Der Schweizer und Pakistani Dr. Yahya Hassan Bajwa berichtet über weiteres Geschehen in Pakistan. Mitteilung per Mail, Eingang 29. 12. 07, 19.57 Uhr. Die Veröffentlichung erfolgt auf Wunsch von Stephan Marti, Finanzblog. Leider waren wir vorübergehend «out of service». Der Server hat uns ignoriert… sorry, odh
*****
Liebe Freunde
Hier nun der zweite Teil… Danke für das Reinstellen in eure Blogs!Gruss aus Pakistan
yahya
Grossdemonstrationen und Totengebet für Benazir Bhutto
yahya hassan bajwa, 29.12. 2007, Rahim Yar Khan / Pakistan, 18.30 h
Ich befinde mich in der Innenstadt von Rahim Yar Khan. Nach dem Totengebet, um etwa 11h, an dem, nach Schätzung, einige tausend Leute teilnahmen, bewegen sich zwei Demonstrationszüge Richtung PPP Büro. Im ersten Zug sind verschiedene Parteiführer der PPP dabei – Irfan Abdullah und auch Javaid Waraich. Die Teilnehmer tragen PPP Fahnen mit sich. Im zweiten Zug tragen die Demonstranten schwarze Fahnen – ein Zeichen, dass sie als Schiiten auszeichnet. Diese Leute wirken aufgepeitscht. Sie schlagen sich mit den Händen als Trauer auf ihre Köpfe und rufen laut „Hay, hay Bhutto“.
Unterwegs auch ein älterer PPP Anhänger mit einem Verband am Kopf. Er erzählt, dass er mit seinem Fahrrad unterwegs gewesen sei, als die Polizei ihn zusammenprügelte. Der Grund – er hatte eine PPP Fahne an seinem Fahrrad montiert.
Polizeifahrzeuge fahren dem Demonstrationszug hinterher. Ein PPP Mitglied erzählt mir, dass gestern Abend, als sie mit einem Demonstrationszug am Haus des ex-Ministers, Zafar Waraich, vorbeizogen , hätte man auf sie vom Dach des Ministers beschossen – eine Meldung, die sich als falsch erweist, als ich in das Haus von Waraich fahre und dort frage, ob geschossen wurde.
Der Wachmann sagte mir, dass weder von ihnen, noch von irgendwelchen Leuten auf das Haus geschossen wurde. Auch sei kein Brandanschlag verübt worden. Doch dieses Gerücht mache die Runde. Der Wachmann, der mir dies erzählt, sagt, dass er mitten in der Nacht angerufen wurde. Er sei gefragt worden, ob er verletzt worden sei – zu einem Zeitpunkt, als er am Schlafen war.
Vor dem Büro setzen sich die Leute auf den Boden, um sich für ein stilles Gebet vorzubreiten. Überall Trauer. Menschen am Weinen. Übergross das Plakat mit der winkenden Benazir Bhutto. Dann trifft der harte Kern ein – Schiiten mit ihren schwarzen Fahnen. Sie rufen: „Hai, hai, Bhutto!“ – ein Ausruf, der Schmerz ausdrückt. Einzelne Namen von ML-Q Kandidaten werden aufgerufen und beschimpft. Sie rufen den letzten Slogan Benazirs: „Auch heute lebt Bhutto – auch gestern war Bhutto!“ Ich frage jemanden, wie viele Teilnehmer wohl hier vor Ort sind – 35000. Nun, hochgeschätzt sind es vermutlich 1500 bis maximal 2000. Doch die Wahrnehmung scheint parteiabhängig zu sein. „So lange es den Mond gibt, lebt Bhutto!“ Immer mehr schwarze und PPP Fahnen auf dem Platz. Die Menschen zeigen ihre Trauer.
Im Vorhof des Büros beginnt eine Person mit der Koranrezitation. Die Anwesenden erheben ehrfürchtig die Hände zum Gebet. Verweinte Augen. Die Stimmung ist geladen. Unweigerlich der Gedanke, ob nun demnächst eine Bombe explodiert. „O Gott! Heute stehen hier alle Brüder zum Gebet. Benazir hat ihr Leben als Muslima hingegeben. O Gott! Vernichte die Regierung der Bösen. Du bist mächtig. Rette unser Land. O Gott! Gib uns eine geeignete Führungsperson und gib uns Frieden und Liebe für alle unsere Brüder. Nimm unser Gebet an!“ Die letzten Worte gehen im lauten „Amen“ unter und die Menschen fallen sich in die Arme.
Die Trauer ist ansteckend. Auch mich übermannt es. Eine grosse, politische Führerin ist dahingegangen – egal ob man ihre politische Auffassung teilt oder einer ganz anderen Partei angehört. In einem solchen Moment gilt das Menschenleben, der Mensch, die Person, die einem heimtückischen Attentat erlegen ist. Es ist ein schwarzer Tag. Trauer. Tränen. Hoffnungslosigkeit. Wann hört dieser Irrsinn auf?
TransCommunication – Research and Communication – Dr yahya hassan bajwa –
POB 1351 – 5400 Baden – Switzerland – www.TransCommunication.info