"Einsäulen – Prinzip"


Aus einem Merkblatt für Angestellte, New York, anno 1872:

Männliche Angestellte erhalten wöchentlich einen Abend zu Freierszwecken frei, zwei Abende je Woche, wenn sie regelmässig zur Kirche gehen.

Ein Angestellter, der Zigarren raucht, Alkohol in irgendwelcher Form zu sich nimmt, Billardsäle und politische Lokale aufsucht oder sich beim Barbier rasieren lässt, gibt Anlass, seine Ehre, Gesinnung, Rechtschaffenheit und Redlichkeit anzuzweifeln.

Alle Angestellten sollten regelmässig von ihrem Zahltag eine hübsche Summe für ihre alten Tage beiseite legen, damit sie bei abnehmender Schaffenskraft nicht der Allgemeinheit zur Last fallen.

Für die weiblichen Angestellten gab es keine Bestimmungen. Die Arbeitswelt in den Büros und in der Fabrik war die Domaine der Männer.

Heute kennen wir das Drei-Säulen-Prinzip (AHV, BVG, persönliches Sparen). Leider greift dieses Prinzip nicht richtig. Viele können nicht sparen, andere sind wegen des geringen Pensums von der zweiten Säule ausgeschlossen oder man ist wegen eines reduzierten Arbeitspensums tiefer versichert.

Nun hat man plötzlich entdeckt, dass die Menschen älter werden, obwohl man dies schon längstens in den statistischan Jahrbüchern nachlesen konnte. Und weil die Arbeitskräfte Mangelware werden, sollen die Menschen länger arbeiten. So denken Politiker und Pensionsversicherungsfachleute. Leider wird die Wirtschaft kaum die dafür erforderlichen Arbeitsplätze anbieten, da sie ihre Produktionen in Billig- oder Niedriglohn-Länder verschieben (ein anschauliches Beispiel). Soll man künftig wirklich bis 67 arbeiten müssen? Die Folge: Die Sozialwerke werden weiter gefordert.

Die tiefere Verzinsung der Altersvorsorge zeigt Wirkung. An einem Beispiel aus der Praxis soll dies aufgezeigt werden. 2002 berechnete die PK ihrem Mitglied die Rente per Alter 65 mit Fr. 57’120.- / Jahr. 2007 beträgt sie effektiv Fr. 53’362.- / Jahr. Die Differenz beträgt Fr. 3758.- / Jahr oder Fr. 313.- / Monat. Woher kommt diese Differenz? Nun, erstens wurde der Umwandlungssatz von 7,2 auf 7,1 % gesenkt und zweitens wurde das Kapital in den letzten Jahren tiefer als mit den damals üblichen 4% verzinst. Die Verzinsung betrug: 2002: 4%; 2003: 3,25%; 2004: 2,25%, 2005-2007: 2,5% (gesetzliches Minimum). Jene, die später in den Genuss der Pension kommen, werden noch mehr geschröpft, denn der Umwandlungssatz soll kontinuierlich weiter gesenkt werden. Da nützt es wenig, wenn der PK – Verwalter darauf hinweist, dass die Teuerung in den letzten Jahren auch gering war. Zieht nämlich die Teuerung an, dann wird sowieso erst mit einer Verzögerung angepasst und dann auch erst, wenn ein gewisser Wert erreicht wurde, also nicht voll.

Es scheint, dass Antoine de Saint Exupéry recht hatte, als er sagte, dass das Sparen lediglich ein Geschenk an das Kapital darstellt, weil man nicht an sich sondern für jemanden spart. Und er mochte zu einem guten Teil auch recht gehabt haben, wenn er meinte, dass die wahnwitzigen Summen an Geld kaum reinvestiert werden können (Carnets; Ökonomisches). Heute würde er sagen, dass diese Summen kaum genug Zins bringend angelegt werden bzw. können.
Es scheint, dass die Pensionskassen vermehrt ungewollt Risikokapital zur Verfügung stellen. Ich denke an die in den USA ausgelöste Immobilienkrise.

Die Kassen gehen mit unserm Geld unterschiedlich um. Die einen agieren nach dem Prinzip Hoffnung. Andere geben Erträge weiter, z.B. die Pensionskasse der Stadt Zürich. Andere Kassen orientieren sich am gesetzlichen Minimum. Vielleicht es deshalb so, dass man zu Minimalleistungen neigt, weil man mit Minimalinteresse für die eigenen Kundschaft arbeitet oder weil man an entscheidender Stelle lediglich mit Minimalfähigkeiten ausgerüstet ist. Oder ist es der Hang zu Mittelmässigkeit, zur Mediokratie? Es gibt genügend Beispiele von leistungsfähigen Pensionskassen. Sie beweisen, dass mehr möglich ist! Aber wie der Finanzblogger schon sagte, Wohltäter sind sie keine.


One thought on “"Einsäulen – Prinzip"”

  1. Vor 22 Jahren hat uns Prof. Wittmann im NDS auch über das 2. Säulen-Prinzip orientiert, das noch heute von Wert wäre, eingeführt zu werden. Die erste Säule ist gesetzlich vorgeschrieben und es wird soviel ausbezahlt, dass man sich das Existenzminimum damit absichern kann – allenfalls durch Ergänzungsleistungen erhöhbar. Wer nach dem Erwerbsleben nicht auf das Erwerbsminimum heruntergehen will, der spart selbst Kapital an. Ob er das mit einer Pensionskasse, einer Bank oder einem Vermögensverwalter macht, spielt im Prinzip keine Rolle. Mal davon abgesehen, dass die Performance sehr unterschiedlich ausfällt.

    Die Performance der Pensionskassen könnte vielfach wesentlich höher sein, wenn nicht der dämliche (sorry, ich finde kein zu treffenderes Wort) Mindestzinssatz und der festgelegte maximale Aktienanteil wären. Gute Pensionskassen wissen, wie man mit solchen Hindernissen um zu gehen hat und bei den andern, und ich denke, dass es da etliche gibt, ist es vielleicht gut, dass es solche Vorschriften gibt. Eine wirklich langfristige Anlage wäre gerade bei Pensionskassen denkbar. Mit 25 fängt man an und mit 85 hört es rein statistisch geschehen auf. Das sind 60 Jahre und in jedem im Durchschnitt nur ein Prozent mehr Rendite … rechnen können sie selbst …

    … und bevor sie sich in die Pensionskassen einkaufen, sprechen sie vielleicht mal mit einem Anlageprofi, ob es da rein theoretisch und auch praktisch andere Lösungen gäbe. Aus «Gwunder» habe ich schnell ein echtes Beispiel mit obigen Zahlen verglichen – Verdoppelung des Kapitals in 7,5 Jahren. Das ergibt mit Zinseszins gerechnet 8,5%. Eine Cash-Flow-Rechnung für obiges Beispiel können sie selbst machen – ich schätze eher 30%, denn 35% Gesamtrendite. Drei mal soviel wird vielleicht nicht in allen Dekaden möglich sein, aber auf 6 Dekaden angeschaut realistisch.

    Eine kleine Bitte habe ich, wenn sie für sich so etwas ausprobieren wollen, dann nehmen sie doch bitte zuerst mit mir Kontakt auf, denn für jedermann und jederfrau ist dieses System keinesfalls geeignet. Oder sie machen es nach Wittmann und könnten schlimmstenfalls eine Durststrecke mit dem Existenzminimum überleben.

    Und das dritte, das Wittmann vorgeschlagen hat, war eine «Grossrisiko-Versicherung» – falls jemand wirklich mal extremes finanzielles Pech hat. Man kann die finanziellen Risikiken versichern, Krankheiten zum Beispiel – aber die Gesund können sie nicht versichern, höchstens von mir wünschen lassen.-

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