Liberalisierung im Strommarkt – ein gutes Geschäft!


Wir werden bald den elektrischen Strom „frei“ einkaufen können. Damit wird auf eine Forderung der EU eingegangen. Produzenten kämen so unter Druck, wenn sie zu teuer sind. Ein Flusskraftwerk erzeugt andere Kosten als ein solches aus einem Stausee oder von einer „Windmühle“. Müssen grosse Distanzen überbrückt werden, sind kostspielige Leitungsnetze erforderlich und die Verluste (el. Widerstand) nehmen mit zunehmender Distanz zu. Das mit hoher Spannung belegte Drehstromnetz heizt die Umgebung auf und verschlechtert den Wirkungsgrad. Während für Grosskunden bisher die Teilnahme am geöffneten Strommarkt frei war, wird sie künftig zur Pflicht. Somit wären wir bei der eingeschränkten Freiheit angelangt!
Wer den Medien glaubt, bringt die Liberalisierung des Strommarktes nur Vorteile. Über neue Risiken und Möglichkeiten wird keine Zeit vergeudet. Klar ist, dass die Preise steigen, wenn die Nachfrage gross ist. Wie weit sie im Gegenteil fallen ist ebenso wenig bekannt, wie die Spielräume, die genutzt werden können. Es scheint klar zu sein, dass die Preise so oder anders steigen werden!

„(…) «Als Heimwehbündner können Sie heute in Berlin 100 Prozent St. Moritzer Strom beziehen. Wenn Sie in Zürich wohnen, können Sie das nicht», sagt Bundesrätin Leuthard. Es gehe also auch darum, solche unverständlichen Zustände zu beheben. …)“ Zitat aus dem Tagi.

Es wird gelogen! Was Frau BR Leuthard anspricht, ist physikalisch unmöglich! Eine Netzverbindung von St. Moritz nach Berlin wäre mit sehr hohen Verlusten verbunden und daher praktisch sinnlos! Den Strom aus St. Moritz via das bestehende Stromnetz nach Berlin zu transportieren geht auch nicht. Der Strom am Bezugsort kommt von jenem Kraftwerk, dessen Innenwiderstand des Netzes, bestehend aus Innenwiderstand der Stromquelle und den Leitungswiderständen, bis zum Bezugsort am geringsten ist.
„(…) «Ein freier Markt bedeute nicht zwingend tiefere Preise für alle Konsumentinnen und Konsumenten», sagte sie. Heutige Preisunterschiede von bis zu 40 Prozent könnten sich die einzelnen Anbieter ihrer Meinung nach aber nicht mehr leisten. Einen grossen Vorteil sieht Leuthard in der Wahlfreiheit für die Stromkunden: «Sie haben eine breitere Produktepalette zur Verfügung». Das sei für den Wettbewerb förderlich, sagte die Energieministerin. …)“
Auch das ist gelogen! Der Kunde bekommt nämlich immer das gleiche Produkt, einen genormten Wechsel- oder Drehstrom. Er kann aus einer Preispalette wählen, wem er letztlich die Rechnung bezahlen will! Woher der Strom fliesst, ist aus dem Strommix der Schweiz ersichtlich. Interessant ist, dass es Stromanbieter gibt, die einen Grossteil, in einem Fall bis 100% „Nicht überprüfbare Energieträger“ nennen (Société d’Electricité Martigni-Bourg 2008)! Der Strom fliesst also in einen „schwarzen Kasten“. Von dort wird er angezapft und „verkauft“. Der Strompreis setzt sich aus drei Komponenten zusammen: dem Energiepreis, dem Netznutzungsentgelt (siehe Stromversorgungsgesetz) Stromversorgungsgesetz) und den Abgaben. Siehe auch ALPIQ: Der Strompreis – kurz erklärt. Das ist bekannt. Doch beim freien Strommarkt ist noch vieles Spekulation!
 
Hier können Sie das Stromsee-Modell als Animation betrachten und nachvollziehen, was eine Entscheidung für Ökostrom bewirkt: Stromsee-Modell (http://www.verivox.de/i/stromsee.swf). Beachte: Der Stromsee hat keine Speicherwirkung! Es kann lediglich eingespeist werden, was verbraucht wird! Speicherwirkung hat nur ein Speichersee. => Speicherseen der Schweiz

 

Der «schwarze Kasten» bzw. Der Stromsee – Bild © 2010-2014 Bischoff & Ditze Energy GmbHBil (Artikel siehe unten).
 
Die Bundesrätin scheint den Vorstellungen der E-Wirtschaft das Wort zu reden! „Der Stromhandel sei ein gutes Geschäft“, so Urs Meister, Energiespezialist beim liberalen Thinktank Avenir Suisse. Ausserdem meint er, die Strompreise seien zu tief, weil die Grundversorgung zu Gestehungskosten erfolgen müsse. Dies führe dazu, dass für abgeschriebene Anlagen (Wasser- und Kernkraftwerke) erst dann Preiserhöhungen akzeptiert würden, wenn der Nachweis höherer Gestehungskosten erbracht sei. Eben, schon deshalb wird der Preis steigen!

Zur Information: Die kantonalen Strompreise im Vergleich

Telepolis, Deutschland: Studie deckt versteckte Kosten von Kohle- und Atomstrom auf «Erneuerbare Energien sind nach der Studie von Greenpeace und dem Bundesverband Windenergie schon heute billiger als die klassischen Energieträger»

 

Die WIWO berichtete 2012: Beim Strompreis wird viel gelogen
«(…) Laut einer aktuellen McKinsey-Studie werden die Strompreise bis 2020 inflationsbereinigt um 20 Prozent steigen und Privathaushalte dann 29 statt heute durchschnittlich 23 Cent für die Kilowattstunde zahlen müssen. Kann sein, dass es so kommt. Aber die Ursache ist nicht die Energiewende. Sondern? Die Strompreise steigen vor allem, weil Öl, Gas und Kohle stetig teurer werden….)» 
Das passt Schweizer Stromproduzenten. So können sie nachziehen, ohne sich gross rechtfertigen zu müssen. 
 
Derzeit wird stark subventionierter Strom aus dem Ausland so billig angeboten, dass die Rentabilität der Schweizer Wasserkraftwerke bedrängt werden! Es gibt noch andere Gründe für Preiserhöhungen. U.a. damit Italien die höheren Strompreise in der nördlichen Lombardei senken kann! Die EU wünscht es, um die italienische Region von der Isolation zu befreien. Sie ist bereit Geld dafür einzusetzen und sie stellt «Wohlfahrtsgewinne» in Aussicht. Erhöhung der Attraktivität für Investoren und Profit für die Kraftwerkbetreiber seine die Ziele. Die EU spricht von gemeinsamen Interessen mit der Schweiz. (Wenn es etwas zu holen gibt, ist die EU stets und schnell zur Stelle!) Mehr: NZZ: «Neue Stromleitung durch die Alpen, Hochspannung in alter Ölpipeline Schweizer Stromkonsumenten sollen also die EU- Subventionen mittragen, die Investoren beglücken und den Kraftwerkbetreibern schwarze Zahlen bescheren sowie den geplanten Netzausbau der EU mitfinanzieren. Man kann es in der FAZ nachlesen. Über Gegenleistungen ist nichts zu erfahren! Zu beachten ist, dass auch der Schweizer Strom massiv subventioniert ist. Haben wir es mit einem Markt um Subventionen zu tun? Die NZZ schreibt:
„(…) Während Bundesrätin Leuthard die Strommarktöffnung vorantreibt, wird für neue Wasserkraft-Subventionen lobbyiert. Es drohen Fehlinvestitionen. Die Liberalisierung des Strommarkts ist fester Bestandteil der politischen Agenda. Doch vertraut die Politik im In- und Ausland den dabei beschworenen Kräften des Marktes wenig. Teure erneuerbare Energien wie Photovoltaik, Windkraftwerke und kleine Wasserkraftwerke werden denn auch hierzulande subventioniert. Dieses Vorgehen hat zu einer grenzüberschreitenden Verzerrung der Strom-Grosshandelspreise geführt. Diese sind, auch aus konjunkturellen Gründen, europaweit mittlerweile so tief, dass die Rentabilität bisher rentabler Anlagen wie der grossen Wasserkraftwerke infrage gestellt ist. Das Rezept von Stromfirmen und Kantonen: neue Subventionen, dieses Mal für grosse Wasserkraftwerke. Das vor allem von den Kantonen in Bundesbern betriebene Lobbying war bisher erfolgreich. Eine Subkommission des Nationalrats schlägt zugunsten der Wasserkraft Beiträge aus dem Fonds der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) vor. Die Rechnung sollen die Stromkunden zahlen, via KEV-Abgabe. Die Stromfirmen bekämen bei Aus- und Neubauten der Wasserkraft bis zu 40 Prozent der Kosten vergütet, so das vorgeschlagene Konzept. Die Vorstellung, dass man just in einer Zeit des europaweiten Stromüberflusses Investitionen in Kraftwerke fördern soll, ist absurd. Basis solcher Vorstellungen sind aber nicht nur finanzielle Interessen, sondern auch falsche Annahmen zu den Bedürfnissen des Landes.
Der Mythos von der Inlandversorgung
Viele Politiker folgen dabei alten Slogans der Atom-Lobby. Die AKW-Betreiber werben mit dem Argument, dass es a priori vorteilhaft sei, Strom im Inland zu produzieren. Dies trifft bei AKW tatsächlich zu, denn Atomstrom ist – abgesehen von den Restrisiken – billig, stets verfügbar und damit ein volkswirtschaftlicher Gewinn (Anm. od: Die Lagerung und Entsorgung des Atommülls für über 100’000 Jahre wird beim volkswirtschaftlichen Gewinn nicht eingerechnet.) Doch dieses Credo lässt sich nicht leicht auf den Wasserkraftausbau übertragen. Erstens ist ein Ausbau aus preislichen Gründen derzeit wenig sinnvoll. Zweitens liefern Wasserkraftwerke eben nicht ständig Strom. Gerade im Winter, wenn die hiesige Stromproduktion nicht mit dem Verbrauch mithält, sacken auch die Produktionsmengen der Wasserkraftwerke ab.
Wenn die Wasserkraft in den nächsten Jahrzehnten ausgebaut wird, um Teile der Lücke zu füllen, die aufgrund der Ausserbetriebnahme von AKW langsam entstehen dürfte, ist dies erfreulich. Doch wenn sich dieser Ausbau wegen tiefer Strompreise um ein Jahrzehnt hinauszögert, ist dies auch kein Unglück. Das Netz könnte eine Zunahme der Importe verkraften. Eine neue Förderung von Wasserkraftwerken würde indes für die Stromkunden zu höheren KEV-Abgaben führen sowie Mitnahmeeffekte und ineffiziente Strukturen verursachen.
Dass die Bergkantone trotzdem Fürsprecher einer Förderung sind, erstaunt nicht. Sie würden nicht nur als Aktionäre der Kraftwerke profitieren, sondern auch als Empfänger von Wasserzinsen. Die Kantone können diese Steuer auf die Wasserkraft gemäss dem bereits vor Jahren angepassten Bundesgesetz weiter erhöhen. Auf dieses Recht nicht verzichten zu wollen und gleichzeitig neue Subventionen zu fordern, grenzt an Unverschämtheit.
Breiter ausgerichtete Reflexionen – Das Grundproblem bleibt, dass europaweit konventionelle Kraftwerke nötig sind, um die Produktionsschwankungen der subventionierten Solar- und Windkraft auszugleichen. Aufgrund der zu tiefen Betriebsstunden rentieren aber just diese nötigen Anlagen zu wenig. Als Notlösung sieht das Gesetz die Ausschreibung von Kraftwerksleistungen durch den Bund vor. Vor allem sind aber Reflexionen über ein neues Strommarkt-Design nötig, damit vermehrt bereitgestellte Leistungen und nicht einfach produzierte Strommengen abgegolten werden….)“ …
Die Subventionen sind sichtbar und die Auswüchse auch! Erneuerbare Energie wird gefördert und subventioniert (FAZ:), während die bestehenden Kraftwerke noch lange erhalten bleiben sollen. Die ebenfalls subventionierten Elektrizitätsproduzenten wissen, wie man ihre alten Atom- und Kohlekraftwerke schützt und nutzt! Tagesschau.de berichtete: Vattenfall verlange für das Atommoratorium 4,7 Mia Euro Schadenersatz (Stilllegung der Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel im Jahr 2011). E.ON und RWE, die Konkurrenten von Vattenfall, klagen auch und haben Verfassungsbeschwerde gegen die dauerhafte Stilllegung ihrer Anlagen eingelegt. Bald gehe es um zweistellige Milliardenbeträge.

Dem Strukturwandel und dem Effizienzdruck muss auch in der Stromwirtschaft die nötige Beachtung geschenkt werden. Es entsteht leider der Eindruck, dass Strukturerhaltung in grossem Stil betrieben wird. Die Subventionen zu stinken zum Himmel, geht man von einem freien Markt aus. Die Stromkunden werden mehrfach gemolken!

Wenn es so weiter geht, werden wir bald den freien Eiermarkt kennen lernen! Man würde sich für die billigsten holländischen Eier entschliessen und entsprechend dafür bezahlen, während die Lieferung weiterhin vom Nachbarn kommt…

Spätestens beim freien Biermarkt werden die Feinheiten erkannt! Wer ein deutsches Weissbier bevorzugt, wird sich kaum mit einem Eichhofbier, welches in Chur gebraut wird und dem holländischen Biergiganten Heineken gehört, abspeisen lassen!

Mit Eiern und mit Bier können die dummen Kunden weniger gut veräppelt werden. Mit dem elektrischen Strom ist es anders. Der „freie“ Bezug von Strom eines bestimmten Anbieters gehört ins Land der Märchen. Kein Märchen ist, dass der Bezug von Strom eines entfernten Anbieters administrativ ermöglicht wird! Wie dumm Menschen doch immer wieder verkauft werden!

Wie der erwähnt schwarze Kasten funktioniert kann man hier nachlesen: Die «Stromseelüge«-Physik und Technik des elektrischen Stromes versus Ideologie und Täuschung

Wenn dereinst leistungsfähige, preisgünstige Akkus mit hohem Wirkungsgrad und hoher Lebensdauer den Markt erobern, wird sich die dezentrale Stromerzeugung erweitern und die Eigenversorgung erhöht. Die Entwicklung einer effiziente Ausnützung des Windes zur Stromerzeugung ist mit den Windturbinen noch nicht abgeschlossen. Hinweise dafür, dass nach Möglichkeiten gesucht wird, gibt es genug!

Tesla: Batterie-Gigafabrik nach Nevada – autobild.de

Aluminium-Luft-Akku macht Elektroautos fit für Langstrecken

Viermal höhere Stromausbeute: Altaeros testet fliegende Turbine

Aus dem personalblog: Windkraftanlage – Gratisenergie aus der Luft

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Aus dem Finanzblog: Portrait aus der TagesWoche


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