Massnahmen gegen Personalnotstand im Gesundheitswesen beschlossen


Gesehen bei HR Today Montag, 26.10 2009

Baden AG (sda) Mit gezielter Nachwuchsförderung soll der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen verringert werden. Die von Bundesrätin Doris Leuthard einberufene 5. Nationale Lehrstellenkonferenz hat sich am Montag in Baden AG auf einen Massnahmenplan geeinigt.

Der Bund, Vertreter der Kantone sowie die Gewerkschaften und Arbeitgeber beschlossen vier Massnahmen, wie Bundesrätin Doris Leuthard nach der Lehrstellenkonferenz vor den Medien sagte. Massnahmen seien unter anderem eine Lehrstellenförderung und eine zweijährige Attestausbildung. Im Gesundheitswesen gebe es einen Mangel an Fachpersonal und zu wenige Lehrstellen, hielt die Volkswirtschaftsministerin fest. Der Mangel werde sich «ganz klar akzentuieren». Bis zum Jahr 2020 würden gemäss einer Studie zusätzlich 25’000 Personen benötigt.
 
Derzeit ist rund ein Drittel der Mitarbeitenden in den Spitälern ausländischer Nationalität. In der Schweiz beschäftigt der Gesundheits- und Sozialbereich laut dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement (EVD) rund 490’000 Personen.
 
Einen Erfolg verspricht sich die Lehrstellenkonferenz von der zweijährigen beruflichen Grundausbildung «Gesundheit und Betreuung» mit eidgenössischem Berufsattest. Die Kantone Basel-Land und Bern werden im Jahr 2011 entsprechende Pilotprojekte lancieren. Der Aargau will bereits im kommenden Jahr starten.
 
Damit sollen Erfahrungen mit Blick auf die gesamtschweizerische Einführung der zweijährigen beruflichen Grundausbildung gesammelt werden, wie die Freiburger Regierungsrätin Isabelle Chassot, Präsidentin der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), erläutert.

Goodwill und Druck

Bundesrätin Leuthard rief die Betriebe dazu auf, mit Unterstützung des Bundes Netzwerker anzustellen. Diese sollen die Unternehmen überzeugen, mehr Ausbildungsplätze zu schaffen. Eine Informationsoffensive soll Jugendliche für die Berufe sensibilisieren.
 
Die Kantone wollen den Druck erhöhen. Mit Auflagen in Leistungsvereinbarungen sollen öffentliche und private Spitäler sowie Heime dazu verpflichtet werden, Ausbildungsplätze anzubieten. Dies sagte der Basler Regierungsrat Carlo Conti, Vizepräsident der Schweizerischen Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK).

Alle ziehen mit

Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen bekräftigen vor den Medien, sie würden die Massnahmen zur Nachwuchsförderung mittragen. Der Bund müsse sich jedoch nach einer Aufbauphase wieder zurückziehen, betonte Thomas Daum, Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes.

Der St. Galler SP-Nationalrat Paul Rechsteiner, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB), wies auf die Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen hin. «Kritische Faktoren» seien die Löhne und das Lohnniveau der Arbeitnehmenden.

Schwieriger Einstieg in den Arbeitsmarkt

Die Lehrstellenkonferenz will ihr Augenmerk künftig verstärkt auf die Lehrabgängerinnen und Lehrabgänger richten, die vor dem Eintritt in den Arbeitsmarkt stehen. Sie seien wegen der Wirtschaftskrise besonders von der Arbeitslosigkeit betroffen, hiess es. Im September betrug die Arbeitslosigkeit bei der Gruppe der 20- bis 24-Jährigen 6,4 Prozent – das sind 2,9 Prozentpunkte mehr als ein Jahr zuvor. Junge Erwachsene würden beim Einstieg ins Berufsleben auf zunehmend höhere Hürden stossen.
 
Daher will der Bund regelmässig einen Bericht ausarbeiten, der die Veränderungen im Verhältnis von Angebot und Nachfrage nach Stellen für Berufseinsteigende zeigt. Ein ähnliches «Barometer» besteht bereits für den Lehrstellenmarkt.

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Arbeitsbedingungen: Ein grosses Problem stellen die geteilten Dienste, speziell in der Pflege dar. Dadurch wird der Arbeitstag sehr lang und mit den Zwischenzeiten kann kaum etwas Gescheites  angefangen werden. Pflegedienstleiter geben unumwunden zu, dass dies die kostengünstigste Lösung sei. Dass deswegen die Fluktuation gefördert wird, ist egal. Sparen, koste es was es wolle!
 
Bildungsangebot: Pflegeberufe wurden in das terziäre Bildungsniveau gehievt. Parallel dazu wurden aber bestehende Schulen geschlossen, weil sie den neuen Anforderungen nicht mehr genügten. Leider hinkt das Ersatzangebot der Entwicklung hinterher!
Viele private Institutionen, die sich gewohnt sind, «nur die guten Risiken», also jene mit «guten Versicherungen» (privat, halbprivat) anzunehmen, haben sich der Nachwuchsförderung entzogen. Sie profitierten von jenen, die grossen Aufwand für die Ausbildung betrieben haben. Sich die Fachkräfte da zu holen, wo man sie kriegt, war einfacher und kostengünstiger, als selber für Nachwuchs zu sorgen.
Wer keine Ausbildung betreibt, sollte an den Kosten dafür beteiligt werden!
 
Berufliche Entwicklung: Wer nun den Titel «mit höherer Fachausbildung» trägt, will auch höheren Anforderungen genügen. Planen, Entscheiden, Anordnen, Kontrollieren sind Tätigkeiten, die nicht mehr «am Bett» ausgeübet werden, sondern am Schreibtisch. Man sehe sich einmal die Vermehrung der Schreibtische in Spitälern und Pflegeinstutioen um.  Und man will am Entscheidungsprozess und somit an den vielen Sitzungen teilhaben. Es wird sowie so zu viel «gesessen»!
 
Parkinson hätte die Möglichkeit eine neue Satire zu schreiben! Seine Beobachtunge liessen ihn «sein Gesetz» und darin zwei Lehrsätze formulieren, nämlich
  • dass Arbeit genau in dem Maße ausgedehnt wird, wie Zeit zu ihrer Erledigung zur Verfügung steht.
  • dass in Diskussionen  die Themen am ausführlichsten diskutiert, werden von denen die meisten Teilnehmer Ahnung haben – und nicht die Themen, die am wichtigsten sind.
Die geschaffene dreijährige Ausbildung (FAGE, FABE) muss immer mehr jene Tätigkeiten genügenen, welche die früheren AKP, DI, DII abdeckten. Zu Ende gedacht: Diese Ausbildung muss erweitert werden, um voll zu genügen. Dann ist man im sekundären Ausbildungsniveau da angelangt, wo man schon einmal war!
 
Dass nun eine Vorstufe mit einer zweijährigen Ausbildung geschaffen werden soll, zeigt doch auf, dass erkannt wurde, dass es weiterhin viele «einfache» Tätigkeiten gibt und auch, dass die sogenannten HF’s sich endgültigt davon distanzieren, bzw. entsprechend abgehoben haben.
 
Personalbeschaffung: Vorbemerkung: ich lehne jegliche Diskriminierung ab! Man holt sich die Fachkräfte oder die Arbeitnehmer da, wo sie vorhanden sind. Das ist billiger, als selber ausbilden. Das führt dazu, dass im deutschsprachigen Gebiet immer mehr «hassgeliebte Deutsche» und im Pflegebereich  und in den unteren Chargen eine «Balkanisierung» festzustellen ist.
 
Der Zustrom aus den umliegeden Länder namentlich Deutschland und Frankreich könnte bald versiegen. Denn dort wurde gemerkt, dass es immer mehr an Fachkräften fehlt. Mitt attraktiven Arbeitszeitmodellen, weniger Belastung und besserer Bezahlung will soll der Landflucht entgegengewirkt werden.
 
Ein anderer Weg:

Bildungsexport: gesehen 25. 02. 09 in der Finacial Times Deutschland

Slowakische Pfleger für deutsche Heime (von Christine Maukel)

Alte Menschen brauchen Hilfe, junge Leute brauchen Jobs. Internationale Interessen, der sich die sozialpädagogische Akademie im slowakischen Brezno angenommen hat.

Der durchschnittliche Deutsche ist 43 Jahre alt, in der Slowakei sind die Menschen im Schnitt acht Jahre jünger. Die alternde deutsche Gesellschaft braucht Pflegepersonal, während die vergleichsweise junge Slowakei Probleme hat, ihren Nachwuchs qualifiziert auszubilden.

Um daraus einen Gewinn für beide Länder zu machen, gründete das Europäische Bildungswerk für Beruf und Gesellschaft (EBG) vor zwei Jahren im slowakischen Brezno eine sozialpädagogische Akademie. Dort werden derzeit 120 Schüler zu Pflegern, Erziehern und Sozialarbeitern auch für deutsche Pflegeheime ausgebildet.

«Wir werben damit, dass die Absolventen später in Deutschland arbeiten können», sagte EBG-Projektleiterin Christa Kunze. Die Akademie wird komplett vom slowakischen Staat finanziert, gelehrt wird überwiegend nach nationalem Curriculum. Ein Drittel des Lehrplans kann die Akademie jedoch selbst gestalten.

Um die Schüler für den deutschen Markt zu qualifizieren, werden zusätzlich medizinische Inhalte vermittelt, die auch Bestandteil der deutschen Ausbildung sind. Dazu lernen alle Schüler von Anfang an Deutsch und absolvieren im dritten Jahr ein Praktikum in Deutschland, das ihnen das EBG vermittelt. Mit der Ausbildung erwerben die Absolventen gleichzeitig das Abitur, sodass sie später auch in Deutschland studieren können.

Personalmotivation und Honorierung: Paul Rechsteiner kann ich bezüglich Löhne nicht zustimmen. Deutsches Pflegepersonal kommt hauptsächlich wegen den Löhnen in die Schweiz!
 
Führung: Es ist bekannt, dass Spitäler und Heime anfällig für Mobbing sind. Es gehört zur Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, dafür zu sorgen, dass Diskriminierung am Arbeitsplatz nicht geduldet wird. Die Führungscrew sollte diesbezüglich vermehrt sensibilisiert werden. Damit könnte auch der Fluktuation entgegengewirkt werden.
 
«(…) «Der Staat, der Mobbing in seinen Dienststellen oder in der Privatwirtschaft zuläßt oder nicht sanktioniert, kann sein humanitäres Wertesystem nicht glaubwürdig an seine Bürger vermitteln und gibt damit dieses Wertesystem langfristig dem Verfall preis.»
 
Kosten: Es wird viel von der «Explosion» der Gesundheitskosten geredet. Das ist falsch. Eine Explosion ist eine sehr kurzfristige Angelegenheit. Sie spielt sich in einem Sekundenbruchteil ab! das kann in jedem waffentechnischen Buch nachgelesen werden. Es handelt sich eher um eine Erosion… Woher kommt dies? Ich glaube, dass das Kostenbewusstsein im Gesundheitswesen noch längst nicht angekommen ist. Bisher war ja alles machbar und es wurde stets bezahlt. Selbst Globalbudgets sind so angelegt, dass die Rechnung von hinten angestellt wird: Es wird überlegt, was es (aus Erfahrung) kostet und gestaltet die Vorgabe!
 
Ich behaupte, dass es kaum einen Betrieb im Gesundheistwesen gibt, der seine Kosten genügend genau kennt. Das sieht man schon daran, dass Fallpauschalen ermittelt werden, die landesweit gelten sollen. Es handelt sich um eine andere Form von politisch festgelegten Kosten. Dabei hat doch jedes Haus eine ander Kostenstruktur!
Aus der Industrie weiss man nur zu gut, dass Kleinbetriebe mit einem kleinen «Wasserkopf» effizienetr sind, als grosse. Ich habe ein sehr praktisches Beispiel: Lasse ich den normalen Service bei meinem «Dorf-Garagisten» vornehmen, koste mich dies etwas mehr als die Hälfte von dem, was mir der offizielle Vertreter verrechnet. Ein weiteres Beispiel: Vor bald 40 Jahren haben wir in der Betriebstechnikerschule die zu verrechnenden Stundensätze für einen kleine mechanische Werkstatt nachgerechnet. Grund dazu war, dass für die anspruchsvollen Maschinen ständige zu grosse Nachfrage herrschte, während die überigen Maschinen kaum je ausgelastet waren. Ursache: der Kleinunternehmer hat die teuren Maschinen zu billig angeboten. Nach unserer Arbeit wurden differenzierte Kostensätze verrechnet. In Kürze konnte beobachtet werden, dass die zu grosse Nachfrage bei den teuren Werkzeugmaschinen zurück ging und die bisher zu teuren ,einfachen Maschinen besser ausgelastet werden konnten. Nicht nur das: Der Betrieb rechnete gesamthaft besser ab! Kalkulation bedeutet eben nicht, lediglich einen über den Daumen angenommen oder einen politisch festgesetzten Ansatz zu nehmen. Preiskalkulation ist mehr als ein andesweit gültiger Ansatz.
 
Wenn ich höre, wieviel für das Öffnen und Schliessen eines fensters im Betagtenzentrum einer bettlägerigen Person verrechnet wird, wird mir fast schwindlich von dieserr Menschen verachtenden Tarifierung!
 
Folgerung: Die Misere, in der die Branche steckt, ist auf ihrem eigenen Mist gewachsen!Die Gesundheitsdirektoren, bis hinauf zum Gesundheitsdepartement sind massgebend daran beteiligt.

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Wir bringen seit anfangs 2001 gut ausgebildetes und erfahrenes Pflegepersonal in die Schweiz: Herkunft: Bulgarien und Rumänien. Die meisten Leute heben bereits in Deutschland und auch in der Schweiz gearbeitet und sie haben sich bewährt. Die Interessierten zurück zu bringen ist unser Ziel. Die Personenfreizügigkeit, ausgedehnt auf die genannten Länder bietet nun diese Möglichkeit. Die Erfahrungen sind gut.

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Cash Guru:
 
30. 10. 09: Satte technische Erholung

USA – BIP Zahlen 3.Q. plus 3,5pc. Weit über den Erwartungen. Brachte eine Kaufwelle, die auf den Fernen Osten und Europa (?) überschwappt.

Sika – 9M wesentlich weniger schwach als erwartet: Umsatz minus  11,6pc auf 3,12 Milliarden zurück. Situation hat sich leicht verbessert, Marktanteile erhöht. Fürs 2009 wird ein Rückgang von 10pc angesagt. 9M-Betriebsgewinn (vor Restrukturierungskosten) bei 322 Millionen Franken (minus 18pc, im Halbjahr waren es minus 40pc).

Mehr unter: cash Guru »
 
Der Guru sagte heute auch: «Ich glaube, dass wir zuerst scharf korrigieren und anschliessend lange seitwärts gehen werden» mehr »

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CHO Consulting Herbert Odermatt, Flüelistrasse 25, CH 6072 Sachseln 

Tel: +41 41 660 39 79, FAX :+41 41 661 17 00

Mail: cho-consulting(at)bluewin.ch


3 thoughts on “Massnahmen gegen Personalnotstand im Gesundheitswesen beschlossen”

  1. Lieber Finanzblogger, es freut mich, dass sich deine Geister wieder melden. Wegen den AZUBI’s werden keine Fahstellen gestrichen!
    Frei werdende Stellen: etwa 65’000 weiss man relativ genau. Das sind jene, die bis 2020 in Pension gehen. Weitere 20’000 sollen es werden wegen der demografischen Entwicklung und wegen des Bevölkerungswachstums. Wenn aber etwa 100 Spitäler geschlossen werden sollen, gibt dies bestimmt auch was her. Der Kostendruck wird in Zukunft nicht geringer, was zu schlanken Abläufen führen wird.
    Von wegen 3 Lehrjahr: das ist in der Berufslehre genau so. Ab einem bestimmten Zeitpunkt beginnt ein Stift zu rentieren. Wäre es anders, fehlt es an beiden: dem Sift und dem Ausbildner!

  2. 20’000, 25’000 bis hin zu 200’000 werden in den Medien genannt. Stellen, die im Pflegesektorfehlen. Je nach Quelle ergibt dies eine Zunahme von 4-5% in 10 Jahren oder knapp 4% pro Jahr, wenn wir die 200’000 fehlende Stellen nehmen. Wenn man die Bevölkerungsentwicklung anschaut, dürfte die höhere Zahl nicht so ganz abwegig sein. Eines wissen wir seit langem – auf Zahlen aus demGesundheitsbereich darf man sich nicht verlassen.

    25000 neue Stellen in 10 Jahren ist kein grosses Problem. Man muss nur aufzeigen, dass PflegerIn akttraktiv ist und man/frau hier eine Ausbildung machen kann, die seine Vorteile hat. Zur Zeit werde ich selbst von drei Azubis betreeut – je eine im 1.,2. und 3. Ausbildunsjahr. Und in welchem Beruf hat man schon eine solche Selbständigkeit. Die Dame im 3. ist von einer diplomierten fast nicht zu unterscheiden. Ein Vorteil für beide Seiten, denn dies entlastet die Kostenseite.

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