Wer die Credos, Betriebsideologien (-«philosophien»), Leitbilder, Unternehmensgrundsätze ….liest, findet diese Behauptung so nie. Dort steht es anders geschrieben. Z. B.:
- «Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt»
Am Beispiel von «BEGO» lesen wir u.a.:
- Wir achten die Würde jedes Mitarbeiters und Partners. Klarheit und Wahrheit, Toleranz und Fairneß in der Zusammenarbeit sind unsere Basis für Erfolg, Harmonie und Freude an der Arbeit.
- Wir fördern die persönliche Entwicklung, Eigeninitiative, Leistungsbereitschaft und das Verantwortungsbewußtsein unserer Mitarbeiter und bauen dabei auf ihren Stärken auf: Wer fordert, der fördert.
Leitsätze werden von Zeit zu Zeit neu definiert…!
Wie sind solche Standpunkte aus der Sicht von gemobbten Mitarbeitenden zu sehen?
Wie empfinden es Entlassene, die wegen Reorganisation, aus (oft vom betroffenen Unternehmen selbst verschuldeten) wirtschaftlichen Gründen, oder aus einer «Organisationsentwicklung» (die man von aussen ins Unternehmen bringt, um die «schmutzige Arbeit» zu erledigen), abgebaut oder einfach auf die Strasse gestellt werden?
Wenn es sich um ein Mitglied des Kaders handelt, stellt man eine Begleitung durch einen Psychologen in Ausssicht, der nach der Bekanntgabe des «Todesurteils» bereits vor der Türe wartet und gar im gleichen Unternehmen angestellt ist (Kostenminimierung)!
Oder der Betrieb bietet ein kostspieliges Outplacement an. Dass dabei nicht der Mitarbeitend im Mittelpunkt steht, sondern dass es um die «Gewissensberuhigung» des Arbeitgebers geht, kann man im Firmenprospekt nachlesen. Dies wird besonders dann deutlich, wenn es sich um eine mitarbeitende Person handelt, die um die 60 Lenze zählt und wo die Statistik der Beraterfirma bezüglich Altersgruppe/ Berufsgruppe eine Erfolgsquote von gegen Null ausweist!
Nutzen für den Arbeitgeber: Anerkennung bei der verbleibenden Belegschaft für das soziale Engagement der/den Entlassenen gegenüber, Vermeidung von Imageschäden, Wahrnehmung der Kommunikation gegenüber Belegschaft, Kunden, Medien, Lieferanten und der betroffenen Branche, Erarbeitung eines Sozialplanes sowie die interne und externe Unterstützung der freigestellten Menschen. XY hilft dem Arbeitgeber, Personalprobleme bei Organisationsveränderung verantwortungsbewusst zu lösen und der freigestellten Person , sich neu auszurichten. XY gibt dem Arbeitgeber die Gewissheit und das Gefühl, der oder den entlassenen Personen eine faire Chance gegeben zu haben…
Nutzen für den Arbeitnehmer: XY hilft dem Arbeitnehmer, den Trennungsschock rascher zu überwinden. Durch die Karrierebilanz und die persönliche, berufliche Zielsetzung wird eine positive und vielleicht längst nötige Veränderung ausgelöst. Die erarbeiteten professionellen Bewerbungsunterlagen und die erlernte Kommunikationstechnik können über eine Stellensuche hinaus nutzbringend verwendet werden.
Jedes Unternehmen kann in die Lage kommen, sich von Mitarbeitenden trennen zu müssen. Die Frage ist, wie man so etwas tut oder es menschlich und sozialverträglich tut.
Die Methode mit der Brechstange: Die Konzernleitung oder der Verwaltungsrat, allenfalls ein Regierungsrat bestellt einen berühmten «Betriebssanierer». Dieser weiss, dass jeder Betrieb mit der Zeit etwas «Speck»ansetzt. Das heisst, dass man sich einen etwas zu grossen Personalkörper leistet, oft wird von einem überproportionalen «Wasserkopf» gesprochen. Nach ein paar Jahren, besonders in guten wirtschaftlichen Zeiten, kann man ohne grosse Anstrengung und ohne die Leistungsfähigkeit des Unternehmens zu schädigen, etwa 10% der Belegschaft abbauen. Das könnte das Unternehmen selber bewältigen. Aber der Sanierer wird es tun. Er ruft das Kader zusammen, informiert, dass die Firma ohne Personalabbau nicht weiter existieren könne. Der «Wasserkopf» müsse abgebaut werden. Er meint z.B., dass der nichtproduzierende Teil der Belegschaft zu reduzieren sei. In der Folge werden einige Kriterien festgelegt. Danach wird das obere Kader an die Arbeit geschickt. Es wird innert Kürze erwartet, dass eine Personalliste «IST/SOLL» vorgelegt wird. Das obere Kader wird vom unteren Kader die Namen der Personen, die zu entlassen sind innert Kürze, quasi mit dem Termin «sofort» verlangen. Abbau z.B. 15%. Danach wird die Personalabteilung die blauen Briefe (Kündigungsschreiben) schreiben. Das Kader wird erneut aufgeboten, um die wichtige Korrespondenz in Empfang zu nehmen um diese danach sofort den Betroffenen auszuhändigen. Diese haben nichts dazu zu sagen. Sie werden lediglich informiert und vor nackte Tatsachen gestellt. Bildlich gesprochen.: während die Organisationspyramide die Spitze oben hat, steht die Informationspyramide auf dem Kopf. Deswegen entsteht dort der Eindruck vom Management by Helikopter – Jemand Fremder kommt schnell und mit viel Lärm angeflogen, wirbelt viel Staub auf und verschwindet wieder.
In einer zweiten Runde wird der Betriebssanierer auch die obere Ebene ausdünnen. Dann werden die strategischen Ziele angegangen, allenfalls auch mit neuen Leuten. Ist dieser Prozess abgeschlossen, kann der Sanierer wieder gehen, die Rechnung schreiben, «zurücklehnen» und sich auf einen neuen Auftrag konzentrieren. Seine Effizienz wird sich unter den Firmen schnell herumsprechen.
Die sozialverträgliche Methode: Am verträglichsten ist jener Weg der gar nicht beschritten werden muss. Das würde bedeuten, dass der Betrieb seine Hausaufgaben laufend ausübt. Dazu gehört auch (Fürsorgepflicht des Arbeitgebers) dafür zu sorgen, dass «Marktfähigkeit» der Mitarbeitenden jederzeit erfüllt ist.
Aber da schon viele Geschäftsleitungen sich anhören mussten, dass die Fehlentwicklung auf Ihrem Mist gewachsen ist, wird es nicht zu vermeiden sein, dass von Zeit zu Zeit neue Besen zum besseren Kehren eingesetzt werden müssen. Es gibt viele Möglichkeiten, den anspruchsvollen Weg verräglich zu gestalten:
- Ausnützung der natürlichen Fluktuation
- Man legt Kriterien fest:
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- Junge Mitarbeitende, mit intakten Chancen auf dem Arbeitsmarkt
- Doppelverdiener vor Alleinverdiendende
- Ledige vor Verheirateten und Alleinerziehenden
- «Freiwillige» die im Rahmen der Karrierenetwicklung ihren nächsten Schritt vorziehen
- Frühpensionierung
- Verlängerung der Kündigungsfrist
- Klärung von finanziellen Härtefällen
- Klärung der Marktfähigkeit der möglich betroffenen Mitarbeitenden
- Erarbeitung eines Sozialplanes unter Einbezug der Vertragspartner
Die «Brechstange» ist wahrscheinlich sehr effizient, geht man vom ökonomischen Prinzip aus. Sie schafft aber viel Unsicherheit und auch Leid.
Die sozialverträgliche Methode ist anspruchsvoller und dauert länger. Vermutlich ist jedoch die Akzeptanz grösser. Für die kurzfristige Steigerung des Aktienkurses an der Börse ist sie wahrscheinlich weniger geeignet, weil es zu wenig schnell geht.
Die Betriebssanierer sind so effizient und erfolgreich, dass sie selbst vor der Hölle keine Angst haben müssen. Die bereits verstorbenen Kollegen hätten dort ganze Arbeit geleistet: Es sei so gut und umfassend rationalisiert, dass man keine weiteren Sanierer mehr brauche!