Es mag viele Gründe für das Beizensterben geben. Pächter mussten immer höhere Zinse bezahlen, die Gäste verhalten sich anders. Ihre Geselligkeit ist dem Individualismus gewichen. Fernsehen, Internet und die modernen Handy’s bringen das Neueste direkt ins Haus. Kaum jemand geht noch zum Jassen in die Beiz. Mindestlöhne und Gesamtarbeitsvertrag im Gastgewerbe wirken sich aus. Das Bier vom Grossverteiler oder von den Kleinbrauereien bis zum Selbstgebrauten schmeckt zu Hause mindestens so gut und ist da auch günstiger.
Mehrheitlich führen italienische Landsleute Pizzerien. An Personal fehlt es nicht. Es wird auch rotiert. Selbst Beizen die geschlossen wurden, erleben als Pizzeria einen zweiten Frühling. Was machen dies Pizza-«Unternehmer» anders, besser, als die Schweizer Wirtsleute? Gibt es andere «Geschäftszweige»? Ohne etwas unterstellen zu wollen: Unter Pizzeria Schweiz – Suche… gibt es über 200 Einträge – sehr oft mit italienischen Bezeichnungen. Warum auch nicht?
Geldwäsche schoss mir einmal in den Kopf. Aber ich verwarf das Hirngespinst. Nicht bei uns, in einem Rechtsstaat! Naiv? Naiv! Warum soll, was im Ausland funktioniert nicht auch hier zu Lande möglich sein? Die Schweizer Rechtslage kann ein gutes Argument sein.
Dass der Gedanke nicht abwegig ist, mag man im NZZ Folio Nr. 265 (kostenpflichtig) unter Pizza Mafia nachlesen. Einige Bemerkungen daraus:
«(…) In der netten Pizzerie um die Ecke wird manchmal nicht nur Geschirr gewaschen, sondern auch Geld. )» …
… «In den Pizzerien wird auch gerne Kokain verkauft – an Kunden, die dadurch zu potenziellen Erpressungsopfern werden, was besonders interessant ist, wenn dieser Kunde Politiker oder Unternehmer ist.» …
… «Die grösste Sorge des kalabrischen Bosses Bruno Nesci war nicht etwa die Polizei, sondern » ‹Ntoni lo svizzero.» …
… Gedwäsche ist für die Mafia der wesentliche Grund, Restaurants zu betreiben. Die leicht verderblichen Waren können kaum kontrolliert werde, falsche Rechnung werden mühelos ausgestellt, da die Lieferanten selbst zur Mafia gehören: Die Lebensmittelbranche ist in Italien traditionell in der Hand der Bosse. Der kalabrische Clan der Morabito kontrolliert den Gemüsemarkt von Mailand, eine Million Tonnen Obst und Gemüse pro Jahr, neuntausend Arbeiter, vierhundert Firmen; sie bestechen Lebensmittelkontrolleure und bestimmen den Preis jeder Erdbeere. Der südöstlich von Rom gelegene Grossmarkt von Fondi – einer der grössten Europas – wird von der kalabrischen Mafia beherrscht, der ‹Ndrangheta…
…Aus dem 2012 veröffentlichten Bericht der italienischen Umweltschutzorganisation Legambiente (Wiki) geht hervor, dass die Mafia so gut wie jedes italienische Lebensmittel fälscht: «Parmesankäse» aus Rumänien, Zitronen statt aus Sorrent aus Argentinien, chinesische Tomaten werden zu Biotomaten San Marzano, parfümiertes und gepanschtes Olivenöl als kaltgepresste Extra-vergine-Qualität, rumänischer Schinken als Parmaschinken, Bresola-Schinken aus Uruguay…
Anmerkung: «Endlich bekommt man eine Ahnung vom «richtigen italienischen Geschmack», der in Reklamen viel besungen wird – gepanscht, manipuliert, zusammengewürfelt aus Länder aller Herren der Welt…
Nach der Affäre um Dioxin-Rückstände in Mozzarella-Käse aus Italien, geht es nun um den Wein, der gepanscht wurde. Durch das Hinzufügen von Chemikalien, wie Düngemittel, Salzsäure, und anderen, teils krebserregenden Substanzen, konnten die Winzer angeblich bis zu 90 Prozent der Produktionskosten einsparen.»
…»locali» gehören kaum den Bossen. Strohmänner tätigen den Kauf…. Die Banken geben keine Kredite mehr, dafür steht die Mafia mit ihren Wucher-Konditionen bereit. Die»locali» wechseln schnell den Besitzer was meist bar erledigt wird. Hohe Summen sind im Spiel – Eignung für Geldwäsche…
…Die gleiche Technik wendet die Mafia im Ausland an, wo sie sich seit langem auf ihre Pizzerien stützt – ein bewährtes Geschäftsmodell, denn in Ländern wie Deutschland oder der Schweiz ist Geldwäsche im Moment noch einfacher: Anders als in Italien muss hier nicht der Pizzabäcker nachweisen, dass er die 500’000 Franken für den Kauf der Pizzeria, sagen wir, in Zürich bar bezahlte, aus sauberen Quellen stammen. Wegen der Beweisumkehr müssen die Ermittler den Beweis erbringen – Eine Einladung zur Geldwäsche….
…Die ‹Ndrangheta hat sich seit mehr als 4 Jahrzehnten in Australien, Kanda und ganz Europa ausgebreitet. vor allem in Deutschland, der Schweiz, den Niederlanden und Belgien…
…Der kalabresische Staatsanwalt Nicola Gratteri geht von zehn «locali», operativen Basen der ‹Ndrangheta, in der Schweiz aus, die beiden wichtigsten befinden sich in Zürich und Frauenfeld….)» mehr in: Pizza Mafia
Anscheinend existiert viel Wissen über die Mafia in der Schweiz, aber zu wenig, um sie unwirksam zu machen!
Aus 20 Minuten Online betreffend «lo svizzero«:
Italiener und Deutsche wussten es, nur die Schweizer Ermittler nicht
Es scheint, als seien die Schweizer Ermittler die einzigen, die nichts von der ’Ndrangheta im Thurgau wussten. Denn dass es in der Schweiz ein «’Ndrangheta-Lokal» gibt, gehe auch eindeutig aus den Ermittlungen der deutschen Polizei hervor, heisst es im Bericht der Italiener, der 20 Minuten Online vorliegt.
Laut dem neuesten Fedpol-Bericht spielt die italienische Mafia eine bedeutende Rolle in der Basiskriminalität in der Schweiz – beispielsweise beim Drogen- und Waffenhandel (BAZ online).
swissinfo.ch: Kampf gegen Mafia – Aufmerksame Schweiz – aber genügt das?
Die NZZ schrieb am 25.07.2011 Wo es Pizza gibt, da gibt es die Mafia
Die Tagesschau SRF berichtete am 23.07.2010 Mafia wäscht in 5000 italienischen Restaurants Geld
am 20.12.2012 berichtete SRF
«(…) Vom kalabrischen Dorf Mesoraca bis in eine Pizzeria in Zürich – die Tentakel der gefährlichsten Mafia-Organisation Italiens reichen mutmasslich tief in die Schweiz. Nach der Grossrazzia gegen die ‹Ndrangheta reden ein Schweizer Untersuchungsrichter und ein Mailänder Staatsanwalt erstmals in der Rundschau über ihre Fahndungserfolge. Jahrelang haben die italienische Guardia di Finanza und die Schweizer Bundeskriminalpolizei kooperiert. Derzeit warten zwei Italo-Schweizer auf ihren Prozess – zwei Helfershelfer sind in Mailand bereits verurteilt.)» siehe : ‹Ndrangheta – Die Mafia-Tentakel reichen bis in die Schweiz
Dass im Hintergrund eine Organisation grossen Kalibers stecken muss (Die ’Ndrangheta gilt mit einem Jahresumsatz von 44 Milliarden Euro als mächtigste Mafia-Organisation Europas), zeigen die Aufzeichnungen unter Pizza Connection – Wikipedia und Mafia-Boss hütet Geheimnisse der «Pizza-Connection» oder Mafiamorde von Duisburg – Wikipedia auf.
«(…) Die Mafia ist in Italien das Unternehmen mit dem höchsten Umsatz. Das Organisierte Verbrechen steht mit 130 Milliarden Euro Umsatz für sieben Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP), wie aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Handels- und Unternehmerverbandes Confesercenti hervorgeht. Der Nettogewinn beträgt jährlich 70 Mrd. Euro. Der Jahresbericht von Confesercenti nannte Schutzgelderpressung, illegalen Geldverleih, Diebstahl, Betrug und Schmuggel als Hauptgeschäftsbereiche der kriminellen Organisationen.») presse.com
Die Krake aus einem Land mit einer ehrenwerten Gesellschaft und einem ehrenwerten Ex-Staatspräsident, dem es gelungen ist, soviel Macht zu kumulieren, dass er den Staat erpressen kann und ein Volk, welches ihm trotz Verurteilung zu etwa 30% hörig ist, passt irgendwie zusammen. Es erstaunt nicht, dass Italiens Schuldenberg auf 275 Mia Euro angewachsen ist (Juni 2013).
Es ist wie mit dem Falschgeld, den Blüten: Eine Note kann noch so perfekt gefälscht sein. Sie hat am Ende des Tages nur noch einen einzigen Makel. Sie ist nicht echt!
So ist es mit der Umgehung von Abgaben an das Steueramt. Irgend wann fliegt die Sache auf! => Finanzblog: Anleitung zum Steuerbetrug
SMS:
«(…) 1000 Franken pro Tag auf 5 verschiedene Banken einzahlen (am Montag das Dreifache) ergibt auch rund 2 Mio. )»
Darum ist die Vermutung auf schweizerische Verhältnisse nicht ganz abwegig: «Eher wird eine Service-Angestellte, die in der Freizeit an einer Chilbi ein paar Franken schwarz verdient hat, der Steuerhinterziehung überführt, als dass einer Pizzeria Geldwäsche und allenfalls Drogenhandel nachgewiesen werden kann.
Die «verschwiegene, ehrenwerte Krake» hat sich über den Erdball verbreitet. Und sie hat reichlich an Nachahmern gefunden. Der Versuch, auf eigene Faust ein «China-Restaurant » zu eröffnen, würde dies schnell bestätigen. Michale Palomino hat sich bemüht, Berichte über Mafiastrukturen und -auswirkungen zusammen zu tragen.
Im Nachbarstaat Deutschland wird vermehrt festgestellt:
«(…) …Der Zoll wiederum ist für Schäuble die (finanziell) wichtigste Verwaltung. 124 Milliarden Euro, also rund die Hälfte seiner Steuereinnahmen, flossen dem Bund im vorigen Jahr über die Zollverwaltung zu. Die größten Positionen waren dabei 40 Milliarden Euro Energiesteuer, 14 Milliarden Tabaksteuer, 7 Milliarden Stromsteuer und 52 Milliarden Euro Einfuhrumsatzsteuer.
Die gigantischen Summen locken das organisierte Verbrechen magisch an, Steuern im großen Stil zu hinterziehen oder gar den Fiskus anzuzapfen. Mafiabanden, die sich klassischerweise mit Drogen, Prostitution, Menschenschmuggel und Geldwäsche beschäftigen, diversifizieren ihre Geschäftstätigkeiten. Sie profitieren von der Liberalisierung, Globalisierung und dem Zusammenwachsen Europas genauso wie die reguläre Wirtschaft.
Immer neue Geschäftsmodelle kreieren die Kriminellen und nutzen dabei Deutschland nicht nur als Absatzmarkt, sondern auch als logistische Drehscheibe für ihre internationalen Aktivitäten….)» => Wiwo: Steuermafia prellt den Staat um Milliarden
90% der Täter sind nicht Deutsche!
Wie will der Staat seine Bürger vor dieser Gefahr schützen und hat er die nötigen Mittel dafür? Fragen, die heute wichtiger sind als je, wenn man Aushorchung und Wirtschaftsspionage durch die Geheimdienste ausländische Staaten (NSA, britischer Geheimdienst) in die Betrachtung einbezieht. Was wird unternommen, dass die dafür zuständigen Stellen nicht der Kritik aussetzen müssen, man wisse im Ausland besser Bescheid über Mafiaaktivitäten in der Schweiz als hier zu Lande? Das Bundesgesetz über den ausserprozessualen Zeugenschutz (ZeugSG) genügt allein wohl kaum.
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