Verwandte Infos Die «Grenzen des Wachstums»
Herr Meadows, wie können wir die Erde retten?
Dennis L. Meadows: Das müssen wir gar nicht. Die Erde wird sich selber retten. Das hat sie immer getan. Die Frage ist: Wie können wir die Menschheit retten? Es ist vielen Leuten klar, dass unsere Erde einer schweren Krise gegenübersteht, Klimawandel, Energieknappheit, Peak Oil und so weiter. Aber ich habe das Gefühl, sie hoffen darauf, dass es sie nicht persönlich trifft.
Seit über 30 Jahren warnen Sie die Menschen: Wachstum wird nicht einfach nach und nach aufhören, sondern dramatisch kollabieren. Hat Ihre Arbeit gefruchtet?
Ein Grossteil meiner Arbeit hat nicht mit den grossen globalen Problemen zu tun. Ich bin Lehrer. Ich schreibe viel und entwickle Planungsspiele. Einige meiner grossen Spiele werden weltweit eingesetzt, um Umweltthemen zu unterrichten. Ich unterrichte selber Studierende. Diese Arbeiten sind befriedigend. Es macht mir Freude, wenn ich einer Person helfen kann, diese Sachverhalte besser zu verstehen. Aber ich habe die grossen globalen Probleme nicht verursacht, und es kann nicht meine persönliche Aufgabe sein, sie zu lösen.
«Die Grenzen des Wachstums» hat sich weltweit über 30 Millionen Mal verkauft. In der Praxis wird Ihrer Meinung nach zu wenig umgesetzt. Das muss enttäuschend für Sie sein.
1972 hoffte ich, dass wir eine nachhaltige, gerechte, friedliche Welt schaffen und das Wachstum eindämmen können. Das ist nur natürlich, ich war jung. Ich war 27, als ich «Die Grenzen des Wachstums» schrieb. Ich war sehr idealistisch und naiv. Es gab für mich nur schwarz und weiss: entweder Katastrophe oder Paradies. Heute weiss ich es besser. Es wird niemals allein das eine oder das andere sein, sondern etwas dazwischen. Meine Aufgabe ist nicht, die Welt zu einem Paradies zu machen. Meine Aufgabe ist, sie ein kleines Stück besser zu machen. Und das kann ich. Ich nehme das nicht persönlich, solange unsere Voraussagen nicht zu schnell eintreffen.
Was wird passieren, wenn sich die Menschheit, die Gesellschaft nicht ändert?
Dann wird genau das passieren, was wir in unseren Modellen vorausgesagt haben: Die Grenzen werden überschritten, Überschreitung führt zu Kollaps. Und das bald. Wir befinden uns in der ersten Phase des Zusammenbruchs. Die Wirtschaftskrise ist der Anfang einer tiefgreifenden Veränderung.
Welchen Einfluss werden Klimawandel, Peak Oil und Energiekrise auf die Arbeitswelt und die Wirtschaft haben?
In letzter Zeit wurden Arbeitsplätze abgebaut. Die Arbeitslosenrate ist relativ hoch. Es gibt viele Dinge, die zukünftig gebraucht werden und wo Arbeitsplätze geschaffen werden können. Die Schweiz muss autarker in der Lebensmittelproduktion werden, ökologischer Landbau muss an Bedeutung gewinnen. Auch die Nutzung der Solarenergie sollte gefördert werden. In diesen Bereichen können neue Arbeitsplätze entstehen.
Also ist alles im grünen Bereich?
Es werden zwar neue Arbeitsplätze entstehen, aber andere Arbeitsbereiche werden aussterben, beispielsweise die Herstellung von Luxusartikeln. Zwischen 1980 und 2008, also in den letzten 30 Jahren, wurden, ökologisch gesehen, massive Schulden angehäuft. Wer Schulden macht, verbraucht aber mehr, als nachwächst. Das ist nicht nachhaltig.
Ist die gegenwärtige Finanzkrise eine Chance, um endlich umzudenken?
In der Theorie schon. In der Praxis wird jedoch versucht, mit enormem Kapitalaufwand den Zustand vor der Krise wiederherzustellen. Industriezweige, die keine Zukunft haben, werden künstlich am Leben erhalten.
Sie gelten als Pessimist.
Ich bin Realist. Auf unsere Gesellschaft werden Veränderungen zukommen, von denen ich nicht weiss, wie sie aussehen werden. Niemand kann wissen, wie es sein wird, wenn wir nur noch halb so viel Energie zur Verfügung haben. Ich habe mich mit der Geschichte verschiedener Gesellschaften über die Jahrhunderte hinweg beschäftigt. Ich will verstehen, wie kulturelle und ökonomische Veränderungen während der Lebensdauer einer Zivilisation entstehen. Denn seit es Menschen gibt, haben Gesellschaften Krisen überstehen müssen.
Sie fordern einen Rückgang des Energieverbrauchs auf das Niveau vor 50 Jahren. Finden Sie das realistisch?
Die Ansprüche müssen zurückgeschraubt werden. Das zu sagen, ist nicht populär. Um das Jahr 1960 wurden rund 2000 Watt verbraucht, heute sind es 6000. Aber wissen Sie was? Ich habe vor fünfzig Jahren als Austauschstudent in Solothurn gelebt, und es war nicht schlecht. Es war nicht wie in der Steinzeit. Der allgemeine Lebensstandard ist hoch, weil die Energiekosten so niedrig sind. Die Energiekosten werden aber steigen, und damit wird der allgemeine Lebensstandard sinken. Es ist nicht schlimm, auf das Niveau von 1960 zurückzukehren, es war sehr schön damals in der Schweiz. Wir werden in Zukunft Abstriche machen müssen, aber wir reden nicht über das Ende der Schweiz.
Wie sehen Sie die Zukunft der Schweiz?
Wir müssen umdenken. Die Gesellschaft muss Ressourcen für die Arbeitsplätze schaffen, die in Zukunft gebraucht werden – für Lehrkräfte, Pflegepersonal und so weiter. Es gibt zahllose Notwendigkeiten. Die Frage ist: Können wir auch einen Markt dafür schaffen? Wie können diese Arbeitsplätze bezahlt werden? Es ist schwierig, Ratschläge für die Schweiz zu geben, denn hier läuft es vergleichsweise rund. Die USA können sich in vielen Dingen ein Beispiel an der Schweiz nehmen. Die Schweiz ist ein gerechtes System, die Unterscheide zwischen Arm und Reich sind klein. Die Schweiz ist ein reiches Land. Sie ist klein, und die Schweizer sind smart. Der allgemeine Wohlstand wird auch in der Schweiz sinken, aber ich erwarte, dass die Schweiz es schaffen wird, nach der Krise überdurchschnittlich gut dazustehen.
Sie haben mit «Die Grenzen des Wachstums» den Begriff der Nachhaltigkeit populär gemacht. Finden Sie ihn noch passend?
Die Begriffe «Nachhaltigkeit» und «nachhaltige Entwicklung» werden heutzutage in unterschiedlichsten Zusammenhängen inflationär benutzt. Jedes Unternehmen behauptet von sich, nachhaltig zu wirtschaften. Jeder Politiker setzt sich für Nachhaltigkeit ein. Autohersteller stellen sogar nachhaltige Autos her. Der Begriff Nachhaltigkeit hat sich abgenutzt; ich versuche, ihn nicht mehr zu verwenden. Ich rede lieber von physischem Wachstum. Es ist nicht möglich, ewig weiter zu wachsen. Solange das Wachstum nicht gestoppt wird, wird es keine Nachhaltigkeit geben.
Kann es so etwas wie nachhaltiges Wirtschaftswachstum geben?
In der Theorie, aber nicht in der Praxis. Wirtschaftswachstum bedeutet ansteigenden Ressourcenverbrauch. Und es ist nicht möglich, von Nachhaltigkeit zu sprechen, wenn mehr und mehr Energie und Material verbraucht werden. Nachhaltige Entwicklung ist ein Oxymoron, ein Widerspruch in sich.
Warum?
Weil Entwicklung Wachstum bedeutet. Obwohl das nicht sein müsste. Aber Entwicklung wird noch immer allein als physisches Wachstum verstanden. Eltern wollen, dass ihre Kinder grösser werden. Ab einem gewissen Alter ist das Wachstum abgeschlossen, und sie erwarten geistige Entwicklung. Etwas läuft grundlegend falsch, wenn Entwicklung nur physisches Wachstum bedeutet.
Wie ökologisch korrekt lebt Dennis L. Meadows?
Ist das wichtig? Ich weiss nicht … Also, ich heize mit Holz. Zur Unterstützung habe ich Propangas. Ich habe einen kleinen Wald, wo ich das Holz zwar mit der Kettensäge ernte, aber ich spalte es selber von Hand. Ich baue gerade mein Haus um und werde auf Solarenergie umsteigen. Ich bin 13 Jahre lang den gleichen Wagen gefahren, einen sehr guten Wagen. Und ich trage eine Aufzieh-Uhr. Ich mache zwar solche Ökodinge; andererseits fliege ich zu Tagungen in aller Welt. Eigentlich bin ich ein schlechtes Beispiel, ich stecke da in einem Dilemma.
Es ist nicht immer einfach …
Leider ist das Bewusstsein noch immer schwach, dass wir umdenken müssen. Haben Sie das Geschenk gesehen, das die Schweizerische Energiestiftung den Referenten der Tagung überreicht hat? (Kramt einen batteriebetriebenen Kugelschreiber mit integrierter Taschenlampe und Laserpointer aus der Tasche.) Dies ist das perfekte Beispiel eines nicht nachhaltigen Produkts. Das ist, als ob Ihnen jemand eine grosse Schachtel Pralinés schenkt und gleichzeitig verlangt, dass Sie Diät halten.
Zur Person
Das Interview mit Dennis L. Meadows entstand am 28. August 2009 in Zürich am Rand einer Fachtagung der Schweizerischen Energiestiftung (SES), die unter dem Titel «Klimawandel, Ölknappheit, Wirtschaftskrise – Zeit für eine Wachstumsdebatte» stand. Dennis L. Meadows ist 67-jährig und lebt in New Hampshire. Er fährt viel Fahrrad und ernährt sich mit Vorliebe vegetarisch.
…
- Die Gesellschaft muss Ressourcen für Arbeitsplätze schaffen, die in Zukunft gebraucht werden
*****
Cash Guru:
19. 10. 09: Sulzer etwas besser als erwartet
Sulzer – Bestellungseingang sinkt in den ersten neun Monaten 31,6pc auf 2,3 Milliarden Franken – Erwartungen der Analysten werden damit leicht übertroffen – Bestellungen haben sich in den letzten Monaten stabilisiert – Titel vorbörslich besser.
UBS I – Gerücht, dass Schweiz-Chef Francesco Morra abgelöst wird – Morra gilt als farblos, ist intern seit längerem umstritten – als Nachfolger wird der Grübel-Vertraute Lukas Gähwiler gehandelt.
Adecco – übernimmt amerikanischen Konkurrenten MPS Group für 1,3 Milliarden Dollar (13,80 pro Aktie) in Cash. Trasnaktion wird im 1.Q 2010 durchgezogen. Dürfte die Aktie beleben.
Novartis – Gichtmittel ACZ885 mit starkem Zwischenbericht! 10 Prozent der Männer über 70 und 6 Prozent der Frauen leiden an Gicht!
Mehr unter: cash Guru »
ABB hat eine positive Gewinnwarnung (?!) vorgelegt. Nach Angaben des Konzerns werden Ende 2008 vorgenommene Rückstellungen angepasst, was in der Summe zu einem Rückgang der Rückstellungen um 380 Millionen Dollar führt. mehr »
*****
CHO Consulting Herbert Odermatt, Flüelistrasse 25, CH 6072 Sachseln
Tel: +41 41 660 39 79, FAX :+41 41 661 17 00
Mail: cho-consulting(at)bluewin.ch