In schöner Regelmässigkeit werden die schlimmsten Märchen über Geheimcodes in Arbeitszeugnissen geschrieben, z. B. in FOCUS ONLINE: …Geheimcode der Chefs…
Vorerst gilt einmal: eine eigentliche Geheimsprache für Arbeitszeugnisse gibt es nicht! Gäbe es eine, müsste diese mindestens den Profis bekannt sein und Definitionen vorliegen, damit in dieser Geheimsprache kommuniziert werden könnte.
Aber: Interpretationen von Arbeitszeugnissen gibt es vermutlich so viele, wie es Zeugnisschreiber und -leser gibt! Interpretationen z. B. «wie ich vermute», oder «ich lese daraus» (wie aus dem Kaffeesatz) sind gefährlich da kein Feedback zum Schreiber oder Autor des Zeugnisses fehlt.
Wer Gelegenheit hat, Arbeitszeugnisse zu lesen, wird mir bestätigen, dass neben hervorragenden Arbeiten, viel Unqualifiziertes daher kommt! Es ist oft gerade eine Frechheit, was einem Arbeitnehmer, der über längere Zeit seinem Arbeitgeber die volle Arbeitskraft zur Verfügung stellte, zugemutet wird und wie er billig abgespiesen wird. Eine Referenzauskunft oder auch zwei, sind deshalb meist unumgänglich.
Jeder verantwortungsvolle Personalleiter, Personalassistent oder Vorgesetzte wird sich bewusst sein, was ein Zeugnis bedeutet und welchen Schaden man damit allenfalls anrichten kann. Dies gilt sowohl für ein schlecht dargestelltes bzw. formuliertes Zeugnis, wie für ein Gefälligkeitszeugnis.
Nach wie vor gilt: Ein Arbeitszeugnis muss wahr, vollständig, klar und wohlwollend und in korrekter Form geschrieben bzw. dargestellt sein. Ausserdem ist ein Hinweises dienlich, dass das Zeugnis nicht codiert ist.
Wer ein Arbeitszeugnis kritisch durchsieht, kann allfällige Mängel reklamieren. Oft werden Zeugnisse aber einfach genommen wie sie sind. Man hat schon eine neue Stelle in Aussicht und die bisherige will man möglichst schnell vergessen… Je nach dem, kann es plötzlich wichtig werden, dass das Zeugnis ergänzt, korrigiert oder richtig gestellt wird.
Für einen Zeugnisleser wäre es wichtig zu wissen, wer das Zeugnis geschrieben hat und was diese Person davon versteht!
«(…) Das Arbeitszeugnis ist sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber von Bedeutung. Für den Arbeitnehmer ist das Arbeitszeugnis ein Leistungsnachweis, welcher ihm ermöglicht, einem potentiellen Arbeitgeber gegenüber seine Berufserfahrung und seine Fähigkeiten nachzuweisen. Für den Arbeitgeber ist es im allgemeinen die erste und wichtigste Informationsquelle über einen Bewerber. Das Ziel dieser Arbeit ist, das Arbeitszeugnis möglichst umfassend darzustellen. Dazu gehört in erster Linie die Untersuchung der Handhabung des Arbeitszeugnisses bei der Anstellung und beim Weggang eines Mitarbeiters. Um eine Grundlage für die Beurteilung der Arbeitszeugnishandhabung in der Praxis zu schaffen, soll in einem ersten Schritt die Theorie über das Arbeitszeugnis aufgearbeitet werden. Diese Aufarbeitung umfasst die Klärung von Fragen nach:
– dem Stellenwert, der Funktion und der Validität des Arbeitszeugnisses in der Personalauswahl.
– den Methoden zur Analyse der Arbeitszeugnisse.
– den rechtlichen Vorschriften für das Arbeitszeugnis.
– den möglichen Fehlern in der Arbeitszeugniskommunikation.
– der Existenz einer einheitlichen Zeugnissprache.– den impliziten Wertvorstellungen, welche den theoretischen Überlegungen zugrunde liegen.
Author: Schwarb, Thomas M. (Fachhochschule Solothurn Nordwestschweiz)
(Fast) alles über das Arbeitszeugnis von Prof. Thomas M. Schwarb und hier speziell:
…Das Arbeitszeugnis als Instrument der Personalpraxis…
Eine gute Übersicht bietet auch: «Arbeitszeugnis«, Dokumentation zum Abfassen von Arbeitszeugnissen, LSO, Verband Lehrerinnen und Lehrer Solothurn.