Nun, man soll die Funktion eines Co-Piloten nicht unterschätzen. Da reicht es nicht, einfach ein bisschen neben dem PIC (Pilot in Command) zu sitzen und sich in erhabenen Gefühlen zu schwelgen. Als „Co“ verfügt man die gleiche fliegerische Ausbildung… Notfalls müsste man die Funktion als PIC übernehmen können…
Ich hatte vor längerer Zeit die Möglichkeit, das Cockpitt einer MD 82 im Flug zu besichtigen. Noch etwas früher hatte ich ein anderes Erlebnis: Ich durfte im MD-81-Simulator der damaligen SLS (Schweizerische Luftverkehrsschule) einige Platzrunden fliegen. Ich war für die Fluglagen und das Fliegen, der Instruktor für die Systembedienung zuständig. Mit einem «Vierhänder» schafften wir das auf angenehme Weise! Sogar der handgesteuerte Landeanflug mit perfekter Landung gelang problemlos – Dank dem Systembediener, der die Leistung setzte und die aerodynamischen Auftriebshilfen richtig setzte…
Der Kapitän des MD 82 räumte kurz seinen Sitz und ich durfte dort Platz nehmen. Solches ist seit 9/11 («Ground Zero«) nicht mehr so einfach möglich. Einzige Bedingung war: keine Manipulationen irgend welcher Art vorzunehmen. Der «Copi» sorgte dafür, dass alles mit rechten Dingen zuging. Nun, ich kam mir nicht vor wie ein Kapitän aber es war interesant, dessen Arbeitsplatz während des Einsatzes kennen zu lernen. Weit draussen über dem Meer, im «Upper Airway» so zu sagen, fühlte man sich sehr alleine. Hin und wieder jedoch wurde «Traffic» (anderer Flugverkehr) sichtbar. Es herrschte Bise, was zur Folge hatte, dass die Sichtnavigation vereinfacht wurde. Von weitem war das Rhonetal erkennbar. Der Mistral hatte den Nebel ausgemistet. Später war der Montblanc majestätischer Fixpunkt zur Rechten. Dann meldete sich der Kapitän und ich trat «ins Glied» zurück…
Meine Reaktion über den Aspekt, dass Saint Ex ein Homo hätte sein können: Staunen!
Dann wollte ich, etwas ungläubig kurz Dampf ablassen: Mir ist es egal ob Tonio Saint Ex, wie ihn seine Kollegen zu nennen pflegten, schwule Züge hatte oder nicht. Er hat sich als wunderbarer und grosser Schriftsteller und Dichter etabliert und er hat uns wertvolle Denkansätze hinterlassen. Das Flugzeug war für ihn ein Werkzeug, wie der Pflug ein Werkzeug des Bauern ist.
„(…) Die Erde schenkt uns mehr Selbsterkenntnis als alle Bücher, weil sie uns Widerstand leistet. Und nur im Kampfe findet der Mensch zu sich selber. Aber er braucht dazu ein Werkzeug, einen Hobel, einen Pflug. Der Bauer ringt in zäher Arbeit der Erde immer wieder eines ihrer Geheimnisse ab, und die Wahrheiten, die er ausgräbt sind allgültig. So stellt auch das Flugzeug, das Werkzeug des Luftverkehrs, den Menschen allen alten Welträtseln gegenüber und wird uns zum zum Werkzeug der Erkenntnis und der Selbsterkenntnis. (Antoine de Saint Exupéry, Wind Sand und Sterne, Einleitung)
Ich nahm mich auf „Normalmass“ zurück. Der Respekt des anderen soll gewahrt bleiben. Und so kann ich eigentlich keine Kritik nur der Kritik willen anbringen. Saint Ex hat bei mir seinen Stellenwert und Drewermann (religion.orf.at) kenne ich nur oberflächlich. Immerhin weiss ich, dass er als Theologe mutig seine Meinung vertrat, was ihm die „Lizenz“ als Seelsorger Roms kostete (Suspendierung vom Priesteramt).
Nun, Drewermann ist vorsichtig. Er schreibt in „Das Eigentliche ist unsichtbar“: Der Kleine Prinz tiefenpsychologisch gedeutet. Es ist eine Deutung – weiter nichts. Wirklich nichts? Es ist wie bei der üblen Nachrede. Auch wenn diese zurück genommen wird, bleibt etwas hängen… Oder ist er etwa dem Tiefenschwindel zum Opfer gefallen?
«(…) Wer Psychoanalytiker werden will, muß sich vor allem selber analysieren lassen. Und wer „in Analyse geht», sollte eigentlich etwas „haben*. Offenbar „hatte» sie aber gar nichts, kein behandlungsbedürftiges Symptom, an dem sie litt. Doch Psychoanalytiker hegen den Verdacht, daß jeder etwas „habe»; und wer ihren Beruf ergreifen will, erst recht. Es hieß, „jeder Lehranalysand strebe im Grunde aus eigener Problematik, der Hoffnung, diese zu lösen, in psychoanalytische Ausbildung». Mehr in der Zeit Online: …Vom Tiefenschwindel befallen…
… «(…) Im normalen Leben würden solcherart Schlüsse nicht geduldet; niemanden ließe man weit kommen mit der Erkenntnis, daß ihm die Trigonometrie darum schwerfällt, weil er als Kind immer schwere Kohleneimer schleppen mußte, oder daß er heute in einer Geldklemme steckt, weil er sich als Kind einmal den Daumen geklemmt hat. In der Psycho-Szene aber sind es gerade solche „Deutungen», die ihre betörte Kundschaft haben. )»
…Wer sich gesund fühlt, ist zu wenig untersucht…!
«Wir müssen verstehen, seine Botschaft (im Kleinen Prinzen) zu verstehen, und wir werden zu prüfen haben, inwieweit sie trägt», so Drewermann. Müssen tut man ausser Steuern bezahlen und sterben gar nichts!
„(…) Jedem Leser des Kleinen Prinzen muss auffallen, dass es bei allem Sprechen von Liebe und Treue auf eigentümliche Weise wirkliche Gefühle einer warmen Zuneigung nur in dem Verhältnis zwischen dem „Flieger“ und dem „Kleinen Prinzen“ geschildert werden – eine fast „griechische“ Form gleichgeschlechtlicher „Knabenliebe“, in der die Rolle des Kindgottes Eros, das Prinzip einer unendlichen Sehnsucht, sich in dem „Kleinen Prinzen“ verdichtet. Von der Liebe zu einer Frau hingegen ist im Werk Exupérys mit keinem Wort die Rede, ausser in der ebenso verhüllenden wie offenbarenden Symbolik der Rose. Man wird aus diesem Tatbestand allein bereits den Schluss ziehen müssen, dass Exupéry eigentliche und wahre Liebe in der Tat von Kindertagen an unverändert seiner „Rose“ galt, ja, dass er in der Rolle eines „treuen“, von der „Erwachsenenwelt“„ nicht verdorbenen „Kindes“, sich selbst am meisten achten und lieben konnte, während er zugleich voller Scham zögerte, die Bindung an seine Mutter sich selbst und anderen im ganzen Umfang einzugestehen…
… Es war die Fliegerei, die ihn aus seinen schlimmsten Depressionen rettet, überaus kam sie seinem Verlangen nach Engagement, nach einer wirklichen Tat entgegen, sie schenkte ihm den so sehr ersehnten Kontakt zu Kameraden, die, vermeintlich wie er, durch den Dienst an einer gemeinsamen Aufgabe miteinander „verknüpft waren; Fliegen – das bedeutete für Exupéry in allen Beziehungen die männliche Gegenwart der Mutter. Der „Kleine Prinz“ in ihm, der sehr in Gefahr gestanden hätte, aus hundert Schuldgefühlen und Anhänglichkeiten ein ewiges Muttersöhnchen zu bleiben, bemühte sich sein Leben lang verzweifelt, als „Flieger“ seine Unabhängigkeit und Männlichkeit zu demonstrieren… (aus Drewermann: „Das Eigentliche ist unsichtbar“)
Die Psychanlyse ist eine Deutungskunst. Laut Freud besteht sie darin, «den Kranken zur Bestätigung der Konstruktion durch seine eigene Erinnerung zu nötigen. Bei diesem Bemühen fällt das Hauptgewicht auf die Widerstände des Kranken; die Kunst ist es, diese baldigst aufzudecken, dem Kranken zu zeigen und ihn durch menschliche Beeinflussung zum Aufgeben der Widerstände zu bewegen.» Deutungskunst ist Hermeneutik (diese war ursprünglich nicht Lebensbeichte seelisch Kranker, sondern der Wille der Götter, heilige und schwierige Texte und Kunstwerke und anderes Dunkles, dessen Sinn entziffert werden musste. Viele Psychoanalytiker sehen sich nicht als Naturwissenschaftler, sondern als Hermeneutiker, Verstehenskünstler.
Ich würde dem Theologen und Psychoanalysten raten, sich selber in ein Cockpitt zu setzen, die Grundlagen des Fliegens inklusive den Kunstflug in sich zu ziehen, den zeitlichen Aufwand auf sich zu nehmen und die Wetterabhängigkeit, der «Sichtflieger» unterliegen zu verstehen. Dann würde er den Freiheittsdrang und die gesuchte Unabhängigkeit verstehen.
Es wäre zu einfach, Soldaten, nur weil sie unter Männern im Dienst sind, ein Hockkeyteam weil nur aus Männern bestehend oder Bauern, die auf die überlieferten Kenntnisse, ihre Erfahrungen und ihr Selbstvertrauen bauen, oder Facharbeiter, die in einer Männerwelt hochwertige Arbeit leisten, schwule Eigenschaften anzuhängen.
Und wäre es verantwortbar, wenn einer nur um seinem Drang zu befriedigen allem und jedem seine Deutung zumessen wollte, um schliesslich eine Persönlichkeit im Nachhinein zu demontieren?
Die von Sigmund Freud begründete Psychoanalyse (ist Drewermann davon beeinflusst?) ist nicht über alle Zweifel erhaben. Die Ursache unseres aktuellen Verhaltens liegt stets in uns selber. Das gilt für das „Jetzt“ wie für das „Damals“. Die Ursache eines jetzt falschen Tuns in der Vergangenheit zu suchen erscheint daher als absurd. Der Mensch kann nicht auf eine mit Sexualenergie betriebene Triebmaschine reduziert werden.
Vielleicht aber war alles ganz anders. Die Adelsfamilie aus der Saint Ex hervorging, war offenbar nicht überlebensfähig bzw. verarmt. Saint Ex, ein zunächst unschlüssiger, flugbegeisterter junger Mann meldet sich als Neunzehnjähriger bei der Marineschule, fällt aber bei der mündlichen Prüfung durch. Er denkt an eine Ausbildung in den Schönen Künsten, zweifelt an sich, hat zwar viele Pläne, doch keinen präzisen Plan für seine Zukunft, bis die Einberufung zum Militärdienst Klarheit schafft. Am 2. April 1921 wird er dem 2. Flugregiment von Strassburg unterstellt.
Zwar wird er in der Werkstatt beschäftigt, doch spart er jeden «Sous», um sich schliesslich Flugstunden zu leisten. Fliegen, dieses «Sich-in-die-Lüfte-Schwingen», fasziniert ihn seit der Bubenzeit. So erlangt er am 17.6.1921 das Flugbrevet für die zivile Luftfahrt und am 10.10.1922 dasjenige für den militärischen Bereich, wobei ihm der Grad eines Unterleutnants verliehen wird. Seiner Mutter schreibt er: «Ich liebe diesen Beruf über alles. Du kannst Dir diese Ruhe und diese Einsamkeit nicht vorstellen, die man in 4000m Höhe eins mit dem Motor vorfindet.» 1923 hätte er als Berufsoffizier und -pilot bei der Luftwaffe bleiben können, doch war die Familie seiner Verlobten dagegen… Er war in verschiedenen Pariser Firmen tätig, so als Büroangestellter bei denZiegeleien von Boiron. 1924 gibt er den Bürojob auf und versucht Lastwagen der Firma Saurer zu verkaufen. Er erleidet eine starke Depression. Er tröstet sich mit dem Fliegen so oft er kann. Im Frühjahr 1926 tritt er in die Compagnie Aérienne francaise ein. Er amtet als Fluglehrer und nimmt die Alleinflüge von Flugschülern ab. Im Oktober tritt er in die Fluggesellschaft Latécoère (später aéropostale) ein. Seine Aufgabe: Abnahme von Flugzeuginstrumenten. Im Frühjahr 1927 übernimmt er als Pilot die Postflüge auf der Strecke Toulouse-Casablanca und Dakar-Casablanca. Er schreibt den Südkurier. Juni 1930: Rettung Guillaumets in den Anden. Der «Nachtflug» entsteht. 1939 wird «Wind, Sand und Sterne» veröffentlicht. am 3. Nov. 1939 tritt er in die Fernaufklärergruppe 2/33 ein. Dies obwohl er ärztlich als untauglich erklärt wurde, fand der Wille seinen Weg! Der «Kleine Prinz» entsteht.
Je nach dem wer etwas interpretiert, kommt zu irgend welchen Schlüssen.
Die Interventionsarten der Heilberufe (Quelle: http://www.online-psychologie.de/):
- Ein Mensch fragt: » … wo geht es hier zum Bahnhof?»
- Der Sozialarbeiter antwortet: «Ich weiss es auch nicht, aber ich bringe dich hin.»
- Der Sozialpädagoge antwortet: «Ich weiss es auch nicht, aber wir können darüber reden.»
- Der Gesprächspsychotherapeut: «Sie möchten den Weg zum Bahnhof wissen?»
- Der Tiefenpsychologe: «Sie verspüren wieder diesen Drang zu reisen?»
- Der Psychoanalytiker: «Sie meinen dieses dunkle, längliche Gebäude, wo die Züge immer rein und raus, rein und raus fahren?»
- Der Gestalttherapeut: «Lass es voll zu!»
- Der Bioenergetiker:» Machen Sie mal: Sch-sch-sch . . .!
- Der humanistische Psychologe: «Wenn Sie wirklich dahin wollen, werden Sie den Weg auch finden.»
- Der Verhaltenstherapeut: «Heben Sie zuerst das rechte Bein, strecken Sie es aus, und setzen Sie es wieder auf- gut! Und hier haben Sie ein Bonbon.»
- Der Psychiater: «Welche Krankenkasse?»
Man hat inzwischen das Wrack der P-38 F-5B Lightning, eine mit Fotokameras anstatt der sonst für dieses Modell üblichen Waffensystemen ausgerüstet, die Saint Ex flog, gefunden. Ob das Flugzeug abgeschossen wurde oder ob es von der Flak getroffen wurde oder ob ein technischer Defekt vorlag, oder ob der Pilot im Uferbereich zu einer Notwasserung angesetzt hatte, steht nicht fest. Es könnte auch sein, dass der Pilot den Stützpunkt des Feindes fotografieren wollte. Die Absturzstelle liegt nicht sehr weit vom Stützpunkt des deutschen Jagdgeschwaders 200 weg. Falls der Pilot in der Gegend von Grenoble rekognosziert hat, dann sei die Frage gestattet, warum er Kurs Süd nahm anstatt Südöstlich, Richtung Startbasis Borgho auf Sardinien. Leider weiss man nichts über den genauen Flugauftrag und die Flugtaktik des unbewaffneten Aufklärers.
Und Horst Rippert, der Bruder von Ivan Rebroff, der den Abschuss reklamierte, hat nie Beweise vorgelegt. Mehr in Welt ONLINE: …Am Tag als Antoine de Saint Exupéry starb… und ebenfalls in WELT ONLINE: Deutschland: …Rebroffs Bruder schoss Schriftsteller Saint-Exupéry ab…
«(…) Fest steht heute, dass Saint Exupéry mit der vorbezeichneten Lightning am 31.07.1944 von Bastia aus einen Aufklärungsflug in Richtung südfranzösische Küste unternahm. Das Wrack der Maschine wurde vor einigen Jahren vor St. Raphael gefunden und ist inzwischen eindeutig identifiziert. Von dem Piloten fehlt indessen jede Spur.
Nach den bisherigen mir bekannten Feststellungen waren für den Abschuss zwei Piloten einer in Südfrankreich stationierten Jagdergänzungsgruppe (Jagdgruppe 200 ?) verantwortlich, die allerdings beide im Krieg gefallen sind. Die Piloten benutzten auch keine Me 109 G, wie von Ivan´s Bruder reklamiert, sondern besondere Vorserienmodelle der Fw 190 D-9, die der Gruppe zugeführt wurden. Es könnte sich dabei um zwei im Juni 1944 umgebaute Fw 190 A 8, die V 53 mit dem Stkz. DU + JC (Werknr. 170003) und V 54 BH + RX (Werknr. 174024) gehandelt haben, was aber spekultiv ist.
Es wurde der Rotte jedenfalls am 31.08.1944 ein Abschuss einer Lightning vor St. Raphael zuerkannt, wobei es sich um den einzigen offiziellen Abschuss an diesem Tage und in dieser Gegend handelte. Ich habe vor einigen Jahren einmal einen Aufsatz gelesen, in dem die Erkenntnisse über das Schicksal von Saint-Exupéry zusammengefasst wurden . Danach war zunächst nicht eindeutig geklärt, ob die Maschine von den Flugzeugen oder aber von Flak auf einem der Küste vorgelagerten Flakschiff abgeschossen wurde. Nach dem Wrackfund konnten die Treffer aber eindeutig den Bordkanonen der Flugzeuge zugeordnet werden.
Allein in Anbetracht der Tatsache, dass der Bruder von Rebroff den Abschuss mittels einer Me 109 G gemacht haben will, hat dieser jedenfalls nicht die Lightning abgeschossen, mit der Saint-Exupéry geflogen ist; durch Zeugen steht fest, dass der Abschuss durch Focke-Wulf 190 erfolgte. (Quelle: Geschichtsforum.de, 62-64-78)
Saint Ex hat zwar im «Kleinen Prinzen» exakt 44 Sonnenaufgänge erwähnt, die seinem erreichten Alter entsprechen könnten. Die Absturzursache ist nicht eindeutig geklärt. Daher kann der Psychoanlytiker nicht einfach den Todestrieb in den Vordergrund stellen. Saint Ex wusste, dass die Fliegerei für ihn zu Ende war. Allein der Unglücksflug war bereits der achte, nur fünf hatte man ihm noch zugestanden… Somit konnte sich der Schriftsteller und Flieger seine nähere Zukunft an den Fingern abzählen. Der bisherige Lebensweg allerdings war keine «geradlinige Karriere». Sie war von verschiedenen Misserfolgen geprägt. Es gab aber immer wieder neue berufliche Herausforderungen. Warum sollten diese Erfahrungen nicht Zuversicht entfachen? Auch wenn ihn Depressionen gequält hatten – warum sollte nicht genügend Restenergie vorhanden gewesen sein, um an die Zukunft zu glauben? Warum sollte ein Flieger vom Format eines Saint Ex bewusst mit seinem «Werkzeug» Flugzeug, dem er so viel verdankte, auf die letzte Reise begeben? Gelegenheiten dazu hätte es viel früher viele gegeben! Wäre er psychisch derart krank gewesen, hätte man ihn längst aus dem Flugbetrieb genommen, oder er hätte sich selber davor verkrochen…
«(…) Mir ist ganz gleich, ob ich im Krieg umkomme. Was wird denn von dem bleiben, was ich liebte? Ich spreche nicht nur von den Menschen, sondern auch von den Bräuchen…
Die Dinge die erhalten bleiben sind mir ganz gleichgültig. Worauf es ankommt ist eine gewisse Anordnung der Dinge. Die Kultur ist ein unsichtbares Gut, da sie ja nicht die Dinge betrifft, sondern unsichtbare Bande, die die Dinge miteinander verknüpfen: so und nicht anders….
Wenn ich im Krieg umkomme kümmert das mich wenig. Oder wenn ich der Raserei jener fliegenden Torüedos zum Opfer fallen soltte, die nichts mehr mit der Fliegerei zu tun haben und den Piloten inmitten seiner Knöpfe und Zifferblätter zu einer Art Buchhalter machen (auch die Fliegerei ist eine gewisse Anordnung von Verknüpfungen). Doch falls ich lebendig heimkehre von diesem «notwendigen und undankbaren Job», dann wird sich für mich ein Problem stellen: was kann man, was soll man den Menschen sagen?
Ich weiss immer weniger, weshalb ich Ihnen dies alles eigentlich erzähle. Offenbar, um es jemanden mitzuteilen, denn es geht nicht darum, dass ich das Recht hätte zu erzählen. Man muss zum Frieden der anderen beitragen und nicht die Probleme verwirren. Im Augenblick ist es gut, dass wir an Bord unserer Kriegsflugzeuge den Buchhalter spielen… (Antoine de Saint Exupéry: «Man muss dem Leben einen Sinn geben», Brief an einen General, Juli 1943)
Wer im Krieg ist, läuft Gefahr, dass er umkommt. Aber jeder ist optimistisch und glaubt an das Glück, an die Heimkehr. Das ging Tonio Saint Ex nicht anders. Das Zitat zeigt es auf. Saint Ex war der Psychoanalyse gegenüber kritisch eingestellt. Die Gralshüter dieser «Wissenschaft», die Seelenwärter dieser ideologischen Weltmacht ertragen so etwas nicht!
«(…) Psychoanalyse: ich kann nicht unmittelbar wissen, was mir zum Beispiel gefällt oder missfällt, denn das, was mir gefällt oder missfällt, ist keineswegs eine Tatsache oder ein Bild, sondern eine Struktur. Eine Struktur ist bestimmend wie ein Wort (etwa Ehre), das nie etwas anderes ist als eine Struktur. Wenn ich dieses herausgefunden (und formuliert) habe, zerbreche ich es vielleicht als Struktur. In jedem Fall füge ich einen Bewusstseinsvorgang hinzu; wusste ich doch nicht, wie ich eingreifen sollte, da ich den Gegner nicht zu Gesicht bekam (ihn nicht zu formulieren verstand). …
…Der Psychoanalyse mache ich vor allem eins zum Vorwurf: diese Vorstellung, die sie vermittelt, ohne sie übrigens immer auszuwerten, dass sich ein geheim gehaltenes Unbewusstes dem Bewusstein entgegenstelle. Ihr zufolge sind die Denkvorgänge nahezu die gleichen im Unbewussten, aber werden gleichsam durch einen anderen in seinem wohlbehüteten Geheimnis bewirkt. Jenes Etwas, das mein Unbewusstes formuliert, wird von mir zensiert und zum Symbol verwandelt…
…Man kann stets ein System erfinden, in dessen Ordnung sich jede Fehlhandlung mehr oder weniger deutlich durch eine tiefgehende Verdrängung erklären lässt. Freud hat recht, wenn er stets sagt. Doch «stets» findet nur Anwendung auf die Notwendigkeit der Lehre.
Quelle: Antoine de Saint Exupéry, Carnets, Verstand und Sprache
@doris: Wer ist, wie er/sie ist, ist wie er/sie ist. Punkt. Wer sich intensiver mit St. Ex befasst hat, sieht diese wohl anders als Herr Drewermann. Das ist der Punkt. Den kleinen Prinzen auf gleiche Art wie ein Märchen zu deuten ist eine Sache – die Freiheit Herrn Drewermanns. Zu glauben was Herr Drewermann von sich gibt ist eine andere. Und es sei die Frage nach der Objektivität gestattet, Sie ist nicht nachgewiesen.
Stacy Schiff hat das Leben von St.Ex nachgezeichnet. Sie, die in den Archiven und bei Zeitzeugen nachgeforscht hat, zeigt ein anderes Bild – ohne Deutung.
Was Drewermann hinterlässt ist Deutung. Eine Deutung ist immer Deutung im Licht bestimmter Annahmen. Die Deutungen entstammen der Freudschen Theorie und den eigenen gegenwärtigen und vergangener Erfahrungen (des Psychoanalytikers, hier Drewermann) bei ihrer Anwendung. Ausführlicher? «(…) Das Materiel der rekonstruiven Geschichte entnimmt der Analytiker dem eigenen Erleben innerhalb der Analyse, seine Theorie von der psychosexuellen Entwicklung…)»
Ich vermesse mir die Vermutung, dass der Psychonalytiker in diesem Fall selber schwul sein könnte. Falls jemand heute noch davon überzeugt ist, der Mensch lasse sich allein auf die Sexualität reduzieren denkt ähnlich, wie er unter Sport «nur» Boxen versteht…
was sollte an dem schwulsein des Antoine de Saint Exupéry denn negativ sein?
ob schwul, lesbisch bi oder hetero – keiner hat sich das vor der geburt nach seinen wünschen aussuchen können.
Der letzte Satz… Stoff für Deutungen. Nichts mehr, nichts weniger, jedoch Bezug auf den zweit letzten Satz.
«(…) Die Falle ist von anderer Beschaffenheit als die Beute… «
Wie erklären Sie das «frau-frauliche» Bedürfnis? Und wie das Bedürfnis jener Menschen, die das sowohl als auch in sich tragen, die sich selber Zwitter nennen?
Der letzte Satz im Text verrät, dass der Verfasser in die gleiche «Falle» tappt, die er Drewermann vorwirft! Es geht bei der Kirche übrigens nicht um sexuelle Kontakte mit Kindern, sondern um ihr Denksystem, dass nicht nur bei Kindern, sondern sogar auch bei Erwachsenen, besonders Frauen, wirkt…
Anzumerken bleibt, dass «die Homosexualität» nicht an Homosexuellen oder Schwulen festgemacht werden kann, sondern vor allem an den Heterosexuellen, die glauben, sie seien «davon» nicht betroffen. Der grösste Teil homosexueller Aktivitäten wird von Männern ausgeführt, die sich selber nicht als homosexuell betrachten! (Internet-Recherchen, Kinsey, Hite u.a.) Sehr viele Homosexuelle sind verheiratet! Die virulente Homophobie (Angst vor H.) bestätigt dies indirekt!
Das mann-männliche Bedürfnis ist Teil der Identifikation von Männern von der Hierarchie bis in die Sexualität. Davon ist die geschlechtliche Orientierung nur ein Teil vom Ganzen.
Drewermann hat die Einschätzung von Antoine de St.Ex’s Orientierung. nicht als einziger und nicht zuerst vorgenommen.