Alfred Lang, Segelflieger «a.D.»

Fredy Lang, 15. Sept. 2016 Herbstausflug der Segelflugveteranen auf dem Rhein ab Schaffhausen
Fredy Lang, 15. Sept. 2016 Herbstausflug der Segelflugveteranen auf dem Rhein ab Schaffhausen

Fliegerische Früherinnerungen von Fredy Lang Jahrgang 1943

1948 fuhren meine Eltern mit uns und dem VW nach Schüpfheim auf das Flugfeld Furen. Dort war ein bescheidener Motorflugbetrieb eingerichtet. Anmerkung odh: Heute ist die  «Modellfluggruppe Amt Entlebuch» auf dem Flugfeld Furen aktiv. In regelmässigen Abständen werden auch Rundflugtage durchgeführt.

Begeisterte konnten Rundflüge geniessen oder den Modellflugzeugen mit ihren tollen Flügen zusehen. Später gab es noch einige Flugtage mit viel Zuschauern. Ich erinnere mich nur noch an den Piper.1

Piper J3C L4, 90 PS; Bild: Oldtimerclassic.jpg
Piper J3C L4, 90 PS; Bild: Oldtimerclassic.jpg

1954: Unser Lehrer machte uns mit den SJW-Heftchen vertraut. Jeder Schüler durfte sich ein Heftchen aus einer beachtlichen Bestellliste aussuchen. Zufällig sah ich den Titel: Wir fliegen – ohne Motor. Das war etwas für mich. Die Pflichtlektüre verschlang ich unzählige Male, wahrscheinlich fehlte nur wenig um alles auswendig vorzutragen. Der Funke war gezündet.

1954: Ich hatte einen Botengang in Horw zu erledigen. Plötzlich kam auf der Kantonsstrasse ein richtiges Wasserflugzeug auf einem Fahrgestell daher. Der gesamte Flugbetrieb auf der Allmend war endgültig eingestellt worden. In der Flughalle wurden die beiden Piper mit Schwimmer umgebaut und zum Wochenende in die Horwer Bucht hin- und zurücktransportiert. Viel Strassenverkehr gab es damals noch nicht und alle stellten ihre Fahrzeuge zum Kreuzen anständig zur Seite.2

Spyr III der Zürcher Segelflieger auf Parsenn, September 1941
Spyr III der Zürcher Segelflieger auf Parsenn, September 1941

1955 wurde ich als Pfadfinder bei Hugo Siegwart (Glas) und den prüfenden Blicken seiner Mutter erstmals uniformiert. Anschliessend waren alle Pfädeler ins Heimkino eingeladen. Es wurde ein Film von den Segelflugzeugen mit Gummiseilstarts auf Davos Parsenn gezeigt. Das war ein herrlicher Film. Ein Detail ist mir noch stets vor den Augen. Die hölzerne Startrampe wurde kurz vor dem Start mit einer ganzen Kanne Öl rutschig gemacht. Meine Begeisterung war grösser geworden.3

Von nun an sammelte ich alles über Segelflug, vorwiegend aus der Zeitung und klebte in ein Schulheft ein. Besonders Bilder

Das GB-II, HB 504 in Schaffhauser Bäumen...
Das GB-II, HB 504 in Schaffhauser Bäumen…

waren mir beliebt. Ein solches zeigte eine Baumlandung vom Grunau Baby HB-504 im Kanton Schaffhausen.4

Ungefähr in dieser Zeit hörten wir an einem Sonntag einen Riesenlärm vom nahen Fussballplatz in Hergiswil. Ich musste sofort nachsehen was dort im Gange war. Zwei Kreisflugmodelle flogen den ganzen Nachmittag ihre Runden. Viele Neugierige und sogar der Dorfpolizist hatten sichtlich Spass und er vergass den Lärmreklamationen nachzugehen. Einer dieser Modellflieger war der 6 Jahre ältere Röbi Sidler der mir damals erstmals bewusst begegnete. Die spätere Freundschaft sollte ein Leben lang halten.

Röbi-Sidler, Herbstausflug Segelflugveteranen 15. 9. 16; Rhein-ab-Schaffhausen
Röbi-Sidler, Herbstausflug Segelflugveteranen 15. 9. 16; Rhein-ab-Schaffhausen

1957: Flugzeugausstellung vor der CS beim Schwanenplatz. Rein zufällig sah ich an einem Wochenende die fabrikneue, gelbe Ka-6 der jubilierenden SG Luzern. Ich stand ganz nahe neben einem richtigen Segelflugzeug. Der Funke lodert schon ordentlich.5

1957: Die Welt hielt den Atem an. Am 4. Oktober war von Russland der erste Satellit Sputnik gestartet worden. Wir waren eben auf dem Picknick Platz auf dem Brandbödeli, ein grosses Stück oberhalb Hergiswil angekommen und hatten ganz neu einen Transistorradio dabei. In den Mittagsnachrichten verkündete der Sprecher diese Sensation. Die Umlaufzeit soll 96 Minuten betragen und der Satellit könne von blossem Auge gesehen werden. Ich suchte von diesem Aussichtspunkt den Himmel ab und glaubte den Sputnik vielleicht sehen zu können. Glücklicherweise entdeckte ich über dem Gupf (Luegisland) erstmals ein kreisendes Segelflugzeug. Nun vermutete ich, dass dieses Flugzeug in Buochs gestartet war. Das musste im Frühjahr sofort erkundet werden.

1958:  An freien Samstagnachmittag war ich möglichst viel auf dem Flugplatz Buochs. Ich wurde freundlich aufgenommen und half auch gerne beim Flugbetrieb mit. Erstaunt sah ich dort Röbi Sidler wieder, weiter lernte ich Edi Lischer, Albert Camenzind, Herbert Odermatt und Edi Korner kennen.

1958 Spätherbst: An diesem Samstag wurde im Baulokal gearbeitet. Edi Korner hatte an einer Piper beim nahen Unterstand 6 Prüfarbeiten zu machen.

Ich besuche ihn dort. Nachdem alle Arbeiten abgeschlossen waren wollte er den Motor starten. Propeller rückwärts drehen, dann Zündung ein und jetzt vorwärts drehen. Oh Schreck: der Motor sprang sofort in Vollgas an. Das Flugzeug rollte allein direkt auf die Unterstandwand

Edi Korner. Bild: H. Odermatt
Edi Korner; Bild: H. Odermatt

zu. Es krachte unheimlich und der Propeller flog in vielen Stücken durch die Luft. Edi konnte sich mit einem Sprung zur Seite retten. Vom nahen Baulokal rannen alle daher. Edi erklärte totenbleich, dass der Gashebel beim Anwerfen falsch gestanden hatte. Der Holzpropeller war kaputt, aber das Flugzeug und der Unterstand hatten keinen sichtbaren Schaden davon getragen. Die Frage blieb, ob Radschuhe den Schaden verhindert hätten?

Edi Lischer
Edi Lischer

9.5.59:  Keine Schnapszahl sondern der Tag von meinem ersten Passagierflug. Als Sekundarschüler hatte ich nun das Geld für diesen Flug zusammengespart. An diesem Samstag äusserte ich auf dem Startplatz den Wunsch einen Flug zu machen. Bald darauf durfte ich in den Spyr einsteigen und hinten rechts sass der Fluglehrer Ziermann.

C-Flug, 07. 06. 1961 mit Grunau Baby II (Karpf), HB-403, Bild: Herbert Odermatt
C-Flug, 07. 06. 1961 mit Grunau Baby II (Karpf), HB-403, Bild: Herbert Odermatt

Spyr Va, HB-509, 1959; Bild: Photo Polster, Stans
Spyr Va, HB-509, 1959; Bild: Photo Polster, Stans

Das Windenseil wurde eingeklinkt. Es erfolgte der Start mit einem steilen Steigflug und dieser kam mir etwas orientierungslos vor. Nach dem Klinken zwei 90° Kurven, dann Geradeausflug mit der Möglichkeit selbst den Knüppel zu führen, dann die nächsten beiden Kurven und Anflug zum Startplatz. Ich hörte noch: Jede Landung ist eine Ziellandung. Es zischte von den Bremsklappen her. Die Piste kam näher heran.

   Ein kurzes Rumpeln hörte ich noch dann stand der Spyr wieder still auf der Erde. Aussteigen und zurückschieben folgte. Das waren für mich 3 oder 4 entscheidende Minuten.

Die Elektrowinde der SG Luzern, die nach dem Abzug nach Olten in Buochs blieb. Die SG Nidwalden bezahlte pro Start Fr. 0,50 an die SG Luzern, musste aber Wartung und Unterhalt selbst tragen. Bild: Fredy Lang 10.5.59:  Attila Ziermann und sein Schüler Werner Fleig wollten heute starten. Ein Flügel hängte sich im Gras fest, der Rumpf kam aus der Richtung heraus und keiner klinkte. Es entstand ein grosser Rumpfschaden. Die Reparatur benötigte 450 Baustunden.

Ich frage mich heute, ob meine Begeisterung vom Vortag bei einem solchen Fehlstart mit mir gleich geblieben wäre.

Atila Ziermann, 1932 - 2009; Bild: Familie Ziermann
Atila Ziermann, dipl. Ing., 1932 – 2009; Bild: Familie Ziermann
Die erwähnten Schlafmützen. Zeichnung Edi Lischer
Attila Ziermann und Werner Fleig verschliefen das Klinken. Zeichnung: Edi Lischer
Es haben wohl nicht alle unterschrieben! Bild: SGN Gruppenbuch
Es haben wohl nicht alle unterschrieben! Bild: SGN Gruppenbuch

Die Elektrowinde der SG Luzern, die nach dem Abzug nach Olten in Buochs blieb. Lastwagenverkäufer August Rippstein, war nach Fredys Angabe, der Konstrukteur der E-Winde. Die SG Nidwalden bezahlte pro Start Fr. 0,50 an die SG Luzern, musste aber Wartung und Unterhalt selbst tragen. Die Winde leistete etwa 60 PS, aber beim Start war die Leistung einiges höher. 240 Meter erreichte man mit dem Spyr Va Doppelsitzer etwa 350 Meter mit dem Grunau BabyII – Bild: Fredy Lang

1959 Sommer: Erneut wurde die Gruppe von einem Flugzeugbruch heimgesucht. Ernst Zgraggen fiel im Landeanflug mit dem S-18 in die Vrille und legte einen Totalschaden ins Gras. Mit grossem Glück blieb er fast unverletzt (odh: eine Spaziergängerin, die in unmittelbarer Nähe stand, fiel fast in Ohnmacht, als sich im Wrack etwas zu bewegen begann und ein Mann aus den Trümmern kroch!) Da unser Baulokal sicher für längere Zeit besetzt blieb, wurde der Bruch kurzerhand verbrannt.

S-18, HB-287 wurde kurzerhand verbrannt. Daneben sehen wir das S-22, HB-276 mit 17 Metern Spannweite
S-18, HB-287  mit Rauch daneben – Bild: Fredy Lang

 

 

 

grunau-baby-karpf-hb-403
Grunau Baby II (Karpf) HB-403 – Frontscheibe: «Vollsicht» und Schiebefenster, beides «Marke Edi Lischer» Foto: SGN-Gruppenbücher

 

 

 

Foto: S-18 mit Rauch daneben. Die Frage blieb, wer fühlte sich angezogen S-18 oder das Feuer? Oder ahnte das liebe S-18 schon von seinem unmittelbaren Feuertod?

Anmerkung odh: Wäre es um einen Spyr und nicht um einen Spalingervogel gegangen, wäre der Bruch wieder aufgebaut worden! Aber von August Hug kamen keine Signale in dieser Richtung! Eben: August Hug und  Jakob Spalinger hatten ihr Heu auf unterschiedlichen Bühnen gelagert…! Beide lebten in Nidwalden. Spalinger in Hergiswil und Hug in Ennetbürgen. Auch beruflich waren sie auf eine Art Konkurrenten. Hug in Buochs, «Spali» in Dübendorf.

Jetzt hatte die SG Nidwalden nur noch das Grunau Baby und meine Besuche auf dem Flugplatz wurden etwas seltener.

1960:  Cami wurde Posthalter in Hergiswil und bei jeder Gelegenheit am Schalter gab es kurze Gespräche. Briefmarken wurden nur noch einzeln eingekauft.

Frühling 1962: Eintritt in die SGN (heute ein veritabler Verein!) und Beginn mit der Schulung. Am 8. April konnte ich gleich 6 Windenstarts mit Fluglehrer Fleischmann in der neuen Röhnlerche machen6.Walter Fleischmann

Walter Fleischmann, Bild. H. Odermatt

 

Wir waren damals 4 Flugschüler: Louis Hammer hatte die Einführungsflüge noch im Herbst begonnen und mit mir kamen Karl Scheuber und Walter Korner zur Ausbildung.

Rhönlerche II (Ka 4), HB-702, September 1961 Bild: SGN
Kari Scheuber (re) und Herbie Odermatt (li) in Olten an einer Kunstflugmeisterschaft
Kari Scheuber (re) und Herbie Odermatt (li) in Olten an einer Kunstflugmeisterschaft. Bild: A. Rütschi, Olten

 

 

 

Albert Camenzind am Moswey HB-309 mit seinem Vater, dem Malermeister bei Pilatus - Bild: Herbert Odermatt
Albert Camenzind am Moswey HB-309 mit seinem Vater, dem Malermeister bei Pilatus – Bild: Herbert Odermatt
 Baden Powell of Mattgrat, Louis Hammer wird angeseilt. Bild Gruppenbuch SGN, im Hintergrund Herbie Odermatt, rechts, Sepp Häfliger

Baden Powell of Mattgrat, Louis Hammer wird angeseilt. Bild Gruppenbuch SGN, im Hintergrund Herbie Odermatt, rechts, Sepp Häfliger

Wir hatten eine kameradschaftliche Zeit miteinander und die Gruppe unterstützte uns toll. Mitte Juni kam Albert Camenzind als Fluglehrer-Aspirant dazu. Wir kamen in der Ausbildung rasch vorwärts obwohl es auch schon damals verregnete Wochenende gab. Der 43. Start war mein erster Alleinflug mit rund 3 Stunden Flugerfahrung. Die durchschnittliche Flugdauer lag wegen den Windenstarts bei 4 ½ Minuten. Nach 6 weiteren Alleinflügen schickte mich Cami abends auf den Hangarflug vor Unterstand 4. Da war ich mächtig stolz für diese neue Landerichtung. Flug 57 war der erste Start mit dem Grunau Baby. Das erste Flugjahr endete mit 66 Flügen, davon 3 Schleppstarts.

auch das Stabilo wurde mit Leuchtstreifen versehen.
Herbie im Moswey…Schon damals: Leuchtfarben am Flieger!  Foto: Herbert Odermatt versehen.

27. April 63 Herbie rief mich morgens an: Fredy willst du heute den C-Flug machen? Wir haben eine Schleppmaschine und eine starke Bise. Nach einem langen Winter mit etlichen Seegfrörni war heute der Saisonstart in Buochs. Zuerst hatte ich mit Cami und der Röhnlerche einen Kontrollstart im Flugzeugschlepp gemacht. Etwas später zog mich Edi mit der Piper im Grunau Baby ans Buochserhorn . Vor mir ist Fritz Plattner in der Rhönlerche und auch Herbie im Moswey hochgeschleppt worden. Alle flogen flache Achterschlaufen bei den Schneefeldern unterhalb des Horns und gewannen gut an Höhe. So gelang es mir leicht gleichmässig Höhe zu machen während Herbie und Fritz kurz hintereinander den Gipfel überflogen und südwärts aus meiner Sicht verschwanden. Ich wollte die Grösse vom Aufwindfeld erkunden und bemerkte zu spät, dass die Bise mich ins Engelbergertal drückte. Ich begann leicht, dann stärker zu sinken und kurvte vom Hang weg zur Talmitte und Richtung Flugplatz. Meine Position war südlich vom Schiessstand Hostetten. Den Flugplatz konnte ich noch gut über den Ennerberg erkennen. Die Geschwindigkeit betrug 100 km/h und das Variometer stand dauernd auf 3 m Sinken. Die Kaserne zog unter meinem linken Flügel vorbei. Wie ein Ungeheuer kam der Boden näher, vor mir sah ich noch eine Hochspannungsleitung quer zu meiner Flugrichtung. Mit den etwas Reserven konnte ich dieses Hindernis noch überfliegen dann zog ich die Bremsklappen und sogleich war ich in der Umgebung der heutigen Motorfahrzeugprüfhalle heil gelandet. Ich zitterte am ganzen Leib und musste mich noch eine ganze Weile erholen. Dann kam ein Herr auf mich zu und fragte, ob er mir helfen könne und das französisch. Ich stotterte, er möge bitte Herr Camenzind auf der anderen Seite der Buochserstrasse auf dem Flugplatz meine Landung melden. Jedenfalls dauerte es gar nicht lange, kamen alle Kameraden mit grossen Augen daher. Nun begann wohl der kürzeste Rücktransport in der SGN-Geschichte. Das Baby wurde bis zum Zaun an der Buochserstrasse geschoben, dann stiegen zwei Kameraden auf die Strasse und übernahmen an den Streben das angehobene Flugzeug, querten die Kantonsstrasse und nochmals über den anderen Zaun. Dann hatte das Baby wieder seinen Flugplatzboden unter dem Fahrgestell und nachher den Startplatz. Von Cami erwartete ich nun Vorwürfe. Er aber rühmte mich für die geglückte Aussenlandung, er wisse ganz genau wie das Baby im Gegenwind wie ein Stein an Höhe verliere. Die Bemerkung in meinem Flugbuch lautete: Flugeinteilung, Aussenlandung und C-Flug mit 31 Minuten bestanden. Ich konnte mich doppelt freuen.

Leider waren die folgenden Monate etwas entfernt von meinen Erwartungen. Ich wollte mit der Schulung weiterkommen, das Amtliche ablegen und richtige Segelflüge machen. Wegen einem fehlenden Schleppflugzeug war das unmöglich. 14 Alleinflüge waren mir vergönnt zu machen, 2 hinter der Piper mit je einem Absaufer. Der übrige Rest bestand aus 4 oder 5 Minuten Flügen. Nach der Ziellandekonkurrenz kam Edi auf mich zu. Er fühlte ebenfalls, dass es mir in der SGN nicht mehr sehr wohl war. Ende Jahr reichte ich den Austritt ein. In 84 Flügen war ich 8 ½ Stunden über dem Platz in der Luft. Es war eine gute Zeit die ich nicht missen wollte.

Eigentlich hörten die schönen Erinnerungen in der SGN hier auf. Nachtragen wollte ich noch, dass ich bei der SG Luzern in Olten die Ausbildung, viel Flugerfahrungen, Lagerleben in Zweisimmen und San Vittore geniessen konnte. Ich war mit der Ka-8B, Blanik, Ka-6, B4 und ASW-15 unterwegs. Hier traf ich erneut Röbi Sidler und weiter Hans Landis, Heinrich Schälchlin und viele neue und liebe Oltner Kameraden.

1974 Zentralschweizerische Ziellandekonkurrenz in Beromünster. Nicht mein Schlussrang war erwähnenswert, sondern der 13. Oktober mit der Mittagspause. Ich sah bei der Hochnebeldecke plötzlich ein kleines Wolkenloch und die Sonne so herrliche Fäden ziehen. Ich wollte unbedingt mit dem B4 dorthin. Nach 7 Minuten klinkte ich über dem Vogelsang und der Aufwind empfing mich ganz sachte wurde aber bald stärker. Ich flog vergnügt den ganzen Hang entlang bis Sempach, zurück über Beromünster weiter bis Reinach AG mit Wiederholungen. Ich hatte mittlerweilen unter dem Wolkenloch eine Höhe von 1450 Meter erreicht und schwebte so überglücklich einfach dahin. Im Funk wurde ich mehrmals nach Posi und Höhe gefragt. Kurz vor 14 Uhr setzte ich HB-1129 wieder auf die Piste um die Ziellandekonkurrenz wieder aufnehmen zu können. Diese Einlage mit einem Oktoberthermikflug von 1 ½ Stunden hat Stauen bei meinen Kameraden hervorgerufen.

Auch bei den Luzernern galt es, Hand anzulegen. Fredy beherrscht sein Handwerk - Bild: Fredy Lang
Auch bei den Luzernern galt es, Hand anzulegen. Fredy beherrscht sein Handwerk – Bild: Fredy Lang

1975 Die Innerschweizer Segelflieger wurden im Dezember ins Verkehrshaus eingeladen. Im Vortragssaal stand Hans Nietlispach. Sein Thema war die Sperrriegel-Theorie. Der 17-fache Schweizermeister demoralisierte uns buchstäblich: Von euren Flugplätzen wird nie ein anständiger Streckenflug gelingen. Der See mit seinem besonderen Effekt wirkt wie ein Sperrriegel und ihr könnt höchstens um eure Plätze herum balönlen. Ich weiss es nicht mehr genau, ob wir mit hängenden Köpfen heimgefahren sind oder auf den Stockzähnen gelacht haben.

Hans Nietlispach (li) begrüsst an einem RAL in Bern einen alten Bekannten: Jakob Geering. Foto: Herbert Odermatt
Hans Nietlispach (li) begrüsst an einem RAL in Bern einen alten Bekannten: Jakob Geering. Foto: Herbert Odermatt
man kannte sich. Auch 17-fache Schweizermeister müssen mal...
Man kannte sich. Auch 17-fache Schweizermeister müssen mal…Foto: Herbert Odermatt

Wie Unrecht sollte er haben. Etwa ein halbes Jahr später war Bodo Fütterer («Strick») ab Kägiswil 500 km weit geflogen. Walter Gisler („Gips“) hatte etwas später einen Schweizer Streckenflugrekord ab Kägiswil von 609 km hingelegte und Alois Bissig war von Buochs bis Wiener Neustadt und zurück gesegelt. Hoffentlich hat er diese und weitere Superleistungen aus der Innerschweiz noch zu Lebzeiten vernommen.

Anmerkung odh: «Housi» hat es noch eingehend erfahren! Er schreibt auch in seinem Buch»Segelflug» S.202: «(…) so mussten die praktischen Erfahrungen der Nidwaldner Segelflieger herhalten. Die erreichten bei Föhn sogar von der Winde weg das stare Aufwindgebiet an der Rigi zwischen Gersau und Brunnen, wo es schon 400 m über dem See kräftig nach oben ging. Hofschlepper Kari Kopp staunte nicht schlecht, als ich ihn beim nächsten Föhnwetter nach Tagesanbruch um Schleppvom Belpmoos nach Gersau bat. In 1400 m. ü . M. zog er mich durch völlig ruhige Morgenluft über Langnau und Luzern ins überbockige Gebiet Gersau, wo ich – froh um die blockierte Klinke –  in 10 m/s Steigen klinkte. Nach zwei Minuten schon auf 2500 m. ü . M. wechselte ich hinüber zur bereits wohlbekannten Welle über dem Einkaufszenter in Ibach (Schwyz), wo zusätzlicher Höhengewinn die Welle über dem Muotathal erreichbar machte. Per Wellengebiete Pizol und Montavon erreichte ich um 10 Uhr Innsbruck, verlor dortganze drei Stunden, bis ich mich in Rotor und Welle östlich Innsbruck retten konnte. Damit war das Timing für den ausgeschriebenen Tausender dahin, und ich flog auf ungefähr dem gleichen Weg zurück und landete in Triengen. Aber der richtige mit Start bei Tagesanbruch war gefunden.)»

«Housis» Flug fand etwa 1995 statt. So gesehen waren meine zwei Höhenflüge an Pfingsten 1969 die Pionierflüge. Am Samstag erreichte ich mit der K6E, HB-839, 6000 m.ü. M. ab der Winde in Buochs – ohne Barograph und ohne Sauerstoff. Am Pfingstmontag zog der Föhn wieder an. Dieses Mal startete ich mit der Ka 6, HB-601 im Schlepp an die Hohfluh. Nach dem Klinken tauchte ich zuerst ab bis es turbulent wurde um dann die förmlich «herabstürzenden Bergspitze» zu geniessen… Auf 2700m.ü. M. flog ich Richtung Ibach, wo ich die Höhe 2750 m.ü.M. einhalten musste wegen der darüberliegenden Luftstrasse Amber9.  Vor dem Stoos flog ich dann Richtung Süd und kam in den dort gewaltig wirkenden Rotor, der mich bald auf gute Höhe brachte. Dann musste ich ein wenig den Übergang in die Welle suchen, was in ruhiger Luft stets steigend gut gelang. Zürich Information bewilligte mir Steigen bis 4000 m. ü. M. später gab man mir die Höhe frei. Verkehrsflugzeuge wirkend schon fast wie Modelle, die tief unter mir verkehrten! Ich musste den Flug bei 4m/s Steigen abbrechen, weil der Sauerstoff zu Ende war! Um den Abstieg zu forcieren suchte ich eine Abwindzone ! Dann aber gings rasant nach unten. Die Auswertung ergab 6045 m. Überhöhung, was den Höhenbrillanten bedeutete.

Jakob Spalinger / August Hug
li: Jakob Spalinger dipl. Ing. Flugzeugkonstrukteur, Chef des Konstruktionsbüros DMP Dübendorf / re: August Hug, Ing., Flugzeigkonstrukteure, Chef des Technischen Büros bei DMP Buochs. Bilder: aus «Segelflug» von Hans Nietlispach

1975: Jakob Spalinger zügelte von seinem Landhaus ins Dorf hinunter und wurde in einer hübschen Dachwohnung fast mein Nachbar. Mit sichtlichem Stolz zeigte er mir sein letztes Bauwerk: Eine Segelyacht aus feinstem Mahagoniholz in vielen Jahren erarbeitet. Es gab  viele angeregte Gespräche und nach seinem Tode durfte ich mir noch einige Kleinigkeiten zur Erinnerung an diesen begabten Ingenieur und Pionier aussuchen.7

Aussenlandung am Lauerzersee mit dem Segelflugzeug S17/S18 HB-247 der SG Luzern nach einem Gummiseilstart auf der Rigi anno 1953/1954 Foto: Hans Landis
Heile Welt in geschichtsträchtiger Umgebung: Aussenlandung am Lauerzersee mit dem Segelflugzeug S17/S18 HB-247 der SG Luzern nach einem Gummiseilstart auf der Rigi anno 1953/1954 Foto: Hans Landis. Er erzählte vom stolzen Bauern, welcher kurzer Hand seine beste Kuh würdevoll dem Segelflugzeug vorspannte. – Über Landschaden wurde da kaum geredet. Gras wächst nach…!

Und zum Schluss noch dies:

Junge Segelflieger wollten einst Jakob Spalinger als Referent für einen Vortrag in die SGN einladen. Das passte unserem Ehrenpräsidenten «Guschti Hug» überhaubt nicht! Vor Angst, August könnte gar den Ehrenpräsidenten schmeissen, wurde vom Vorhaben abgesehen – leider!

«(…) Vor  Jahren erzählte mir Frau Klara Bucher, sie war die Wohnungsvermieterin von Jakob Spalinger und seiner Frau, folgende Geschichte: Nach dem Tod von Jakob Spalinger erschienen 2 Männer und fragten nach Plänen, Berechnungen von den S-Konstruktionen. Klara war so freundlich und offerierte noch ein Mittagessen bei ihr. Am Abend war das Auto gefüllt mit den gesuchten Sachen. Rund ein Jahr später starb auch Frau Spalinger im Pflegeheim. Danach kamen Anfragen vom AeCS über den Nachlass Spalingers, den er testamentarisch dem AeCS verschrieben hatte. Klara kannte das Testament da sie Beistand von Herr und Frau Spalinger war. Erst jetzt kam der Schwindel zu Tage und auf Umwegen wurden die Diebe ermittelt: Es war Beat Schück, welcher ein Modellflugverlag in Adliswil führte. Dann begann ein Jahrzehnte langer Rechtsstreit mit Anwaltskosten auch für die Gemeinde Hergiswil. Die Angelegenheit  ist laut Thomas Fässler noch nicht abgeschlossen.)»

Daraus folgt, dass der böse Verdacht, der schlaue Fuchs vom Verkehrshaus, Alfred Waldis, hätte seine Männer zu dieser «Beschlagnahme» (Diebstahl) geschickt, in keiner Weise zutrifft.

Der der letzte Wille von Jakob Spalinger wurde bis jetzt nicht erfüllt.

1977 Herbst: Heute liess ich endgültig den Steuerknüppel los. Meine fliegerische Tätigkeit war abgelaufen. Ich konnte die nötige Zeit nicht mehr aufbringen, Familie und Geschäft hatten nun Vorrang. Aber eines konnte man mir nicht mehr entreissen: Ich genoss jede Flugminute in vollen Zügen.

1 Hans Achermann: Datensammlung Aviatik Zentralschweiz. 1943 Flugfeld Furen Schüpfheim

2 Hans Achermann: Datensammlung Aviatik Zentralschweiz. 1954-1955 Flugbetrieb Horw

3 Manfred R. Küng: Segelflugchronik. 1941 Seite 162

4 Manfred R. Küng: Segelflugchronik. 1959 Seite 124

5 Hans Achermann: Datensammlung Aviatik Zentralschweiz. 1957 SG Luzern

6 Fredy Lang: Segelflugbuch 1962 – 1977

7 Manfred R. Kueng: Segelflugchronik. 1988 Seite 87

Herzlichen Dank an Fredy für den schönen Bericht. Ich habe diesen gerne mit passenden Bildern versehen und einige Bemerkungen beigefügt.

Herbert Odermatt

Aktualisiert am 08. 01. 017