Sind die Pensionskassen genügend finanziert?


Und sie greifen zu einem alten Trick. Bürger und Anleger werden in «kalter Form» um ihre Ersparnisse gebracht. Es wird von unten nach oben umverteilt. Damit wird das Fluten mit Geld hoch verschuldeter Industriestaaten finanziert – von jenen, die nicht mitreden können! Die betroffenen Regierungen können ihre Schulden senken. Und besonders da, wo viel von Demokratie und Demokratisierung geredet wird, entstehen moderne Diktaturen. Es handelt sich nicht um einzelne Despoten, die das Sagen an sich reissen, nein, es sind die Notenbanken. Im Fall von Griechenland ist es die EZB. Im einst vorgesehenen «Vereinigten Europa» scheint der angestrebte Konsens zu schwinden. Vorläufig wird mit politischem Druck agiert, was das Vertrauen kaum fördern wird.

Die Inflation im Euroraum liegt im Oktober 2012 bei 2,5%  (Zielwert 2%). Dabei sind fast 18 Mio Arbeitslose (Quote ca. 11,6%!) in den 17 Euroländer zu beklagen. Der Zustand Griechenlands soll desolater sein als bisher angenommen! Die Politik wird wohl noch mehr Geld in dieses bodenlose Fass schütten.

Was weltweit abläuft hat auch Auswirkungen auf die Schweiz und schliesslich auf die Pensionskassen. Dem kann sich kaum jemand entziehen.

Die NZZ berichtete am 18. Oktober 2012 in:

«(…) Pensionskassen ohne solide Finanzierung: Statistik per Ende 2011

Die Lage der Vorsorgeeinrichtungen hat sich verschlechtert. Die von kantonalen Aufsichtsbehörden überwachten Pensionskassen haben per Ende 2011 deutlich mehr eine Unterdeckung aufgewiesen als im Jahr zuvor. 18 Prozent befanden sich in Unterdeckung, wie die Konferenz der kantonalen BVG- und Stiftungsaufsichtsbehörden mitteilte. Ende 2010 waren dies 10,5 Prozent von 3100 Vorsorgeeinrichtungen gewesen. Von den Kassen mit Unterdeckung wiesen Ende des letzten Jahres 4,4 Prozent einen Deckungsgrad von weniger als 90 Prozent auf. Im Jahr zuvor lagen 2,25 Prozent der Einrichtungen mit Unterdeckung unter dieser Limite. Weniger als 90 Prozent Deckungsgrad hatten Ende 2011 auch 40 Prozent (Vorjahr: 33,3 Prozent) der öffentlichrechtlichen Pensionskassen mit Staatsgarantie aufgewiesen. Auch bei jenen Kassen mit Überdeckung sind in vielen Fällen die Wertschwankungsreserven nicht oder nicht in der definierten Höhe vorhanden, womit eine beschränkte Risikofähigkeit vorliegt. Gemäss dem dieser Tage publizierten Pensionskassen-Index der Credit Suisse haben sich die Anlagen der Pensionskassen 2012 positiv entwickelt. Während der Sommermonate Juli bis September legte der Index 2,77 Prozent zu.)»

Am 19. Oktober 2012 verkündet die Tagesschau:

(…) Anstieg der Deckungsgrade bei Pensionskassen

Die Deckungsgrade der Schweizer Pensionskassen haben sich im dritten Quartal 2012 gegenüber dem Vorjahresquartal verbessert. Rücklaufend ist die Zahl der Pensionskassen in Unterdeckung.

Eine Umfrage unter 340 Vorsorgeeinrichtungen ergab, dass der Deckungsgrad bei Pensionskassen gestiegen ist. colourbox

Der durchschnittliche vermögensgewichtete Deckungsgrad der privatrechtlichen Kassen stieg um 2,5 Prozentpunkte auf 107,3 Prozent. Bei den öffentlich-rechtlichen Kassen mit Vollkapitalisierung stieg er um 2,2 Prozentpunkte auf 96,7 Prozent.

Die öffentlich-rechtlichen Kassen mit Staatsgarantie wiesen im dritten Quartal einen Deckungsgrad von 74,6 Prozent auf. Private sowie öffentlich-rechtliche Kassen haben von der positiven Entwicklung der Finanzmärkte profitiert….

«(…) Der Deckungsgrad der Pensionskassen

Der Deckungsgrad misst das Verhältnis von Anlagevermögen zu den Vorsorgeverpflichtungen einer Pensionskasse.

Entwicklungen an den Finanzmärkten lassen sich bezüglich der Vermögenslage der beruflichen Vorsorge am Deckungsgrad erkennen.

100 Prozent beziffert eine wichtige Grenze. Liegt der Deckungsgrad über 100 Prozent, gibt es Schwankungsreserven, die in Schwächephasen Verluste ausgleichen können

Unter 100 Prozent liegt eine Unterdeckung vor. Diese schränkt die Risikofähigkeit einer Pensionskasse ein und damit auch ihre Renditemöglichkeiten. Rentenzahlungen sind nicht unmittelbar gefährdet.

Sinkt der Deckungsgrad unter 90 Prozent, ist gesetzlich vorgeschrieben, dass der Stiftungsrat Massnahmen zur Stabilisierung und Verbesserung der finanziellen Lage ergreifen muss. (Quelle: Bilanz) .)»

«(…) Grundlage des Pensionskassen-Monitors ist eine Umfrage unter 340 Vorsorgeeinrichtungen mit einem Vermögen von insgesamt 437 Milliarden Franken. Die aktuellen Zahlen sind eine Schätzung von Swisscanto auf Basis der Marktentwicklungen und Anlagestrategien der Kassen.

Insgesamt erzielten die Vorsorgeeinrichtungen seit Anfang 2012 eine Rendite von 6,3 Prozent. Dadurch befanden sich gegenüber dem dritten Quartal 2011 weniger Kassen in Unterdeckung: Der geschätzte Anteil der privatrechtlichen Kassen in Unterdeckung liegt bei 12 Prozent, jener der öffentlich-rechtlichen Kassen mit Vollkapitalisierung bei 58 Prozent. )»  (sda/roso;mery)

SF ist optimistisch und glaubt, dass der Mindestzinssatz durch den Bundesrat von 1,5 auf 1,75% erhöhet werden sollte.  Mehr 

«Die Tiefzinspolitik der Notenbanken verursacht langfristig hohe Kosten» Beat Kappeler, in der Nzz am Sonntag, 12. Aug, 2012, Rubrik  «Mein Standpunkt«:

Dreissig Jahre fallende Zinsen haben alle Werte aufgebläht und prägten das Lebensgefühl einer Generation. Aber weitergehen wird es nicht mehr so, denn die Zinsen sind bei null angelangt, mindestens bei den Zentralbanken. Eine wirtschaftsgeschichtliche Gross-Epoche geht zu Ende.

Im Detail hat sie meine Generation so erlebt: Für eine erste kleine Dachwohnung bezahlte ich vor gut dreissig Jahren 7,5% Hypothekarzinsen. Diesen Monat bekam ich für mein heutiges Haus eine variable Hypothek zu 0,8%. Die 800 Fr., welche ich fürs Wohnen damals aufzuwerfen bereit war, finanzierten 100 000 Fr. Wohnwert, heute aber 1 Mio.

Oder, angewendet auf Aktien: Wenn eine Aktie damals 50 Fr. Dividende zahlte, war sie, zu 7,5% kapitalisiert, 666 Fr. wert. Heute aber, mit 0,8% aufgewertet, was man ja auf Sparkonten auch nur bekommt, gälte sie 6250 Fr.

Das ist schematisch, und die Bosse börsengehandelter Firmen mögen wegschauen: Ein grosser Teil der höheren Aktienwerte stammt nicht aus irgendwelcher Tüchtigkeit, sondern aus der Zinsbaisse, aus dem Hebel der Kapitalisierung. Ebenso wundersam katapultierten die andauernd fallenden Zinsen die Immobilien, die Rohstoffe, das Gold, die Kunstschätze hinauf, sie kapitalisierten sie markant höher.

Die Geschichte der fallenden Zinsen lässt sich am Leitzins der westlichen Welt ablesen. 1981 verlangte die amerikanische Notenbank Federal Reserve 20% Zins für Kurzdarlehen über Nacht, was auch die Zinsen auf die lange Frist und in der weiteren Welt mitbestimmte. Heute schwanken solche Zinsen im Westen zwischen 0% und 0,75%. Ein Ertrag kann also – wieder schematisch gerechnet – so um die vierzig Mal höher bewertet und gekauft werden als damals.

Die Bewertungsmodelle der Aktien, wie das «capital asset pricing model», sehen darauf, was Aktien über einen risikofreien Ertrag hinaus bringen. Risikofreie Anlagen sind Staatsobligationen, etwa jene der USA, welche jetzt unter dem Druck der Notenbank auf 1,7% Rendite angekommen sind. Vor dreissig Jahren war dieser abzuziehende Zinssatz risikoloser Erträge über 9%, zeitweise sogar 15%. Viel mehr Rendite brachten Aktien nicht und waren günstig. Seither blies der laufend erweiterte Renditespielraum alle Kurse und alle Werte enorm auf.

Machten in den 1980er Jahren die Börsenwerte aller Firmen 55% des amerikanischen Sozialprodukts aus, waren es vor der Finanzkrise bereits 143%, also im Verhältnis dreimal mehr. Deutsche, schweizerische, französische Börsenwerte steigerten ihren Anteil am Inlandprodukt sogar vierfach. Auch wenn die Firmen profitabler geworden wären, auch wenn mehr Firmen an die Börsen gegangen wären – solche Aufwertungen erklären sich vor allem mit dem Zinshebel.

Der Zug an den Börsen ist seither rückwärtsgefahren, was angesichts des unten angekommenen Zinstrends nicht erstaunt.

Nun aber sind hier keine Börsenprognosen zu machen, sondern es ist die Frage zu prüfen, wie Volkswirtschaft und Geldwirtschaft weiter laufen werden. Die Notenbanken drücken im Moment in der ganzen westlichen Welt die Zinsen, oft sogar unter die Inflationsrate. Damit werden die realen Zinsen, nach Abzug der Inflationsrate, sogar negativ. Die Attraktivität von Aktien, Rohstoffen, Immobilien, Kunstwerken kann dadurch noch ein letztes Mal steigen. Die Notenbanken hoffen, die Anleger, die Sparer damit zu Investitionen in der realen Volkswirtschaft zu mobben. Wenn allerdings alle Anlagewerte wegen der anstehenden Entschuldung von Banken, Privaten und Staaten verkauft werden und damit im Preis fallen, ist der Anreiz schwach – ausser man veranstaltet eine hohe Inflation.

Die Notenbanken schrecken im Moment davor zurück, wie sie sagen. Dann aber melden sich mit der Zeit die Ansprüche an reale Zinsen zurück. Anleger sind in diesen unsicheren Zeiten zum Risiko nur bereit, wenn es entgolten wird, wenn also die Zinsen steigen und wenn die Aktienwerte so tief sind, dass deren Dividenden verlocken. Firmen und vermögliche Private der westlichen Welt halten heute sehr hohe Barbestände. Nur höhere reale Zinsen würden sie also zu einer Anlage überzeugen.

Dann aber leben wir in einer anderen Welt als seit 1981. Dreissig Jahre rein technisch veranlasster Aufwertungen wären zu Ende. Das Sparen würde sich wieder lohnen. Pensionskassen kämen wieder auf die erwarteten Erträge. Rentner könnten aufatmen. Versicherungen gewännen die Substanz für ihre Versprechen zurück. Finanzfirmen würden weniger gewinnen. Boni würden schmaler. Immobilien wären kein Ersatzgold mehr. Firmen wie Nestlé mit braven, aber steten Gewinnzuwächsen wären das Mass aller Dinge. Alle Firmen, alle Privaten, alle Kreditjongleure müssten sich auf reale, ertragssichere Geschäftsmodelle verlegen, niemand könnte mehr ein grosses Rad drehen mit viel fremdem, billigem Geld. Wahrlich, eine neue Welt, die Welt der 1950er und der 1960er Jahre vor dem grossen Paradigmawechsel der Geldvermehrung nach 1971 und der Zinsbaisse nach 1981.

Die Notenbanken und Banken müssten diese Wende jetzt anbahnen, sanft in der Form, hart in der Sache. Einige Jahre knapper Kurse, stagnierender Werte, knapper Beschäftigung und gelegentlicher Konkurse wären der Preis. Darnach winkt sicherer Boden. Was ist die Alternative? Weiterwursteln, Geldmengen vervielfachen, Zinsen drücken, Sparer enteignen und dann irgendwann der grosse Kladderadatsch. Oder zumindest eine auf lange Sicht unproduktivere Volkswirtschaft vor Kulissen, die mit illusionärem Papiergeld tapeziert sind.

Die Wunschvorstellung Beat Kappeler wird auf sich warten lassen! Die Politik hat andere Vorstellungen. Banken, die sich im grossen Stil verspekuliert haben, müssen «gerettet» werden. Länder, die bereits in marodem Zustand in die EU geschleust wurden (andere sind schon in der Warteschlange – Kroatien, Serbien, Bosnien-Herzegowine, Albanien, Türkei…), müssen finanziert werden («sonst stirbt der Euro und dann die EU», frei nach Angela Merkel). Was nicht sein darf, das nicht sein kann!

Deutliche Worte:

aus www.welt.de:

» (…) Die Gefahr eines Auseinanderbrechens der europäischen Währungsunion ist nicht gebannt. Das belegt der weiter anhaltende Abfluss von Einlagen in vier Ländern der Währungsunion.

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in den letzten 12 Monaten bis Ende Juli haben Anleger Bankeinlagen aus Spanien, Portugal, Irland und Griechenland im Gesamtumfang von 326 Mrd. Euro abgezogen

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Das Abwandern der  Einlagen zwingt die Banken in den betroffenen Ländern dazu, mehr zu bezahlen, um sie zu behalten (in Griechenland bis 5% an Zinsen!)…)» Quelle: 

In Deutschland ist es ähnlich:

«(…) Dass Anbieter von Betriebsrenten ihren Kunden bisher noch ordentliche Zinsen bieten konnten, liegt daran, dass sie noch viele ältere Wertpapiere mit langen Laufzeiten und hohen Renditen in ihren Büchern hatten. Doch stabile Staaten wie Deutschland bieten für neue Anleihen inzwischen nur noch Mini-Renditen. Weil die Papiere als sicher gelten, greifen Pensionskassen und Lebensversicherer darauf zurück.

Nicht nur die Konzerne klagen über die niedrigen Zinsen. Auch diejenigen Deutschen, die ihr Geld in Lebensversicherungen und Sparbüchern angelegt haben, um für das Alter vorzusorgen, müssen mit einem schleichenden Wertverlust rechnen.)» Quelle

Wen wundert’s, dass das Sparen schwierig geworden ist? Wir erleben gerade den grössten Raubzug der Geschichte!

Griechenland: Der Tag der Wahrheit naht

Personalblog, 22. 09.12: Sparen ab 50, reicht Ihr Geld für die Pensionierung?

Nicht vergessen: das Finanzblog von Stephan Marti lesen!


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