandet hat, dass das Rumpfboot zerstört war!
Mit der versetzten Bugklinke  erreichten wir an der Winde in Buochs 180 M ü. GND! Und in Samaden kamen wir weg, weil man mit dem Mösel nahe und langsam am Hang operieren konnte. Mit der Schwerpunktklinke waren dann solche Probleme gelöst!
Stabilomontage. Das Anbringen von 4 Fokkernadeln war eine «Tüftlerarbeit» Ich ersetzte die  Originalschrauben durch eine Neuanfertigung mit verlängertem Schaft. So verschwanden die Fokkernadeln wie im Butter…!

Der Mösel ist das einzige Flugzeug mit dem ich keine Vrille probierte! Man konnte damit so langsam fliegen (um 40 km/h!), dass es in der Kabine still wie in einer Bergkapelle wurde! Ich kam auch nie in schwierige Situationen, was man vom S-22 (17m) nicht sagen konnte. Der träge Trog sprach einst sehr lange nicht

S-22 Hero, Foto: Archiv SG Lenzburg

auf die Ruder an, als ich gegen einen Berg flog (nicht gerade rechtwinklig, aber wäre da nichts passiert, die Ruder betreffend, gute Nacht! Das S-22, vrillte

 sehr gemächlich, nur der Spyr Va war noch langsamer! Beide konnten gut retabliert werden!

Der erste 300-km-Flug der Segelfluggruppe Lägern erflog sich Herbert Frehner 1956 auf einem Moswey III.

Jolanda Tschudi-Neukom errang ab Sitten im Moswey III eine Überhöhung von über 5000 Metern (Höhenbrillant). Sie flog 1953 mit ihrem Moswey III, HB-374, von Courtelary nach Donauwörth (322 km). Mehr zu Yolantha Tschudi (: http://docplayer.org/22522310-Marc-inaebnit-ist-neuer-praesident-des-sfvs.html – «S.5-8))

Drei Nidwaldner Segelflieger erflogen sich den 50-Km-Flug und das Silber-C innert drei Tagen – 1963 in Samaden namlich: Herbert Odermatt, Albert Camenzind und Edi Korner.

Hans Nietlispach war voll des Lobes über den «Mösu» 2A. Auch das besondere Stauscheibenvariometer der Firma Hänni AG, Jegensdorf wussten ausser ihm noch viele andere zu schätzen.

Moswey IIa Bau, Bild: swiss-composite.ch bzw. Tilgenkamp III

Für 15,6 Meter Spannweite ist der Moswey IIa ein Federgewicht. Heute ist HB-309 in den USA. Jim Stoia, Manning, South Carolina hat es übernommen.

Moswey-IIa-HB-309-am-Oldtimertreffen-Vintage-1983-auf-dem-Farkashegy-Flugplatz-HU-Foto-HV-GC-Archiv.jpg  odh: Alois Bissig baute auf Wunsch von Attila Ziermann ein Rad in die Kufe

Im Vergleich: Moswey II

Moswey II, NZZ 22. Juli 1942
Moswey II, technische Daten, NZZ 22. Juli 1942 Die Daten des Moswey IIa fehlen!
Moswey
Moswey (Mäusebussard)

Ich verlor verlor vorerst keine weitern Gedanken über den Moswey bzw. „Mösel“ oder „Mösu“. Ich nahm an, es handle sich um den Mäusebussard. Wegen einer Unsicherheit ging ich nun der Sache nach. Albmodellbau schreibt:
Der Name Moswey bedeutet im Zürcher Dialekt so viel wie Mausweihe, also dem im Hochdeutsch als Mäusebussard bezeichneten Raubvogel. In der Schweiz sagt man zum Moswey auch gerne «Mösel». Birdlife-zuerich schreibt: Zürcher Mundart – Maaswei, Masshuw, Mäusebussard, Moswei, Muswei. Wilkipedia: Moswey (Zürcher Oberlanddialekt: Mausweihe, Mäusebussard) ist die Bezeichnung für: Moswey Segelflugzeug-Werke, auch: Moswey-Technik, ein ehemaliger Schweizer Segelflugzeug-Hersteller (Gebrüder Georg und Heinrich Müller, Wald ZH).

In der Innerschweiz gehört der Name Moswey nicht zum Sprachschatz. Dafür ist  «Hiènndervogu», «Hiènnerdièb» oder Hiènndergeyèr geläufig. Kürzlich erzählt mir Paul, bereits den 90-igsten hinter sich: „Nu nid lang isch’s här, wo sich d’Hiènndèrvegu vor um Weytèrflug ubèr um Zopf gsammlèd hènd. Es sind è sefu gsey, dass dè Himmu so dunku worden isch, dass d’Spatzè hend mièsse z Fuèss gaa!“

Ich stellte fest, dass die Mosweye oft mit den Milanen verwechselt werden oder, dass gar nicht unterschieden wird. Schliesslich machte jamand darauf aufmerkasm, die Mausweihe, nach deutscher Bezeichnung  könnte abgeleitet auch Moswey bedeuten .

Um sicherer zu sein wandte ich mich der Vogelwarte Sempach zu: Für Herrn Johann von Hirschheydt, der postwendend auf mein Mail anrief war es klar: Im Zürcher Oberland ist Moswey und Mäusebussard ein und dasselbe. „Mösel“ sei ihm unbekannt. Darauf angesprochen, dass es auch Leute gebe, für die der Milan als Moswey gelte, meinte er, dass es wohl Ungenauigkeiten gebe, doch der Milan käme nicht in Frage. Auch eine Ableitung aus dem Deutschen, welches auf die Mausweihe hindeute habe mit dem Moswey nichts zu tun.

Die beiden Vögel sind gut zu unterscheiden. Die Flügelstreckung  ist beim Mäusebussard geringer (grössere Flügeltiefe) und der Schwanz ist fächerförmig nach aussen gerundet.

Moswey in der Thermik
Moswey in der Thermik

Es gibt auch noch farbliche Unterschiede. Beide Vögel kommen im gleichen Gebiet vor. Ich kann in meiner nächsten Umgebung einmal Bussarde, am nächsten Tag Milane und oft auch beide gleichzeitig beobachten. Bei meinem Nachbar hat sich schon mal ein Bussard an einem jungen Hahn gütlich getan. Dabei musste er das ganze Geschick anwenden, denn das Gehege war nach oben teilweise geschlossen und es hat auch noch kleine Obstbäume die den Flugweg behindern. Doch der „Hüènderdièb“ war erfolgreich.

Der Milan hat eine grössere Flügelstreckung und er hat einen Gabelschwanz.

Die deutsche Widtierstiftung hält fest: Rotmilan, Gabelweihe, Ordnung: Greifvögel (Accipitriformes) → Familie: Habichtartige (Accipitridae) → Unterfamilie: Milane (Accipitrinae) → Gattung: Milane (Milvus) → Art: Rotmilan (Milvus milvus)

Rotmilan
Rotmilan mit dem typischen Gabelschwanz nach innen gerundet – unten: Schwarzmilan

Deutsche Bezeichnungen laut Fabularum Aesopiarum libri quinque : Grimmer, Weihe, graue Mausweihe, Kurweihe, Milan, Hühnergeier, Gänsehabicht, Taubenfalk, Schwalbenschwanz, Gabelgeier, Scheerschwänzel, Stossvogel, Stösser

Schwarzmilan
Schwarzmilan

– fehlt nur noch „Gabelschwanzteufel“.  Diese Bezeichnung galt im zweiten Weltkrieg für die Lockheed P 38, Lightning («Fork-Tailed Devil», der Gabelschwanz-Teufel ). Antoine de Saint Exupéry flog mit einem solchen in den Tod.

In der Schweiz waren DH 100 Vampire, DH115 Vampire Trainer und DH 112 Venom die Gabelschwänzler.

DH 115 Vampire Trainer und DH 100 Vampire (li)
DH 115 Vampire Trainer und DH 100 Vampire (li) – Foto: Herbert Odermatt
De Haviland DH-112 Venom, Foto: Luftwaffe
De Haviland DH-112 Venom, Foto: Luftwaffe

Der Traum zu fliegen wie ein Vogel muss wohl so alt wie die Menschheit sein. Die Sage von Dädalus und Ikarus mögen ein Hinweis sein.

Mit Beobachtung, Erfindergeist und Beharrlichkeit hat es der Mensch beinahe geschafft. Der technische, organisatorische und organisatorische Aufwand ist jedoch erheblich.

Wer motorlos durch die Luft gleitet, ist auf Aufwinde angewiesen, wenn der Flug länger dauern oder wenn eine grössere Strecke zurückgelegt werden soll. Wir schwärmten damals von der „Thermikbrille“, die es ermöglichen sollte, Aufwinde zu erkennen. Der Wunsch wurde von niemandem als Befehl verstanden. Ergo mussten wir nehmen, was da war. An bewaldeten Hängen etwa sind die Hangwinde sichtbar, wenn sich die Unterseite der Blätter von Laubbäumen zeigen. Fahnen, Wäsche und Windsäcke sind weitere Hilfsmittel. Bei Trockenthermik (Konvektion ohne Wolkenbildung) bilden sich Dunstansammlungen. Sie sind Zeichen für Aufwindzonen. Entstehen kräftige Cumulus oder wie am Jura ganze Wolkenstrassen, ist es klar, wo man sich aufhalten soll. Manch einer hat sich vor dem Absaufen gerettet, wenn er Ausschau auf kreisende Mosweys (Milane) hielt. Sie sind sichere Aufwind- und Thermikanzeiger!

„Muesch ai immer uf d’Chraije luègè“ riet mir ein alter Fluglehrer. Alles Fliegende, grösser als eine Amsel und kleiner als ein Adler waren für ihn „Chräije“ (Krähen). Dabei sind die Krähen doch meist die Spielverderber der Milane und Bussarde, besonders zu unterst in einem „Schlauch“ (Thermikblase).

Der selige Fritz Wanzenried, er war in der Segelfliegerszene vielseitig bekannt und stand oft nicht zu Unrecht in der Kritik, sagte einmal bei einem Bier: „Den Jura glaubte ich in allen seinen Facetten zu kennen, aber ich musste feststellen, dass ich nicht ausgelernt hatte. Ich war am Absaufen, derweil meine Kollegen in etwas besserer Lage waren. Aber dann entdeckte ich einen „Mösu“, bald waren es mehrere. Schnurstracks hielt ich auf sie zu und siehe da, nicht weit über den Tannenwipfeln drehte ich in deren Aufwind ein. Es war die Erlösung des Tages. Anstatt bei den Kühen zu landen, erreichte ich das Ziel und erst noch mit einer sehr guten Rangierung. Den Kollegen, die vorher noch in besserer Position waren erging es durchzogen. Neben Absaufern gab es auch späte Ankünfte.

Die Segelflieger brauchen ein umfangreiches Instrumentarium, um sich in der Luft richtig zu bewegen. So z.B. Variometer, welche die Steiggeschwindigkeit oder allenfalls das Sinken in m/sec anzeigen. Ein Variometer ist vom Prinzip her ein Höhenmesser mit einem Loch. Ohne Loch wird beim Steigen oder Sinken die Druckdifferenz auf eine Skala mit Höhenangabe umgewandelt. Mit Loch (Kapilare) wird dann der Durchfluss bei Druckdifferenz gemessen.

Dosenvariometer
Dosenvariometer, Prinzip
Stauschebenvariometer (Winter)
Stauschebenvariometer (Winter)

Die feinmechanischen Instrumente haben längst Konkurrenz aus der Electronic erhalten. Längst interessiert nur die Vertikalgeschwindigkeit. Bordcomputer errechnen die optimale Sprunggeschwindigkeit oder die minimale Höhe für einen Endanflug. Immerhin, die mechanischen Instrumente fallen keinem Stromausfall zum Opfer.

Ein Höhenmesser gehört zur Pflichtausrüstung.

Höhenmesser Prinzip
Höhenmesser Prinzip Q

Heute tragen viel Menschen einen GPS-Höhenmesser in seinem Handy oder in der Armbanduhr mit sich.

Grössere Flugzeuge sind mit Radarhöhenmessern (Wiki)  ausgerüstet. Sie arbeiten speziell in geringen Höhen präzise. Alle diese Instrumente haben ihre Fehlerquellen (Luftdruck, Hysteresys, Empfindlichkeit von Antennen).
Um Zusammenstösse zu vermeiden ist heute ein FLARM, ein Kollisionsvermeidungssystem, vorgeschrieben.

Es darf auch ein Kompass nicht fehlen!

Kompass
Kompass

Das an sich einfache Gerät ist eines der kompliziertesten! Wegen der Inklination muss das System mit einem Gegengewicht ausgerichtet sein. Dieses erzeugt unbeliebte Schwungkräfte die beim Aufrichten aus einer Kurve zu beachten sind. Da sich der magnetische Nordpol um den geografischen bewegt, muss bei der Navigation grosser Distanzen die Variation berücksichtigt werden und dann sind noch Deviationen infolge metallhaltiger Gegenstände (Stahlrohrrumpf, Motorteile etc. zu berücksichtigen. Bei Auf- und Abbewegunegn kommen zusätzliche Momente ins Spiel.

Der Wendekoordinator ist ein Kreiselinstrument und wird normalerweise elektrisch angetrieben. Er besteht eigentlich aus zwei Instrumenten. Der Teil mit dem Kreisel zeigt die Drehgeschwindigkeit des Luftfahrzeugs an, d.h. die Geschwindigkeit, mit der das Luftfahrzeug seine Richtung ändert. Der andere Teil, das sogenannte «Inklinometer» oder auch «Slip/Skid-Anzeiger», ist ein Glasröhrchen mit einer Kugel, das als Neigungsmesser dient. Hierdurch ist eine Beurteilung möglich, wie sauber eine Kurve geflogen wird, d.h. wie gut der Kurvenflug «koordiniert» ist.
Der Wendekoordinator kommt im Segelflugzeug eigentlich nicht zum Einsatz (außer z.B. beim Wolkenflug). Er ist hauptsächlich in modernen Leichtflugzeugen und Motorseglern vorzufinden. Ältere Luftfahrzeuge sind häufig noch mit einem ähnlichen Instrument ausgestattet, dem sogenannten «Wendezeiger». Der Wendezeiger liefert dieselben Informationen wie der Wendekoordinator, wenn auch in einer anderen Darstellungsform: Hier wird die Drehgeschwindigkeit nicht über das Flugzeugsymbol, sondern in «Pinselbreiten» angezeigt.

Das berühmte Chügeli, welches beim Fliegen immer in der Mitte sein soll, wurde in meiner Fliegerausbildung (Bücker Jungmann) Anlass zu einer Diskussion.

Wendekoordinator
Wendekoordinator
Wendezeiger
Wendezeiger
Ein Wollfaden zeigt die Luftsrömung an
Ein Wollfaden zeigt die Luftsrömung an

Mein Fluglehrer war davon so überzeugt, dass er es sogar in der Glissade in der Mitte haben wollte, bis ich insistierte. Nach dem nächsten gemeinsamen Flug, war die Welt wieder in Ordnung. Er unterlag der „Doktrin“, dass gekreuzte Steuer verboten seien. Ich hatte in meinem Segelflugzeug zusätzlich eine Wasserwaage montiert. Da diese indifferent ist, forderte sie das Letzte bezüglich „richtig im Lot“ (Scheinlot) zu sein.   Das beste ist meist nicht teuer. Ein Faden über der Plexiglashaube zeigt den Strömungsfluss der Luft an. Liegt der Faden jedoch direkt auf der Oberfläche auf, ist dieser unbrauchbar, weil der Abfluss an der Grenzschicht nicht unbedingt mit der eigentlichen Strömung übereinstimmt.

Fahrtmesser
Fahrtmesser (Winter)

 

 

Da das Flugzeug bestimmte Festigkeit auf weisen muss, ist ein Fahrtmesser erforderlich. Für Kunstflug zusätzlich noch eine G-Messer.

 

Nun, das sind erst die Instrumente, die in ein technisch hochstehendes Produkt, ein Segelflugzeug gehören . Hier eines der Superlative:

ASH 30 Mi Foto Schleicher
ASH 30 Mi Foto Schleicher, damit wird man sich im Schlauch der Moswey’s und Milane kau  aufhaltem, der Kurvenradius ist irgend wann zu gross! Bild: Alexander Schleicher Flugzeugbau 

Technisch wäre nun die Voraussetzungen erfüllt. Aber bevor der Genuss wahrgenommen werden kann, braucht es neben dem Fliegerischen Können meteorologische Voraussetzungen. Um oben zu bleiben, braucht es Aufwinde.

Aufwinde am Hang oder in Wellen
Aufwinde am Hang oder in Wellen

Aufwinde entstehen auf verschiedene Weise: so z.B. durch Thermikspender wie Thermische Kraftwerke, AKW’s (Gösgen) oder Schlote von Zementfabriken. Als das Hochkamin in Wildegg noch stand und Wärme abgab, konnte man sich dort über Stunden aufhalten, auch wenn es sonst stabil war. Allerdings waren die Abgase deutlich wahrnehmbar… Mit Thermischen Kraftwerken ist es allerdings so eine Sache. Das musste einst ein Segelflieger an den amerikanischen Meisterschaften erfahren. Es waren schwierige Verhältnisse und er dachte sich aus, spezielle Lokalkenntnisse auszunützen. Er setzte zu einem langen Gleitflug an und erreichte schliesslich das ersehnte Stahlwerk. Leider endete der Abstecher mit einem Totalschaden! Was war geschehen? Ausgerechnet an jenem Tag waren die Schmelzöfen wegen Unterhaltsarbeiten abgestellt. Aus der Traum!

Aufwinde in labiler Atmosphäre
Aufwinde in labiler Atmosphäre

Neben den Aufwinden befasse man sich auch mit den Abwinden und den turbulenten Zonen. Das ist besonders an Hängen wichtig um dort in der Leethermik nicht in eine Falle zu geraten. Um sich noch besser auf die Bedingungen einzustellen wurde mittels variabler Flüghelgeometrie versucht, optimale Verhältnisse für das Steigen, Gleiten und den Schnellflug zu schaffen.

Mit Flächenvergrösserung versuchten es u.a. Fritz Mahrer, Delphin I http://aufwind-luftbilder.photoshelter.com/image/I0000RkhDH8PmviU, Delphin 2 (3) und Albert Neukom AN 66 C

Albert Neukom: AN 66 C
Albert Neukom: AN 66 C, die Handschrift des Meisters ist unverkennbar – Foto: Fam. Neukom

AN 66C mit Wölbklappen über die ganze Flügel – Hinterkante. Mit variabler Flügel- Geometrie. . 23 m Spannweite Gleitzahl ca. 1:48 Foto: C Fam. Neukom

Mahrer löste das Problem der Reibung die beim Ausfahren des beweglichen Teils entsteht offenbar elegant. Neukom nahm eine Hydraulikpumpe zu Hilfe.

Bei der Akaflieg Stuttgart wurde das Projekt FS 29 realisiert. Die Spannweite konnte zwischen 13,5 und 19 m verändert werden. Die Flügelfläche veränderte sich zwischen 8,56 – 12,65 m² . Das max. Fluggewicht betrug 450 kg. Bestes Gleiten: 44 bei 98 km/h, min. Sinken: 0,56 m/s bei 81 km/h

Beide Konzepte haben sich nicht durchgesetzt.

Moswey und Milan haben es einfacher. Sie fliegen einfach ab! Alles was nötig ist, haben sie sich im Laufe der Evolution angeeignet. Luft, Wetter, Witterung, Wind und Sturm sind ihre Elemente denen sie sich stets anpassen. So passen sie Flügelform, Spannweite, Flügelfläche, bzw. Flügelstreckung, Flügelprofile und Schwerpunktslage der jeweiligen Flugart an.  Ob Langsam- „Normal“- oder Schnellflug: immer ist die Aerodynamik optimal angepasst. Sie fliegen da, wo Aufwinde zu erwarten sind, entsprechend wählen sie den Standort des Nests. Sie sind hervorragende Gleiter. Sie kreisen bei geringen Aufwinden und ruhen sich dabei aus. Die Position dient neben dem Ruhen als Warte. Abwinde werden gemieden. Die Ökonomie der Kräfte beherrschen sie perfekt. Fluglagen oder Flugzustände bei denen die Flugfähigkeit verloren ginge werden gemieden.

Längst nicht für alle Vögel sind Gleiter. Spatzen z.B. können zwar fliegen aber flach Gleiten und Höhe gleitend gewinnen geht ihnen ab.

Feinde: Habicht, Mensch, Krähen, Kolkrabe, Uhu.  «(…Der Rotmilan kommt zusammen mit dem Mäusebussard signifikant häufiger durch Windkraftanlagen zu Tode als alle anderen heimischen Vogelarten, weil beide kein Meidverhalten gegnenüber solchen Anlagen zeigen…)»

Siehe auch: Respekt dem Adler

René Vetterli – der Fliegerei verschrieben

Renè Vetterli, anlässlich seiner Pensionierung
René Vetterli anlässlich seiner Pensionierung

Kennen lernten wir uns einst im Birrfeld. Es war am 24. 7. 1962. „Rigisuter“, Kari Suter, schleppte mich dort hin. Er stellte den Kontakt zu René her, der mir die Benützung der Meise gestatten sollte.

Flugplatz Birrfeld in den 60-ern

Mein Ziel: der 50 km Flug nach Grenchen für das Silber-C. Es herrschte „grand beau (temps)“. Die Sicht betrug „Russland retour“. Die Luft war so stabil, dass selbst die Moswey’s und die Gabelschwanzteufel zu Fuss ihrer Nahrung nach gingen! René erschrak kaum ob unseren Absichten. Ich war wohl kaum der erste fremde Fötzel mit ähnlichen Absichten. Ungewohnt war vielleicht die Herkunft aus „Urwalden“. Er bot mir das Grunau Baby II an. Ich verstand: Die Aussicht auf Erfolg ist gleich „Null“. Aber mit einem Baby-Flug könnte ich wenigstens einmal das Birrfeld von oben sehen, eine Volte fliegen und eine Ziellandung zeigen…

Moswey IIa «Nadi»; Foto: Attila, «Moritz», Ziermann +

Weil im Portemonaie bald „Leder auf Leder“ herrschte, verzichtete ich auf das Angebot. Im gleichen Jahr, nach dem sich die «Leder/Leder-Situation» normalisiert hatte, erfüllte ich die 50 km schon am 16. 8. 62 mit dem Moswey IIa, HB-309, in Samaden im zweiten Anlauf. Später kam ich oft für Trainingsflüge ins Birrfeld (Piper L4, HB-ONE, Fluglehrer Fritz Villiger). Es war damals die nächst gelegene Möglichkeit, die sich mir anbot. Etwas später war der Piper HB-OEM zum Verkauf ausgeschrieben. Ich interessierte mich dafür, um zu einem Schleppflugzeug für die SG Nidwalden zu kommen. Ich war mit René über Preis und weiteres Vorgehen ziemlich einig, doch da mischte sich unerwartet ein «Trittbrettfahrer» mit. Es ging letztlich ums gleiche Ziel doch diente es mehr seiner Profilierung. Ich zog mich sofort zurück. HB-OEM war für die SGN «Geschichte», nicht wegen René, sondern des Einmischers wegen!

Eisenhower Matrix

Eine nächste Begegnung war im März 1965, als ich an der praktischen Aufnahmeprüfung für Segelfluglehrer im Birrfeld teilnahm. Experte: Kurt Korrodi (Praxis) und Ruedi Hächler (Theorie). Im gleichen Jahr nahm ich an einem denkwürdigen Fluglehrerkurs in Amlikon teil. Leitung: Werner Ledermann und Fritz Bigler vom L+A (Eiddg. Luftamt). In der zweiten Woche erschien René in der Szene. Er stiess als Instruktor zu uns. Nach einem Feierabend und nach dem die Aspiranten bereits eins hinter die Binde gegossen hatten, gab er eine Demonstration ab, wie mit Schuhcrème umzugehen sei… Ausserdem entpuppte er sich als „tief geeicht“ – er konnte was ertragen! Später kam ich ins Birrfeld, um hier Flugschüler der SG Nidwalden am Doppelsteuer auf Ka 7 in den Kunstflug einzuweisen. Auch nahm ich den Linktrainer in Beschlag, der mir René nach einer kurzen Instruktion für alle Zeiten überliess! Grenzenloses Vertrauen! 1974 nutzte ich einen Stellenwechsel um den Sommer als Segelfluglehrer bei der SFB zu verbringen. Seither „amtete“ ich auch regelmässig als „Saisonier“ für die Flugschule im Birrfeld, u.a. auch als FVS-Segelfluglehrer und -kursleiter (FVS; heute Sphair.

FVS Birrfeld 91, Bildmitte Kursleiter Heini Schawalder, vorne rechts Kursleiter Segelflug, H erbie Odermatt, dahinter Werner Tarnutzer und sein Kollege Andreas Flury oben rechts – junge Talente am Beginn einer faszinierenden beruflichen Laufbahn – oder einem ebenso spannenden Alternate!

Am Doppelsteuer flog ich all die Jahre nur einmal mit René auf einem Jahreskontrollflug mit der Super Dimona. Kurzer Drill der sass! Auf Geheiss drehte ich in den Downwind und manipulierte nach «Auftrag». Eindrehen in die Base, Anflug, Ausschweben – «Durchstarten!». Langsam schob ich den Gashebel nach vorne. Es kam nur zögerlich Fahrt auf. Jetzt nur den Bodeneffekt möglichst lange nutzen und erst kurz vor Pistenende langsam abheben… sagte ich mir. «Hast auch noch gute Nerven!» jetzt verstand ich! Nun wussten beide, dass man mit grosser Steigung auch durchstarten kann – eine Frage der Pistenlänge…!

Der Chef, seit längerem Betriebsleiter der FSB, arbeitete effizient. Es schien mir, dass er das Eisenhowerprinzip intus hatte, ob bewusst oder unbewusst!

René Vetterli, Jg. 35, aufgewachsen in Stein a. Rhein, Sohn eines Sattlers, gehörte zu einer Gruppe flugbegeisterter Modellflieger. Sie bauten mehrere Modelle nach, René wagte sich an eine Eigenkonstruktion, die auch erfolgreich den Äther durchschnitt. Die Fliegerei prägte sich auch audiovisuell ein! 1945 ertönten Motorengeräusche von der Gegend der Burg Hohenklingen her. René und andere Jugendliche vom Unterdorf in Stein a. Rhien rasten ins Freie um die Flieger zu sehen. Die waren jedoch feindlich gesinnt, liessen ihre Bomben nieder und schafften grosses Unheil. René fand sich nach der Attake mit Schutt teilweise zugedeckt, konnte aber mit Hilfe seines heran geeilten Vaters aus dem Bombenwall regelrecht «herausgebaggert» werden. Für seinen Bruder Werner, Jg. 39, kam jede Hilfe zu spät und ein Mädchen wurde erst Tage danach tot aufgefunden. Mehr unter: Bombardierung vom 22. Februar 1945 – Stein am Rhein

Das Städtchen Stein a. Rhein mit Schloss Hohenklingen

Der Fliegervirus jedoch hatte sich eingenistet. Eine Gruppe Unentwegter aus Stein a. Rhein begannen auf der Frauenfelder Allmend aktiv zu fliegen, auf Zögling wohlverstanden. Bei der Firma Husch (Huber & Schmid) wurde damals Flugzeugbau auf hohem Niveau betrieben. Die jungen Flieger leisteten dort auch Fronarbeit. Was René mir kürzlich zu erzählen wusste, deckt sich mit der Geschichte der SG Cumulus.

(…) Die Anfänge des Segelfluges im Kanton Thurgau gehen auf das Jahr 1935 zurück. Damals schlossen sich einige Flugbegeisterte zusammen und gründeten die Segelflug-gruppe Bürglen, geflogen wurde am Ottenberg (bei Weinfelden) und auf der Frauenfelder Allmend. Auch während den Kriegsjahren (ab 1939) konnte der Flugbetrieb mit einer selbst konstruierten Holzgas – Seilwinde einigermassen aufrecht erhalten werden. Misswirtschaft, Brüche, fehlender Zusammenhalt zwischen jungen und alten Mitgliedern gipfelten 1943 in einem Antrag zur Auflösung der Gruppe. Zwei junge Mitglieder, Karl Huber und Ernst Schmid widersetzten sich diesem Ansinnen.

Da war einst die Sattlerei Vetterli

In unermüdlicher Aufbauarbeit und grossem Engagement – auch in finanzieller Hinsicht – konnte im Frühling 1945 der Flugbetrieb auf der Frauenfelder Allmend wieder aufgenommen werden. In Anbetracht der schlechten Erinnerungen an die SG Bürglen wurde der Neubeginn unter dem neutralen Namen Segelfluggruppe Cumulus, Stein am Rhein (Wohnort der Gründer) gestartet. …)“

Ein weiteres Ereignis, das einfuhr: Bei Huber u. Schmid (HUSCH) wurde eine hoch moderne Elfe nach den Plänen von Werner Pfenninger in Zusammenarbeit mit Albert Markwalder gebaut. Es handelte sich um HB-516, Spannweite 15,4m, Flügelfläche 11,7 m2, Leergewicht 110 kg (!) Gleitzahl 40:1 bei 75 km/h (aus: dr rhönstei). Es war die erste Elfe mit Pfenninger-Laminarprofil (13.3%) und mit Wölbklappe. Der Flügel war 3-teilig aufgebaut und die Flügelvorderkante war nach hinten gezogen. Alle Merkmale moderner Segelflugzeuge waren bereits vorhanden! Absturz 11.2.48!

(odh: Gleitzahl 40 bei 75 km/h ergibt ein Sinken von 0,51 m/s! Ein hervorragender Wert! Bei späteren Segelflugzeugen wurde das Profil auf 14% Dicke optimiert. Mehr zu den Pfenninger-Elfen entnehme man der Auflistung von Hans Gysi (verwandt mit Werner Pfenninger). Karl Gysi, der Bruder von Hans, war einst einer meiner Flugschüler im Birrfeld. Wir machten die Erfahrung, wie es sich mit einem B-Falken (HB-2010) mit tropfnassem Flügel, verbunden mit einer Vergaservereisung fliegt…wie ein angestelltes Brett, das bei Leistungswegnahme absackt wie ein Stein!

Elfe PM1 in Frauenfeld – was elegant ist muss auch gute Leistungen haben…

Hinterher weiss man es oft besser: Der Absturz dieses eleganten Seglers erfolgte offenbar wegen einer diffizilen Konstruktion des hier angewandten Pendelseitenruders welches unter gewissen Bedingungen zum Flattern angeregt werden konnte. Ein Pendelseitenruder hatte schon die Elfe 1 

Der Pilot Schmid, der seiner Verlobten versprechen musste, das Fliegen zu lassen, setzte sich schliesslich auf Drängen seiner Kameraden hin doch ins Cockpit… Nach mehreren Starts an der Wind passierte es. Das Segelflugzeug montierte ab. Der Pilot kam ums Leben. Werner Pfenninger habe nach dem Unfall noch in der gleichen Nacht die Konstruktion überprüft. Seiner Ansicht nach war das Flattern bei einer speziellen Konfiguration möglich! Mit dem Absturz waren Pläne, das Segelflugzeug bzw. dessen Konstruktionszeichnungen ins Ausland zu verkaufen, zunichte gemacht.

Pfenninger Laminarprofil

Der Segelflieger Fritz Wanzenried erwarb die Elfe MN HB-736 (Flick). Die seiner Ansicht nach blöde Kante „T“ auf der Unterseitevor der Wölbklappe sei doch für die Füchse. Kurzerhand überspachtelte er das „Unding“ und gab der Oberfläche mit viel Aufwand einen perfekten Finish. Damit aber zerstörte er Werner Pfenningers Werk! Gott straft sofort! Fritz musste feststellen, dass das Flugzeug seine Leistungen nicht mehr brachte. Jemand klärte ihn auf. In vielen Flügen fand er schliesslich die geignete Stelle für ein Zackenband als Turbulator…. Nun war er wieder gleich gescheit wie zuvor…

René kam also schon früh mit fortschrittlichen Ideen und Knstruktionen in Kontakt. Man war „dabei“! Beruflich schlug es ihn nach einer Lehre als Feinmechaniker bei der Firma Amsler, Prüfmaschinenbau in Schaffhausen (Industriegebiet Ebnat mit CMC, GF usw.) ins Birrfeld, wo er sich 1958 als Segelfluglehrer bewarb und bei der FSB, (Fliegerschule Birrfeld AG)  angestellt wurde.

FSB, die Crew von einst: Hans Steinmann, Betriebsleiter, René Vetterli, Cheffluglehrer Segelflug, Hans Hochstrasser, Werkstattleiter, Hansueli Bütschi, Allrounder; Foto: René Vetterli

Renés Segelfluglehrerfreund Fredi weiss zu bericheten:

 „(…) 1956 legten wir die Segelfluglehrer Theorie – Eignungsprüfung beim
Luftamt ab, im Bundeshaus – Nord. Am 21. Aug. 1956 war Flugprüfung auf dem Belpmoos auf Kranich II und Grunau Baby II. Wir hatten damals eine Total – Flugerfahrung von um die 60 Stunden. René Vetterli und Fredi Simmler hatten gerade das Mindestalter für Fluglehrer, von 21 Jahren erreicht.

Der Fluglehrerkurs fand vom 10. bis 15. Sept. 1956 auf dem Birrfeld statt. Erstmals wurde die Rhöhnlerche eingesetzt.
Kursleiter : Werner Ledermann (1912 – 1987) Segelfluginspektor L+A (Eid. Luftamt).
Instruktor : Ruedi Lüthi(1920 – 1991), Cheffluglehrer FSB, später Fluglehrer an der Schweiz. Luftverkehrsschule SLS/ Swissair in Hausen am Albis
Teilnehmer:

  • Fritz Bigler (1931), später Segelfluginspektor L+A
  • Werner Christinat (1931), beendete seine fliegerischen Aktivitäten 1974
  • Fredi Simmler (1935), wurde Cheffluglehrer der SG Schaffhausen, Prüfungsexperte und Flugunfall-Untersuchungsleiter BFU/SUST
  • Fritz Strobel (1926 – 1917), langjähriger Fluglehrer bei der SG Olten u. Lenzburg und an der FSB
  • René Vetterli (1935), Cheffluglehrer / Betriebsleiter FSB, Prüfungsexperte L+A

Zum 20 – Jahr Jubiläum trafen sich die Teilnehmer am 11. Sept. 1976 auf dem Birrfeld. Am Sonntag Besuch des NOK Pavillons in Böttstein.

Zum 25 – Jahr Treffen am 31. Okt. 1981 wieder auf dem Birrfeld. Am Sonntag Besuch des Schuhmuseums in Schönenwerd (Fritz Strobel).

Zum 30 – Jahr Treffen wieder auf dem Birrfeld. Am Sonntag Besuch des
Vidonissa – Museum in Brugg. –
Nachher trafen sich die Teilnehmer jedes Jahr auf dem Birrfeld.

Das 40 – Jahr Treffen war auf dem Belpmoos. Der Grund: die SG Bern hatte noch eine Rhönlerche, auf der dann eine Ziellande – Konkurrenz geflogen wurde. – Nachher fanden die Treffen wieder auf dem Birrfeld statt.

Rné Vetterli, Fritz Bigler, ….,Fredi Simmler, Birrfeld 2014

Am 30. Juni 2000 verabschiedete die FSB René Vetterli nach 42 Jahren Einsatz auf dem Birrfeld in die wohlverdiente Pension. René wurde mit einem VW-Käfer nach Buochs gefahren. Der VW-Käfer war sein erstes Auto. Nachher wurde er mit einer PC-7 Mk II ins Birrfeld geflogen (sinnigerweise war der Pilot der einstige Mitarbeiter des Birrfelds, Hansueli Bütschi*), zu jener Zeit Mitglied des Werkpilotenteams der Pilatus Flugzeugwerke AG in Stans). René durfte da mal den Steuerknüppel mit einem «2-Händer» bedienen, was für Segelflieger ungewöhnlich ist! Zum Fest waren waren Vertreter des AeCS, AeC Aargau, FSB, Luftwaffe (FVS) und auch die Teilnehmer des L+A-Segelfluglehrerkurses von 1956 eingeladen. 2017 starb Kollege Fritz Strobel.

Da Fritz Bigler nicht mehr so mobil ist, machten René Vetterli und Fredi Simmler, am 13. Okt. 2017, einen Besuch in Bolligen mit Mittagessen in Bern. Weiterhin bleibt der Kontakt via Telefon oder Mail bestehen. Es gibt vermutlich sonst keine Fluglehrer – Kollegen, die über 60 Jahre lang regelmässig Kontakte pflegen. )“

Der eiserne Kern des Segelfluglehrerkurses von 1956: v. Li: Fredi Simmler, Fritz Bigler, René Vetterli und Fritz Strobel +, anlässlich eines Treffens mit Ziellandungskonkurrenz in Bern Belp. (Foto: René Vetterli)

René war ein Förderer des Segelfluges. Als das Birrfeld grösser wurde und der „Commerz“ Einzug hielt, setzte er sich immer unterstützend dafür ein, dass dem Pionier des Birrfelds, dem Segelflug, stets der nötige Respekt abgekauft wurde.

Ich hatte das Glück, die vier Herren Fluglehrer persönlich kennen zu lernen. René wie schon gesagt, Fritz Strobel wies mich in die Dimona ein, Fredi Simler gegnete ich als Prüfungsexperte unserer angehenden Segelflieger und einmal als Untersuchungsleiter nach einem Flugunfall. Fritz Bigler war Kursleiter und Prüfer an den Weieterbildungskursen für Segelfluglehrer. Sie waren alle vier geradlinig, konsequent, direkt und offen. Nebst gelegentlich erhobenem Zeigfinger waren sie überzeugte Förderer. Und sie waren mit Leib und Seele dabei, dem Segelflug ihr Label aufzudrücken! Sie liefen der „bösen Fee“, der Naturselektion, die dich ab dem ersten Flug stets verfolgt um ihre Fänge um dich zu wickeln, elegant aus dem Weg oder sind ihr geschickt entwischt.

In seiner Funktion als Segelfluglehrer und Betriebsleiter kam René mit aller Gattung „Pilotus“ in Kontakt. Solche, die man lieber vergessen würde und andere, mit denen er ein Leben lang in gutem Einvernehmen verbrachte. Gelauert wurde im Flugdienst nie. Die Zeit musste genutzt werden. So schuf René für sich einen seltsamen Rekord: 100 (einhundert) Starts im Doppelsitzer an einem Tag! Selbst verpflegt wurde fliegend…

Rigi 1956, S-19,HB-225 von Tüllè und S- 16 II,HB-418 von Rigi Suter

Der Bezug zur Gruppe Cumulus blieb stets intakt. So reiste er mit dem S-19, HB-225 von „Tüllè“, Ernst Dünner, auch auf die Rigi.

«Tüllè», Ernst Dünner, hier an einem Oldtimer Treffen in Amlikon

René schrieb dazu: (…) Ich konnte ab der Rigi einen Start mit der HB -225 (Besitzer damals «Tülle» , d.h. Dünner Ernst) starten. Nachdem uns der «Rigisuter» alle 5 oder 10 Rigi-Föhne erklärt hatte, fanden wir um die Rigi herum weder einen der erwähnte Föhne noch sonst einen einen Aufwind. Landungen im Tal, meist am Aegerisee, waren die Regel. Meine Landung mit dem S-19, HB-225, erfolgte in Küssnacht, auf einer Wiese bei der «Holen Gasse» mit Überflug einer Hochspannungsleitung und darnach beim Ausschweben noch unter einer Freileitung hindurch. Mehr Glück als Verstand! Das waren noch Zeiten!)“

Kari Suter und die Föhnarten auf der Rigi, die Foto Markus Inäbnit

René entwickelte sich an der Fliegerschule Birrfeld (FSB) zum Betriebsleiter. Ein Kenner (P.F.) charakterisiert ihn so:

(…) René ist aus dem Status SF-Segelfluglehrer mit der Entwicklung der FSB mit gewachsen. Er brachte Fachwissen und Erfahrung mit und zeigte Führungsqualitäten, was ihm intern, wie extern bzw. in Fachkreisen hohe Anerkennung einbrachte. Er bildete sich zielorientiert weiter, ging Problemen hartnäckig auf den Grund um sie zu meistern. Dank seiner Persönlichkeit und dem Überblick gelang es ihm, Aufgaben speditiv anzugehen und zu erledigen. Er pflegte einen angenehmen, menschlichen und direkten Umgang, der von Offenheit geprägt war. Seinen Mitarbeitenden liess er den nötigen Spielraum ohne die Kontrolle zu vernachlässigen. Er trug Verantwortung und war bereit die Konsequenzen zu tragen!

Der Verwaltungsrat schätzte ihn als Partner. Er vertrat dort seine Anliegen geradlinig und mit Herzblut. Seine klaren Vorstellungen prallten gelegentlich auf anderes Ansinnen. Dies endete jeweils nicht einfach auf einer weichen Tour. Es wurde auch hart gekämpft. Dabei stand die Sache stets im Vordergrund. Waren die Kämpfe ausgetragen, begegnet man sich respektvoll.

Die Zusammenarbeit mit René war angenehm. Man war gegenseitig zu Konzessionen bereit, wenn dies erforderlich war. Bei Differenzen schliesslich wurde stets ein Weg gesucht und meist auch gefunden. Persönlichen Reminiszenzen wurde bewusst aus dem Weg gegangen. Dies gestattete es, hin und wieder ein Fest zu bauen was letztlich zu „geistigen Befreiungen“ führte.)“

Und Hans G. erlebte den Chef so:

Ich habe 1968 im Birrfeld mein Fluglehrer-Praktikum unter Jack Rufli gemacht. Es war ein interessantes Jahr da in diesem Jahr der Rollweg erstellt wurde und der Klubraum im Aufbau war. Das Fluglehrer Büro, das ich mit Jack teilte war sage und schreibe bis zum letzten Sommer noch im Originalzustand. Als ich vor 3 Jahren mein ehemaliges Pult öffnete, fand ich noch die alte Mausefalle in einer Schublade! Nun dient das alte Büro noch als Sitzungszimmer.

Mit René Vetterli hatten wir einen hervorragenden Flugplatzleiter. Er war für alles DER Ansprechpartner. Er war konsequent und scheute sich nicht einzugreifen, wenn es um die Flugsicherheit ging. Er ermahnte selbst erfahrene Piloten gewisse Verfahren einzuhalten und auf irgendwelche «Kunststücklein» zu verzichten, da unerfahrenere Piloten dies natürlich auch praktizieren wollten. (Extreme Kurzanflüge nach dem Schleppseilabwurf, Kavalierstarts etc.) Ich erinnere mich, dass ich einen ehemaligen FVS Absolventen noch zum PPL ausbilden sollte. Dabei wurde vorher ausgemacht, dass die Flugvorbereitungen erstellt sein
müssten. Der Kandidat erschien schon mal eine Stunde zu spät und hatte nichts dabei. Keine Karte, kein Flugbuch, keinen Ausweis; nichts. Ich liess meinem Unmut freien Lauf. Dies hörte Renè natürlich durch das offene Fenster. Er erschien in der Tür, räusperte sich und sagte:»Herr G., schicken sie diesen Jungen Mann wieder nach Hause und vergeuden sie nicht ihre Zeit».

René möchte ich als kompetent, sicherheitsbewusst, sehr hilfsbereiten und zuverlässigen Mitarbeiter beschreiben. Er war mir
immer ein gutes Vorbild.

Sein Beruf erforderte viel Präsenzzeit und unregelmässigen Dienst. Ein Wohnsitz in der Nähe des Arbeitsortes drängte sich auf. So lebte René lange Zeit mit seiner Familie in Lupfig. Heute ist man wieder „zu Hause“, in der alten Heimat, in Stein a. Rhein.

***

*) Die Karriere des Fliegers Hansueli Bütschi

 

Thomas Illés, Flieger „a.D.“ mit viel Ratio

Thomas Illés, 2009 auf Teneriffa, Bild: Herbert Odermatt

Auch ein ehemaliger Nidwaldner Segelflieger!

Ich lernte Thomas bei Attila (Moritz) Ziermann in dessen Ingenieurbüro und in der SG Nidwalden auf dem Flugplatz Buochs näher kennen. Er fiel als scharf denkender und gründlicher Analist auf, der einen schalkhaften Humor pflegte. Als Stift bei den Pilatus Flugzeugwerken fielen mir die Ungarn aus dem technischen Büro schon auf. Es gab auch in der Fertigung einige. Sie waren fleissig und beherrschten ihr Metier. Sie fielen von den Schweizer Kollegen nicht ab! Es gab wegen ihnen auch keine Fremdarbeiterprobleme! Und es entstanden Freundschaften! Thommie, wie wir ihn nannten, fuhr eine Puch 125 (Zweitakter). Der hatte vermutlich nur zwei Stellungen am Gashebel: Leerlauf und Vollgas. Im zweiten Fall mit einer kräftigen blauen Rauchfahne… Als Thommie und ich einst bei Maurer SA in Bern fürs Büro Ziermann tätig waren, begriff ich als Greenhorn schnell, wie es lief. Die Segelflieger-Connection tat ihren Dienst. Sie brachte Aufträge! Bei Maurer gab es ein Segelfliegernest (Paul Keller und Christoph Schmid (+), beide Mitglieder des SG Bern sowie den Kollegen Brennwald von der SG Biel).

«Zulu» – Zoárd Szelestényi, Bild: Hans Nietlispach (+)

Sowohl Thommie wie Moritz waren Mitglieder der SG Bern, die damals einen Teil der ALPAR AG ausmachte, wo Zoárd Szelestényi , genannt «Zulu», unschwer zu erkennen woher er kam, als Cheffluglehrer das Zepter schwenkte – als Knecht von Heiri Pfändler, dem damaligen Alpar-Direktor notabene.

Bei Maurers waren man sich nicht gewohnt, dass es schnelle „Graphitarbeiter“ (Konstrukteure) gab. Sie kamen nicht nach, uns mit genügend Arbeit einzudecken. Schliesslich schlossen wir uns gelegentlich für eine Weile im Büro ein – und machten Siesta! Es war besser im Stundenlohn zu schlafen, als die Auftraggeber mit Bitten um Arbeit zu reizen… Schliesslich aber sahen sie dort ein, dass es besser wäre, wir würden die Arbeiten mit nach Hause nehmen…

«Zulu»

(…) Eine herausragende Persönlichkeit unter den Segelfluglehrern war Zoárd Szelestényi (genannt «Zulu»), ein ungarischer Pilot mit Vergangenheit. In seinem unnachahmlichen Kauderwelsch-Ungarischdeutsch erzählte er uns immer wieder von seiner Tätigkeit im Krieg als Bruch-Testpilot. Er war ein wahres Energiebündel, der seine Korrekturen oft derart laut hinausschrie, dass sie sogar am Startplatz noch zu hören waren. «Halte se de Maschine, halte se de Maschine!» war sein Standard-Ausruf für Querruder-Korrekturen. Als ein Flugschüler nach einem Bedingungsflug bei der Landung zu kurz kam und einen Kartoffelacker streifte, rief Zulu: «Machst du mit der <Rhönlerche> Kartoffelstock?» Trotz seiner Strenge als Fluglehrer war er auch für allerlei «Kalbereien» zu haben. An seinem fünfzigsten Geburtstag, den er während eines Kurses feierte, umkreiste er lachend und Urlaute ausstossend mit seinem Töffli wie ein Verrückter unzählige Male das auf dem Abstellplatz stehende Schleppflugzeug Focke Wulf «Stieglitz». Vor jedem Flugdienst musste Flugbereitschaft erstellt werden, das hiess Seilwinde aufstellen, betriebsbereit machen und das Schulflugzeug vom Hangar an seinen Standort auf dem Segelfluggelände verschieben. Dazu musste die Hartbelagpiste überquert werden. Je nach Flugverkehr ein nicht unbedingt beliebtes Manöver.)“ Quelle: Berner Flughafen Magazin Ausgabe 4/Dezember 2015

Zulu entstammte einer Grafschaft im ungarischen Oberland (in der heutigen Slowakei liegend) und somit war er ein «Edler». Er sei ein gemäss dem Familienwappen «Hundleder» gewesen. Seine Familie übersiedelte 1945/46 nach Ungarn. Die Gründe sind in den damaligen politischen Wirren zu suchen.  Als «Edler» aristokratischer Herkunft hätte er einen schweren Stand gehabt. Doch im ungarischen Aero Club war ein politischer «Apparatschick» tätig, den Zulu aus dem «Oberland» kannte. Dieser, ursprünglich ein Pfeilkreuzler, ein Ultranationalist, Antisemit und Faschist, der im «Oberland Ungarn» vor und während des 2. Weltkrieges sein Unwesen trieb und offenbar an Deportationen beteiligt war, stellte sich als Wendehals heraus. In Ungarn trat er sofort der ungarischen kommunistischen Partei bei und selektionierte fortan die Mitglieder für das Kader und die Mitglieder selbst. Es ging darum, Klassenfeinde (Grossgrundbesitzer, Unternehmer, Aristokraten, Edle…) auszusortieren und Kader auszuwählen. Zulu wusste um die Herkunft und um die Machenschaften des politischen Funktionärs – und schwieg. Das war sein Glück. Der hohe Funktionär wusste, dass er erpressbar war und so arrangierten sich beide.

Zulu kannte das fliegerische Handwerk aus dem ff. Er war in Hármashatárhegy Segelfluglehrer und er sei einer der besten weit und breit gewesen. Eine ethische Frage? Eine  Existenzfrage im damligen Umfeld vor dem Gulaschkommunismus! Jeder rettete seine Haut, so gut er konnte!

Dort bei Moritz trennten sich dann auch unsere Wege. Vor einigen Jahren traf ich ihn mit seiner Gattin Therese auf Teneriffa, wo die beiden auf der Nordseite der Insel, in einem Art Garten Eden, ein eigenes Refugium besitzen und dort leben. Thommie gibt hier auf Wunsch seine Geschichte wieder. Das Wort für ihn ist frei:

Geboren bin ich 1935 in Budapest und dort habe ich auch Segelfliegen gelernt. Unser Flugplatz Farkashegy (Wolfsberg) – gibt es heute noch – war wie eine Oase in der Wüste der Stalin’schen Diktatur.

R-11, Cimbora, Foto: Goldtimer.hu/galeria

1953 begann ich, richtig zu fliegen. Mit 14, also 1949, hatte ich aber auch schon ein kurzes Gastspiel auf Hármashatárhegy und dort durfte ich mal in einer

Cimbora einen    zehnminütigen „Eingewöhnungsflug“ absolvieren. Die Cimbora war 1953 meines Wissens nicht mehr im Einsatz.

Die Segelflugausbildung erfolgte damals von Anfang an mit Ein­sitzern, mit Gummiseil-Start. Erst mal kurze Rutscher am Boden, um die Flügel

horizon­tal halten zu lernen, dann kleine Sprünge von fünf, zehn Sekunden, bis zur A-Prüfung: ein gerader Gleitflug von 30 Sekunden. Dann, nach und nach, etwas höher, erste Kurven… Unser Schulgleiter in Ungarn war die Vöcsök

Der Gleiter Vöcsök war ein damals typisches Anfängergerät. Es wurde von Ernö Rubik 1937 entwickelt (sein Sohn Ernö Rubik hat u.a. den berühmten Rubik-Würfel erfunden!). Es sollte ein einfaches, billiges und gutmütiges Trainingsflugzeug werden, was offenbar gelang. Der Gleiter wurde während dreissig Jahren eingesetzt und es wurden etwa 300 Stück davon gebaut.

R-15 B, Koma

Nach der Gummiseilausbildung lernten wir den Windenstart. Wir hatten einen ziemlich hässlichen tschechischen Doppelsitzer, ich glaube, Pionier (aber nicht so geschrieben), Sitze hintereinander. Mit dem hatten wir auch die Umschulung in Flugzeugschlepp. Ein anderer Standard-Doppelsitzer war die ungarische Koma  (Kumpel – nicht die deutsche Bedeutung dieses Wortes), mit Sitzen nebeneinander. Siehe auch: R-15 B Koma

LF-109 Pionýr

Und wenn wir erst mal einige Stunden mit der Vöcsök gesegelt sind, meistens am Hang, aber auch in Thermik, stiegen wir um auf Pilis. Von der gab es zwei Versionen, mit halb offenem und mit geschlossenem Cockpit.

R-08d Pilis, 1953
B2 Pilis, 1956

 

 

 

R-08 Pilis Leistungsdaten

 

Mit dem flog ich meinen ersten Fünfstünder, die 1000 m und die 50 km (bei mir waren es 57 km). Das  erste Leistungsflugzeug war die Meise. Sie wurde seinerzeit für die Olympiade 1936 in Berlin entwickelt und in vielen Ländern in Lizenz gebaut, so auch in Ungarn. Das beste, was ich Ungarn kurz geflogen bin, war die Június 18.

 

Die Segelfugzeugtypen die ich in der Schweiz flog: Spyr Va, HB 509, S-18 HB-287, Grunau Baby II (Karpf) HB- 403, Mü13, HB-487, mit der Pilatus B4 (ich hoffe, sie hiess so…) habe ich auch mal im Birrfed ein paar Loopings gemacht. In Spreitenbach hatte ich auch die Gelegenheit, den WLM-1 zu fliegen. In Fayence flog ich Ka-6 und Astir, letztere mit festem und auch Einziehfahrwerk.

Was noch zu sagen wäre: Der „alte“ Rubik war in Sportfliegerkreisen eine Legende, er hat die meisten ungarischen Segel- und auch einige Motorflugzeuge konstruiert. Und hatte auch viele Kinder. Bei jeder Geburt wie auch bei jedem Erstflug eines Prototypen starb er fast vor Angst und schwor, wenn es nur gut geht, nie wieder! Er konnte dann aber doch weder das eine, noch das andere sein lassen.

Im ungarischen Luftfahrtgesetz gab es einen blödsinnigen Paragraphen: ältere Flugzeuge (ich weiss nicht mehr, nach wie viel Jahren, 5 oder max. 10?) bekamen nicht nur keine Zulassung mehr, sondern mussten auch vernichtet werden, mit Beil und Säge! Ich weiss auch nicht mehr, ob dies für alle, oder nur für Holzflugzeuge galt. Wir haben auch gespottet, Ungarn ist das reichste Land der Welt, sowas kann sich nicht einmal Amerika leisten! Erst mit dem Aufkommen der Oldtimer-Bewegung wurde dieses unsinnige Gesetz abgeschafft.

1956 passierten einige wichtige Sachen:

Erst mal Diplomprüfung an einer Fachhochschule als Maschineningenieur. 

Erster Streckenflug: Silber-C auf einer Pilis. Quelle*

Silber C, nationale  Nr 256 von Ungarn

Die ungarische Meise – Cinke – flog ich sonst oft.

Mit einer ungarischen Meise auf den Berg steigen…

Da ich im Herbst für drei Jahre ins Militär sollte, hätte ich (wegen gewissen „komischen“ Gesetzen) nur eine Stelle bekommen, die sonst niemand wollte – ich auch nicht. Also verbrachte ich lieber den ganzen Sommer auf unserem Segelflugplatz. Fliegen war gratis – selbst im Ostblock war nicht alles Scheisse – ich, resp. meine grosszügigen Eltern, mussten nur für’s Essen etwas bezahlen. Das holte ich für alle, die jeweils im Fluglager waren, aus einer Werkkantine, mit einem Jeep. Der hatte zwar auf dem Weg von der Normandie bis Budapest so unwichtige Teile wie elektrischen Anlasser und Handbremse verloren, ich fühlte mich damit trotzdem wie ein Fürst – ein Privatauto hatte ja in Ungarn fast niemand.

In Oktober wartete ich schon täglich auf meinen Marschbefehl. Statt dessen kam am 23. die Revolution. Ein paar Tage sah es sogar gut aus – bis unsere „Freunde und Lehrmeister“ aus der Sowjetunion mal zu Besuch kamen und für alle Fälle gleich ein paar Panzerdivisionen mitbrachten.

Die gute Nachricht war: Am „Eisernen Vorhang“ gab es ein paar Wochen lang ein grosses Loch. Also spazierte ich mit fünf anderen von unserer Segelfluggruppe in einer Woche von Budapest nach Österreich, was erst mal zwölf wunde Füsse gab. Bald landeten wir im riesigen Flüchtlingslager Traiskirchen – gibt es immer noch, wenn auch nicht mehr für Ungaren. Da gefiel es uns, vor allem wegen vielen, unserer „lieben“ Landleuten, überhaupt nicht. In einem Nebengebäude gab es Büros von Konsulaten: USA bis auf weiteres geschlossen; Schweden: nur für Familien. Offen waren das Deutsche und das schweizerische. Von der Schweiz wussten wir sehr wenig. In der Schule habe ich gelernt, dass, weil sie gar keine Rohstoffe hat, sich nur Industrien entwickelt haben, die mit mini­malem Materialaufwand hohe Werte schaffen, vor allem Uhrenindustrie. Ausserdem gibt es da Berge mit ewigem Schnee. Wir waren aber weder Uhrmacher, noch Bergführer oder Skilehrer, wovon sollten wir da leben? Deutschland hingegen hat eine weltbe­rühmte Maschinenindustrie, da finden zumindest wir drei Maschineningenieure sicher Arbeit. Zwei von uns sechs wollten aber gar nicht nach Deutschland – der Vater des einen hat ihm Sachen vom Zweiten Weltkrieg erzählt, die ihm gar nicht gefallen haben. „Mensch, Tibi, Weltkrieg, das ist doch schon ewig her!“ „Ja, aber…“ Wir wollten aber zusammen bleiben fern der Heimat, also einigten wir uns auf folgenden Kompromiss: wir melden uns alle für beide Länder an und die wo zuerst fahren, dort gehen wir hin.

Es war also reiner Zufall, dass ich in die Schweiz kam – und erlebte beruflich zwei grosse, angenehme Überraschungen:

Erstens: in diesem kleinen Land ohne Rohstoffe wurden auch einige der grössten Ma­schinen der Welt gebaut: Schiffsdiesel und Dampfkessel von Sulzer, Dampfturbogruppen von BBC, Wasserturbinen von Escher Wyss. Und zweitens: dass unsere theoretische Ausbildung jener der Schweizer ebenbürtig war.

1957 arbeiteten wir in Zürich und dann machten wir eine weitere Entdeckung: in der Schweiz werden sogar Flugzeuge gebaut! Und da werden gerade Ingenieure gesucht! Also bewarben uns wir drei, Ször, Attila (Moricz) und ich beim Pilatus und wurden auch angestellt, für die Berechnungsabteilung. Der Porter wurde gerade entwickelt – und wird heute noch hergestellt, ob dank oder trotz unserer Mitwirkung, sei dahingestellt. Eine Produktionszeit von inzwischen 57 Jahren ist weltrekordträchtig!

Yeti, HB-FAN, Prototyp PC 6 1959, Erstflug am 4. Mai, Pilot: Rolf Böhm , Photo, Pilatus Flugzeugwerke AG

Das obere Bild zeigt den Porter nach dem Erstflug am 4. Mai 1959 (Foto: Pilatus Aircraft). Das zweite Bild dessen Ende im Himalayagebiet 1960 an der Schweizer Dhaulaghiri Expedition => Zu erwähnen ist, dass neben den zwei Piloten auch der Motorenmechaniker Hans Reiser dazu verdammt war, zu Fuss zurück zu marschieren.

«Yeti» nach dem Unfall 1960 – Foto Pionnair-GE

Und auch – Wären sie nicht selbst herunter gekommen, wären sie noch dort oben irgend wo im Eis begraben. Die Expeditionsleitung war kaum in der Lage, eine Rettung der drei zu organisieren. Hans Reiser, Motorenmechaniker,  erzählte es, wie er es erlebte! Und – der Steuerknüppel wurde nachgebaut und in der Kühltruhe gelagert. Die Manchette löste sich nicht, auch nicht bei ungünstigsten Toleranzpaarungen…!

Yeti an der Aero Friedrichshafen, 2016 – Foto: Herbert Odermatt

HB-FAN an der Aero 2016 in Friedrichshafen. Der Yeti soll wieder abheben!

Als ich in Zürich meinen Arbeitskollegen erzählt habe, ich wechsle nach Stans, haben sie mich gewarnt: ich soll mir das sehr gut überlegen, diese Innerschweizer seien ein gar stures Volk, sie können sich nicht vorstellen, dass ich da glücklich werde!

Nun ja… wir gingen trotzdem hin… und erlebten eine weitere schöne Überraschung: es gefiel uns sehr! Nicht zuletzt dank der Segelfluggruppe Nidwalden, wo wir sehr freund­lich aufgenommen wurden. Ich lernte den Spyr Va kennen und ich flog das S-18 und das Grunau Baby II – und – Ich war vermutlich der einzige, der je eine Ziellandekonkurrenz in der SGNW mit einem Gipsbein geflogen ist. Das muss 1958 gewesen sein. Unterwegs nach Bern Belpmoos mit meinem kleinen Töff brach ich ein Bein.

Einziger Wermutstropfen: „Papa“ Fierz war ein genialer Flugzeugkonstrukteur, aber ein miserabler Psychologe. Als er uns eröffnet hatte, dass er es auch ohne uns genau wisse, wie er „seine“ Flugzeug zu bauen habe, unsere Berechnungen brauche er nur für die Zulassung durch das Luftamt, das war für mich, jungen Idealisten, zu viel. Der Prototyp flog auch schon längstens, als wir immer noch rechnerisch beweisen mussten, dass die von ihm gewählten Blechdicken und Anzahl Nieten genau richtig seien. Dazu hatte ich keine Lust, 1959 wechselte ich zu Bodenfahrzeugen bei Saurer in Arbon, später nach Würen­lingen ins Institut für Reaktorforschung (heute Paul Scherrer Institut).

„Papa“ Fierz konstruierte und dimensionierte. Die Statiker durften danach so lange rechnen, bis es hielt…! Die etwas andere Sicht:

«35″ Juli 2010 100 Jahre Aviatik Schweiz (S. 35):

«(…) Erinnerungen an einen genialen Konstrukteur

Ein Flugzeugtyp begründete den internationalen Ruf der Pilatus Flugzeugwerke: der PC-6 «Porter». Emil Singenberger hat eng mit dem legendären Konstrukteur Henry Fierz zusammengearbeitet. Der 80-jährige Ennetbürger erinnert sich an die Anfänge des «Porters».

Emil Singenberger, Bild Peter Fischli

«(…) Emil Singenberger in seinem Heim in Ennetbürgen: Bilder und Flugzeugmodelle dokumentieren ein Leben als Konstrukteur.

Der Flugzeugkonstrukteur Henry Fierz* (1897 1972) wurde nicht nur als unbestrittener Chefkonstrukteur der Pilatus Flugzeugwerke anerkannt, sondern auch als Vater der technischen Pilatus-Entwicklungen. Der in Ennetbürgen wohnhafte Emil Singenberger (80) arbeitete mehrere Jahre mit Fierz zusammen, den er wie folgt beurteilt: «Henry Fierz war als Flugzeugkonstrukteur bestimmt das beste Leichtbau-Genie auf internationaler Ebene.» Unter anderem plante und baute Fierz das im Unterhalt anspruchslose, im Einsatz aber vielseitige Flugzeug, das zur erfolgreichsten schweizerischen Konstruktion wurde: den Pilatus Porter, der sich als «Jeep der Lüfte» in den Aviatikkreisen einen ausgezeichneten Namen machte. Zusammen mit den Pilatus-Schulflugzeugen gelangte der Porter zu internationalem Ansehen. Die Entwicklungsarbeiten für den PC-6 Porter* begannen im Jahre 1957. Dieser «Jeep der Lüfte» startete am 4. Mai 1959 zu seinem Erstflug. Der erste Prototyp wurde von einem 340-PS-Kolbenmotor mit Turbolader (GSO-480 bzw. O480-1)* angetrieben. Extrem kurze Start- und Landestrecken gehören zu den markanten Charakteristika des einfach zu wartenden Hochdeckers, der als Personen-, Fracht-, Sanitäts-, Foto-, Vermessungs- und Sprühflugzeug vielseitig verwendet werden kann. Emil Singenberger bestätigte, dass dieser Flugzeugtyp schon auf allen Kontinenten eingesetzt worden ist, auch mit Skiern und Schwimmern sowie ferner sowohl in der Wüste als auch auf Eis zum Einsatz kam. 1960 leistete der Prototyp PC-6 Porter, HB-FAN, hervorragende Arbeit für die Schweizerische Dhalaugiri-Expedition, wie der Expeditionsleiter, der Luzerner Max Eiselin, in seinen Erinnerungen festhält. Mit seinen Materialflügen im Himalaya bis auf eine Höhe von 5700 Metern über dem Meeresspiegel stellte das fliegende Stanser Produkt seine ausserordentlichen Fähigkeiten unter härtesten Bedingungen unter Beweis, wobei auch die hohen Ladekapazitäten der Expedition zugute kamen. Die von Henry Fierz forcierte Weiterentwicklung des Turbo- Porters vermittelte über die Zeit seiner Pensionierung hinaus den Pilatus Flugzeugwerken konstruktivtechnische Impulse. Damit legte er beispielsweise den Grundstein für das erst später zur Serienreife herangewachsene Trainingsflugzeug PC-7*. Die Konstruktionen von Henry Fierz waren robust, langlebig und äusserst sicher. Weil die Festigkeit vieler seiner Arbeiten durch Statiker nur ungenügend oder überhaupt nicht nachgewiesen werden konnten, wurden die benötigten Werte mit Belastungsversuchen ermittelt. Des Öfteren waren die Statiker erstaunt, wie deutlich die Konstruktionen von Fierz die vom Luftamt vorgeschriebenen Werte übertrafen. Auf einfache Art, ohne komplizierte Formeln, kontrollierte Fierz jeweils die kritischen Stellen rechnerisch in Bezug auf ihre Spannungen. Heute können mittels Computer Strukturen im Verbund (vernietet oder geschweisst) genau berechnet werden (Anm.odh: z.B. mit der „Methode der finiten Elemente“)*. Damals war Fierz aufgrund seiner grossen Erfahrung in der Lage, in diesen Verbundstrukturen zu erkennen, wie die Spannungen verliefen)». Roger Manzardo – )*verlinkt durch odh

Anzufügen wäre noch, dass der gelernte Flugzeugschreiner Emil Singenberger durch Henry Fierz „entdeckt“ wurde, als er bei der Umstellung auf Metallflugzeuge in der Flugzeugschreinerei übrig wurde und eine Stelle im «KB», Konstruktionsbüro bekam (nach heutiger Praxis wäre im Ausland ein Ingenieur gesucht worden und Emil hätte sich auf dem Arbeitsmarkt selbst umsehen müssen). Das war Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und Personalentwicklung der praktischen Art in Reinkultur! Fierz konstruierte und baute für sich in der Freizeit ein Segelschiff, einen «Flautenschieber» den «Vagabund». Dabei sollte ihn Emil bei der Auswahl und Paarung der richtigen Holzarten beraten. Seine Tüchtigkeit war bekannt. So soll er der einzige Flugzeugschreinerlehrling gewesen sein, der das Prüfungsstück an der Lehrabschlussprüfung in der vorgegebenen Zeit fertig stellte. Dass er auch einen Sinn für Formen hatte bewies er an seinem Motorrad, das er stromlinienförmig verkleidete um den Luftwiderstand zu mindern.

Schwert für Vagabund von Henry Fierz, 1960, Bild: Aus dem Arbeitsbuch, Herbert Odermatt

Fierz baute Emil regelrecht auf. Seine Karriere reichte hinauf bis zum Leiter des Technischen Büros. Das war eine Karriereleiter der besonderen Art. Emil Singenberger schaffte es, mit einem kleinen «Schulrucksack» Ausserordentliches zu leisten. Vom Vagabunden wurden mehrere Exemplare gebaut. Henry Fierz sorgte dafür, dass die «Arbeiter und Angestellten» von Pilatus Maschinen und Werkzeuge in der Freizeit privat nutzen durften. Das war eine weise Art der Personalerhaltung und Motivation! Als Stift hatte ich die Ehre, das Schwert für Fierz› Vagabunden auf der alten Bileter Tischhobelmaschine zu bearbeiten. Es war ein erhabenes Gefühl, wenn der Meister mit der Hand über die Kanten glit und mit den Händen zeigte und sagte: «Sieht gut aus, hier noch ein bisschen «so», verstehst du, was ich meine!?» Das wars. Die Zeichnung war nicht mehr massgebend! So entstand auch die endgültige Form der Motorenverschalung am Porter. Der Spengler trieb die Bleche nach «zeichnung». Dann kam Herr Fierz, sah sich das «Ding» an uns sagte: «Hier noch ein bisschen mehr gerundet, etwa «so» Herr Sibilia!» Der Spengler, ein Italiener, verstand und tat was zu tun war. Der Konstrukteur durfte danach die Zeichnung anhand des «Musters» anpassen.

1966 kam ich aber zurück nach Nidwalden. Attila hatte sich inzwischen selbstständig gemacht und stellte mich an. Ich blieb bei ihm fünf Jahre, vier weitere arbeitete ich in Luzern in einem anderen kleinen Ingenieurbüro.

Fliegerisch ist in diesen Jahren auch einiges passiert. Wozu ich in meiner angeblichen Heimat Ungarn politisch nicht zuverlässig genug war, ging als „Ussländer“ in der Schweiz problemlos: ich lernte in Bern das Motorfliegen. Nicht zuletzt, um mit gutem Gewissen sagen zu können, Segelflug sei schöner. Aber als Motorflieger hat man auch mehr Möglichkei­ten, gratis zu fliegen: als Schlepppilot, auch in Nidwalden (z. B. mit der HB OYB, Piper Super Cub, PA-18 125 der Flubag (heute PA-18 150)

Piper J3C (L4), HB-OIA, der Fluggruppe Albatros, Birrfeld

Motorflugausbildung erfolgte „zu meiner Zeit“ standardmässig mit dem Piper Cub (65 PS).

Geschleppt habe ich in Bern mit Focke Wulf Stieglitz, offener Doppeldecker mit einem Fünfzylinder-Sternmotor Siemens SH 14.

FW-44, Stieglitz, («Stiegfritz», HB-EBO, SG Bern, Bild: Hans Nietlispach
HB-OYB, Piper PA-18 150 (früher 125) der Flubag

In Nidwalden kam ein Piper von Beromünster, HB OYB, Piper Super Cub, PA-18 125 der Flubag zum Einsatz.

Im Birrfeld war die De Havilland Chipmunk das Werkzeug – mein Liebling.

DH Chipmunk HB-TUA, 1961, Birrfeld

Die Erweiterung für den BB erflog ich auf Fuji FA-200, einem japanischen Viersitzer, Tiefdecker, beschränkt kunstflugtauglich. Mit der habe ich auch die meisten Rundflüge gemacht; einige kürzere mit Cessna 150. Den für den BB vorgeschriebenen Auslandflug auch mit der Fuji, nach Luxemburg. Einmal konnte ich damit sogar geschäftlich nach St. Johann fliegen, ich konnte meinen Chef (den „alten Gauner“ bei den Holländern) überzeugen, dass es billiger kommt als mit Bahn oder Auto, wir sparen einen Arbeitstag und Übernachtung.

Fuji Flotte der Flubag von einst

Ich kann mich an keinen einzigen Experten erinnern. Das höchste aller Gefühle, motorflugmässig, war die Piper Arrow. Die habe ich „gekauft“: die Motorfluggruppe Beromünster bildete ein dreiköpfiges Beschaffungskomitee und da war ich der Techniker.

Piper Arrow, hier eine solche von der FS Birrfeld

Später machte ich auch den BB (Beschränkter Berufspilot) und konnte so von Beromünster aus Rundflüge mit zahlenden Passagieren machen. Eiger, Mönch, Jungfrau war eine der beliebtesten. Diese drei musste ich natürlich auch finden, aber wie all die anderen hiessen, hatte ich zunächst keine Ahnung, mich interessierte nur, wo ich im Fall eines Falles notlanden könnte. Ich fragte aber jeweils meine Passagiere, ob sie wüssten, wie dieser und jener Gipfel hiesse und nickte dann anerkennend, wie wenn ich’s gewußt hätte.

Einer meiner ältesten Freunde, Jenö, hatte es als einziger von unserer Clique geschafft, Fliegen zu seinem Beruf zu machen. Er war bis zu deren Bankrott Linienpilot bei PanAm und wurde dann von Delta Airlines übernommen. Einige Jahre wohnte er in Südfrank­reich, in der Nähe von Fayence. Dort gibt es ein großes Segelflugzentrum und dort machte ich einige mal Segelflugferien. Und dort absolvierte ich auch meinen letzten Flug als Pilot: Ende 1979, im Mistral. Fayence ist vor allem dafür bekannt und berühmt, weil es dort Wellen gibt. Ich bekam zwar nur ein Flugzeug ohne Sauerstoff, es hiess, ich soll nicht über 4000 Meter steigen – ich traute mich bis 4500…

Das war einmalig schön, ein würdiger Abschied. Zunächst gab es die schwersten Turbu­lenzen, die ich je in einem Flugzeug erlebt habe, ich musste den Knüppel mit beiden Händen bedienen, um das Schleppflugzeug einigermassen dort zu halten, wo es hinge­hört. Aber sobald man über den höchsten Grat in Flugplatznähe steigt, wird es schlagar­tig ruhig wie im Grab und wenn du am richtigen Ort klinkst, steigst du wie ein heimweh­kranker Engel. Und die Sicht ist unbeschränkt! Rechts vorne, in der Ferne, glänzen die schneebedeckten Alpen, hinter dir das tiefblaue Mittelmeer. Fantastisch!

Nun ja… danach hatte ich für Fliegen kein Geld mehr. Die Kinder wurden größer und teurer, das holländische Ingenieurbüro machte Pleite und blieb mir drei Monatslöhne schuldig, meine Ehe kriselte… Privatsachen…

Beruflich ging es mir aber ab 1975 gut. Nach den „holländischen Gaunern“, wie ich die seitdem genannt habe, fing ich bei BBC, Baden, im Kraftwerksbau an. 1980 schickte man mich nach Korea, wo wir ein thermisches Grosskraftwerk (3 x 400 MW, Ölfeuerung, Meerwasserkühlung – für technisch Interessierte) gebaut haben. Da mußte ich etwas machen, was bis dahin bei BBC noch niemand gemacht hat, der Schlitzohrige Kunde hat aber aufgrund gewisser nicht ganz klar formulierten Passagen im Vertrag behauptet, er habe Anspruch darauf: eine Art Checkliste. „Stellen Sie sich vor, sie gehen morgens um sechs ins Kraftwerk“, formulierte der Chef meine Aufgebe, „es ist dunkel und kalt. Und mittags um zwölf müssen sie mit voller Leistung am Netz sein. Was muss man dafür machen, Schritt für Schritt?“ Die Inbetriebsetzungsingenieure hätten dies zwar gewusst, sie haben aber bereits sieben mal pro Woche Zwölfstundenschichten geschafft und hatten null Interesse daran, was „diese da“ in Baden auch noch verbockt haben.

Nun ja… eine Art Checkliste. Wer arbeitet damit schon eh und je? Richtig! Ich rief bei Swissair an. Sie gab es ja noch, es ging ihr sogar auch noch gut, so nahm man sich die Zeit, mir in zweimal je einen halben Tag lang zu zeigen und zu erklären, wie sie ihre flight checklists erstellen.

Es war das interessanteste, was ich beruflich je machen durfte. Korea erwies sich auch als sehr schönes, faszinierendes Land. Der Spesensatz war, dank unserem schlitzohrigen Projektleiter, mehr als grosszügig – es war ein tolles halbes Jahr.

Danach lernte ich gelegentlich segeln; auf dem Wasser. Und bereits nach meinem ersten Hochseetörn fragte ich mich, warum man nicht immer so leben könnte.

Nun, nach meiner völlig unerwarteten, vorzeitigen Pensionierung – vor zwanzig Jahren! kaum zu glauben! – konnte man. Wir (meine zweite Frau Therese und ich) kauften eine gebrauchte Segelyacht, machten die nächsten zwei Sommer jeweils dreimonatige „Probefahrten“, sie kündigte ihre Stelle auch, wir verkauften unser Haus in Wettingen und zogen aufs Schiff.

Eine Segelyacht hat einen großen Vorteil gegenüber einem Segelflugzeug: man muß nicht landen und aussteigen, um zu kochen, pinkeln, schlafen, Sex haben – geht alles an Bord. Wir zwei alte Leutchen brachten das Boot in sechs Jahren von Norditalien auf die Kanarische Inseln – darauf bin ich ein bisschen stolz. Ursprünglich sagte ich, ich will nie mehr an Land leben. Therese sagte, na ja, zwei-drei Jahre mache sie mit. Nach sechs Jahren wurde ich aber siebzig und fand mich langsam zu alt für diese Lebensweise – sie hätte noch gerne ein paar Jahre weitergemacht.

Eigentlich kamen wir eher zufällig auf die Kanaren. So wir ich schon zufällig in die Schweiz kam und zufällig zu segeln anfing. Ursprünglich dachten wir, dass wir uns, wenn wir nicht mehr segeln, in Italien niederlassen wollen. Wenn Therese Heimweh bekommt, ist sie in einigen Stunden in der Schweiz. Sie sprach sehr gut italienisch. Wir hatten dort gute Freunde. Und billiger als die Schweiz ist es ja auch. Also gingen wir, als wir hier in Santa Cruz de Tenerife im Yachthafen überwintert haben (im Winter waren wir immer irgendwo stationär) unsere Freunde in der Provinz Marken (grenzt an die Toscana) besuchen. Und was fanden wir vor? Einen halben Meter Schnee!

Nee! Das nicht mit uns! Also besichtigten wir an einem Montag ein Reihenhaus auf Teneriffa und am Mittwoch unterschrieben wir den Vorvertrag. Das war vor elf Jahren – wir haben es nie bereut.

Fliegen und Schiff fahren tun wir nur noch als Passagiere. Fliegen als notwendiges Übel, das Leben auf einem Kreuzfahrtschiff lieben wir aber. Und 2017 will ich endlich wissen, was an dem Gerücht dran ist, die Erde sei rund. Wir fliegen nach San Francisco und fahren in drei Monaten nach Hause auf Teneriffa. But that’s another story.

Vielleicht noch erwähnenswert, weil es heute gar nicht mehr möglich wäre: ich habe öfters, unterwegs als Passagier, das Cockpit besuchen dürfen, ein paarmal war ich auch bei der Landung dabei, einmal (Swissair Jumbo) sogar beim Start. Mein erster Langstreckenflug war mit DC-10 nach Hongkong (unterwegs nach Korea), damals noch mit zwei Zwischenlandungen: Bombay und Bangkok. Heute fliegt man sogar z.B. von München nach San Francisco nonstop, 9434 km in 12 Std. 15 Min. – wenn die Lufthansa gerade nicht streikt…

Und wenn wir schon dabei sind… was mir den Abschied von der aktiven Fliegerei erleichtert hat, war die Tendenz, dass Geld eine immer grössere Rolle zu spielen begann als Können, Erfahrung und Kameradschaft. Das war nicht mehr meine Welt. Diese totgeglaubte, vermisste Einstellung fand ich unerwartet wieder bei Langzeitseglern. Dort spielt es überhaupt keine Rolle, ob dein Boot einige zehntausend oder mehr als eine Million gekostet hat, dein Ansehen ist einzig von deinem Verhalten, Können und Erfahrung abhängig. Und je erfahrener, umso hilfsbereiter und toleranter sind die „Seeleute“! Das war mit das Schönste am Seezigeunerleben.

Saulus der Flieger mutierte zu Paulus dem Seebären…

Thomas und Therese an der Captain’s Cocktailparty, 21. January 2016

Inzwischen laufen die Reisevorbereitungen für die «Weltumrundung 2017» auf vollen Touren und gelangen langsam in die Endphase. Es folgt der Weg zum Fotografen, die Vietnamesen wollen – nebst etlichen Dollars – zwei Bildli fürs Visum. Dann müssen wir noch „schnell“ nach Madrid, um die Visa für Vietnam abzuholen. Weitere drei konnte ich per Internet einholen, den Rest (wir besuchen 20 Länder – nur 10% aller existierenden, der Begriff „Weltreise“ ist relativ), soweit erforderlich, organisiert der Veranstalter, sie werden unterwegs erteilt.

An dieser Stelle sei dem Unternehmen alles notwendige Glück beschieden, verbunden mit der Hoffnung, die zwei Weltenbummler kämen nach vielen, schönen Erlebnissen und der Erkenntnis, dass die Erde ein Zwetschgoid darstellt, gesund und munter zurück. Schiff ahoi!

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Ich danke Thomas für seine Geschichte und Istvan Amort für die Präzisierungen betreffend Zulu

Quellen:

http://www.goldtimer.hu/vocsok.html

http://mek.oszk.hu/05700/05720/05720.pdf

http://gliders-fega.fw.hu/meise.html

 

Es gibt nicht viele berühmte, alte Piloten

Kommissar Hunkeler hatte im Fall Livius eine Theorie entwickelt, die Theorie der Fehler.

«Es ist die einzige Theorie, an die ich glaube. Sie besagt, dass man nur mit Fehlern etwas bewegen kann. Wer keine Fehler macht, bewegt nichts. Nur Fehler sind produktiv. Korrektheit ist tödlich.»

Diese Theorie nützt dem Unglückspiloten von Basel von heute Mittag um 11 Uhr 25, Hans Georg Schmid nun rein nichts mehr.